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Hamburger ErfolgsmodellWas Köln beim Wohnungsbau von der Elbmetropole lernen kann

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2020 wurden in der Elbmetropole  11 269 Wohneinheiten fertiggestellt.

Köln – Es waren ernüchternde Zahlen, die Kölns Baudezernent Markus Greitemann am 19. Mai verkündete: Nur 2013 neue Wohnungen wurden voriges Jahr in Köln gebaut – ein Rückgang um 7,4 Prozent und der niedrigste Wert seit 1990 (wir berichteten). Acht Tage später gab Hamburg seine Zahlen bekannt: 2020 wurden in der Elbmetropole 11.269 Wohneinheiten fertiggestellt. Das waren 1464 mehr als im Vorjahr – ein Plus von 14,9 Prozent und der höchste Wert seit 1974. Was zeichnet das Hamburger Erfolgsmodell aus? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Steht Hamburg schon lange so gut da?

Keineswegs. Im Jahr 2011 wurden dort lediglich 3729 Wohnungen fertiggestellt, in Köln waren es im selben Jahr 2669 Einheiten. Während Hamburg diese Zahl binnen zehn Jahren verdreifachte und bundesweit eine Vorreiterrolle einnahm, erreichte Köln nicht mal 4000 Wohnungen pro Jahr und fiel mehrfach auf weniger als 2200 Einheiten zurück (siehe Grafik).

Wie kam es zu dem Hamburger Erfolg?

„Es war politischer Wille“, sagt Monika Thomas (62), Staatsrätin der Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW). „Hamburg ist beim Thema Wohnungsbau erfolgreich, weil es seit zehn Jahren das sehr aktive und kooperative ,Bündnis für das Wohnen in Hamburg’ gibt, bei dem alle wichtigen Akteure der öffentlichen Hand und der Privatwirtschaft mitmachen“, betont die Wohnungsbaukoordinatorin des Hamburger Senats (siehe Interview). In den Nullerjahren sei der Bau von Wohnungen in Hamburg stark rückläufig gewesen, doch mit dem Amtsantritt von Olaf Scholz (SPD) als Erstem Bürgermeister 2011 habe man begonnen, den Wohnungsbau konsequent und nachhaltig zu fördern.

Wer gehört zum Hamburger Bündnis für Wohnen?

Partner in dem seit 2011 existierenden Bündnis sind der Hamburger Senat, vertreten durch die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, die Bezirksämter,  die Verbände der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, die Hamburger Wohnungsbaugesellschaft SAGA sowie als Berater die Mietervereine und der Grundeigentümerverband Hamburg.

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2020 wurden in der Elbmetropole  11 269 Wohneinheiten fertiggestellt.

Welche Ziele setzte man sich in Hamburg?

Der Vertrag im Bündnis für das Wohnen wurde 2011 für fünf Jahre geschlossen mit dem Ziel, jährlich Baugenehmigungen für mindestens 6000 neue Wohnungen zu erteilen. Das gelang bereits im selben Jahr. 2016 wurde das Ziel auf mindestens 10 000 Baugenehmigungen pro Jahr erhöht. Auch das hat seitdem jedes Jahr geklappt. Zurzeit befindet sich ein neuer Vertrag für die nächsten fünf Jahre in der Endabstimmung.

Wie lange dauerte es, bis die Arbeit Früchte trug?

Mehrere Jahre. Die städtische Wohnungsgesellschaft SAGA und die Hamburger Wohnungsgenossenschaften hatten den Neubau von Wohnungen nach der Jahrtausendwende nahezu eingestellt. „Es hat eine Weile gedauert, bis sie das dafür notwendige Personal und Know-how wieder aufgebaut und den Neubau angekurbelt hatten“, so Monika Thomas. „Um das Jahr 2000 hatte niemand gedacht, dass Hamburg auf eine Wohnungsnot zusteuern würde.“ Ein erster Erfolg wurde bereits 2013 verzeichnet, als die Zahl der neuen Wohnungen um 2678 auf 6407 stieg und 10 328 Wohneinheiten genehmigt wurden.

Was ist mit sozialem Wohnungsbau?

