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Holocaust-GedenkenKöln will Standort für Yad Vashem werden

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Die Halle der Namen in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem

Die Halle der Namen in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem

Es wäre eine historische Premiere: Yad Vashem plant sein erstes Bildungszentrum außerhalb Israels – und Köln will den Zuschlag.

Wie wichtig die Erinnerung an die grausamen Taten der Nationalsozialisten während des Holocausts ist, zeigt nicht zuletzt der Terroranschlag auf ein jüdisches Chanukka-Fest im australischen Sydney. Der Rat der Stadt Köln diskutierte in seiner Sitzung am Dienstag über eine aktive Bewerbung Kölns als Standort für die geplante Errichtung eines „Yad Vashem Education Centers“ in Deutschland.

Was bedeutet Yad Vashem?

Yad Vashem bedeutet sinngemäß übersetzt „Denkmal und Name“. Es ist die internationale Gedenkstätte an die jüdischen Opfer des Holocausts. Seit 1953 erfüllt sie die Aufgabe, das Gedenken an die millionenfachen Morde der Nationalsozialisten an Jüdinnen und Juden zu wahren. Auf rund 18 Hektar Fläche erstrecken sich auf dem Berg des Gedenkens in der israelischen Hauptstadt Jerusalem verschiedene Museen, Zentren für Schulungen oder wissenschaftliche Belege und Forschung sowie Denkmäler und Gedenkstätten.

Für was wird ein Standort gesucht?

Die Gedenkstätte plant ein Bildungszentrum in Deutschland. Es wäre der erste Standort von Yad Vashem außerhalb Israels. Die Gespräche begannen bei einem Besuch von Dani Dayan, Vorstandsvorsitzender Yad Vashem, beim damaligen Bundeskanzler Olaf Scholz Anfang 2023. Durch ein innovatives Holocaust-Bildungszentrum in Deutschland soll die Expertise der Gedenkstätte auch hierzulande angeboten werden. Yad Vashem führt zahlreiche Schulungen für unter anderem deutsche Lehrkräfte oder Polizisten durch, auch aus Nordrhein-Westfalen. In einer Pressemitteilung betonte Yad Vashem bereits im vergangenen Jahr, das bestehende Angebote und Aktivitäten nicht ersetzt werden sollen. „Ziel des Bildungszentrums in Deutschland soll es vielmehr sein, sich auf sinnvolle Weise in die bestehende Bildungs- und Gedenkstättenlandschaft einzufügen und eine Ergänzung in Bezug auf die Adressatengruppen und Bildungsformate darzustellen.“

Kommt Köln als Standort in Frage?

Die Politik setzt sich für den Standort Köln für das Bildungszentrum ein. Die Fraktionschefin der Grünen, Christiane Martin, konstatierte: „Heute, 80 Jahre nach der Shoah, nimmt der Antisemitismus weltweit zu. Die Zahl der Gewalttaten gegen Jüdinnen nimmt zu.“ Zudem erklärte sie: „Köln kann als besonders geeignet gelten. Jüdinnen und Juden prägen diese Stadt seit 1700 Jahren. Diese lange gemeinsame Geschichte wird zum Anfassen erlebbar werden in unserem jüdischen Museum Miqua.“ CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau erklärte: „Es braucht einen Standort, der historische Verantwortung, lebendige Erinnerungskultur und Bildungsarbeit glaubwürdig miteinander verbindet. Genau diese Voraussetzung bringt Köln mit.“ Das NS-Dokumentationszentrum sei bereits Kernstück einer Erinnerungsbildung, die weit über die Landesgrenzen hinaus strahle. Köln solle mit seiner Bildungs- und Forschungslandschaft Anker für die Bildungsarbeit gegen Antisemitismus in Deutschland sein, so Petelkau.

Für die SPD führte Fraktionschef Christian Joisten aus: „Köln bietet alles, was ein Yad Vashem Education Center benötigt: eine herausragende Bildungs- und Forschungslandschaft, internationale Vernetzung, politische Unterstützung, aber vor allem eine Stadtgesellschaft, die bereits ist, Verantwortung zu tragen.

Heiner Kockerbeck (Die Linke) sagte: „Der Terroranschlag von Sydney zeigt: Antisemitismus tötet auch heute noch. In Köln besteht die älteste, durch Quellen belegte jüdische Gemeinde Deutschlands. Das macht Köln zu einem symbolisch besonders starken Ort für ein Bildungszentrum zur Shoah.“ Für die Fraktion FDP/KSG beschrieb Stefanie Ruffen: „Die Zeitzeugen aus den Familien, aber auch aus der Öffentlichkeit sind nicht mehr da. So wird das Erinnern immer theoretischer. Eine Yad Vashem Bildungsstätte wäre für diese Stadt ein großer Gewinn.“

Hat es bereits Gespräche in Köln gegeben?

Oberbürgermeister Torsten Burmester (SPD) berichtet von einem Besuch einer Delegation von Yad Vashem gemeinsam mit der Landesregierung in Köln. Gemeinsam mit Dezernenten und dem Direktor des NS-Dok, Henning Borggräfe, hat der OB dieser Delegation Köln vorgestellt.

Burmester erklärte dem Rat: „Mir ist es als Oberbürgermeister, aber auch persönlich eine Herzensangelegenheit: Das Yad Vashem Education Center wäre ein deutliches Signal an die Stadtgesellschaft, dass wir Antisemitismus konsequent mit Bildung und Aufklärung bekämpfen und vor Ort sichtbar machen, welchen Anteil Jüdinnen und Juden an unserer 2000-jährigen Stadtgeschichte haben, als Teil unserer Vergangenheit, Gegenwart und gemeinsamen Zukunft.“

Gibt es andere Städte, die sich um den Standort bemühen?

Erst vor rund einer Woche hat der Rat der Stadt Düsseldorf beschlossen, dass die Landeshauptstadt sich um den Standort bewerben soll. Bisher gibt es lediglich eine Länderauswahl: Eine bundesweite Machbarkeitsstudie hat NRW, Sachsen und Bayern für einen möglichen Standort auserkoren. Die Bundesregierung unterstützt das Vorhaben, der NRW-Landtag hat im November die Unterstützung für einen Standort in NRW beschlossen.

Wie funktioniert der Entscheidungsprozess?

Die Entscheidung für den Standort liegt allein bei der Organisation der Gedenkstätte. Laut einer Mitteilung der Stadt Düsseldorf sollen die Planungen in der ersten Jahreshälfte 2026 abgeschlossen werden. Der Rat hat am Dienstag zwar keinen Beschluss, aber ein klares Bekenntnis gefasst. Mit einem einstimmigen Votum beauftragte die Politik die Verwaltung damit, sich mit Nachdruck um ein Yad Vashem Bildungszentrum in Köln zu bemühen.