Alle Partner im Hamburger Wohnbündnis haben sich auf das Ziel verpflichtet, 30 Prozent der Neubauwohnungen als geförderten Mietwohnungsbau mit sozialer Mietpreis- und Belegungsbindung zu realisieren. Dieses Ziel wurde 2020 erneut erreicht: 3472 der 11.269 neuen Wohnungen sind gefördert, was einer Quote von 30,8 Prozent entspricht. Seit 2011 wurden in Hamburg insgesamt 21.752 neue Sozialwohnungen fertiggestellt. Das Bundesland Hamburg hat diese Entwicklung durch eine massive Aufstockung seiner Förderprogramme unterstützt und bekleidet bei der Pro-Kopf-Förderung von Sozialwohnungen bundesweit eine Spitzenposition. Anfangs wurden 1200 Einheiten pro Jahr gefördert, dann 2000 und seit 2016 mindestens 3000 Sozialwohnungen pro Jahr. Zum Vergleich: 2019 entstanden in Köln 756 öffentlich geförderte Wohnungen. Angesichts der niedrigen Gesamtzahl von 2175 neuen Wohnungen betrug die Quote 34,8 Prozent. Das selbst gesteckte Ziel von 1000 Sozialwohnungen wurde jedoch verfehlt.

Wie verwirklicht Hamburg seine Ziele?

Der  Senat hat mit den sieben Stadtbezirken einen Vertrag geschlossen, durch den sich die Bezirke zu eigenen Wohnungsbauprogrammen verpflichten. Die Bezirksämter sind für die Erteilung der Baugenehmigungen zuständig. Sie müssen monatlich darüber Auskunft  geben, wie viele Anträge sie genehmigt haben. Die Koordinierungsstelle Wohnungsbau tagt jeden Monat, hat die Entwicklung im Blick und kann bei  Problemen rasch nachsteuern. Wohnungsbauanträge werden in Hamburg im Schnitt nach drei Monaten genehmigt, die Genehmigung darf höchstens sechs Monate dauern. In Köln sind es im Schnitt 7,5 Monate, bei Mischnutzungen    (Wohnen und Gewerbe) 11,7 Monate.

Worauf wird in Hamburg noch geachtet?

Das Wohnungsbauprogramm legt besonderes Augenmerk darauf, gezielt Wohnraum für benachteiligte Menschen zu schaffen, dazu gehören  etwa Wohnungslose, Personen mit psychischen Erkrankungen, geistigen und mehrfachen Behinderungen, aber auch Alleinerziehende und andere Haushalte, die  als vordringlich wohnungssuchend anerkannt worden sind.

Wo entstehen in Hamburg neue Wohnquartiere?

Sowohl am Stadtrand als auch in der Innenstadt wird gebaut. Ein nahezu abgeschlossenes Projekt ist die HafenCity mit der berühmten Elbphilharmonie. In Altona entsteht zurzeit auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs das neue gemischte Quartier „Mitte Altona“ (siehe Foto oben). Die Deutsche Bahn gibt durch die Verlagerung des Kopfbahnhofs Hamburg-Altona weitere Gleisflächen für die städtebauliche Entwicklung frei, auch auf dem Gelände der ehemaligen Holsten-Brauerei sind Wohnungen geplant.

Kann man Hamburg und Köln vergleichen?

Die Bedingungen in den beiden Millionenstädten sind unterschiedlich, die Herausforderungen jedoch ähnlich. Hamburg ist ein Bundesland, dessen Regierung – der Senat – über seine Wohnungsbauförderung selbst bestimmt. In Köln als größter Stadt in Nordrhein-Westfalen spielt es eine Rolle, in welcher Höhe die NRW-Landesregierung Fördermittel bereitstellt. Hamburg hat 70 Prozent mehr Einwohner und 87 Prozent mehr Fläche als Köln, die Elbmetropole ist also etwas dünner besiedelt. Gleichwohl ist Bauland auch in Hamburg teuer. Um es besser auszunutzen, wird teilweise mehr in die Höhe gebaut.

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„Dort, wo es passt, dürfen es statt sechs Geschossen auch mal sieben oder acht sein“, erläutert Monika Thomas. Potenzial für den Wohnungsbau der nächsten 20 Jahre sieht sie unter anderem entlang der Magistralen, also der großen Ausfallstraßen.