„Ich will in die erste Linie“Harald Rau will OB in Offenburg werden
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Dr. Harald Rau
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Köln – Nach Ex-Baudezernent Franz-Josef Höing will jetzt ein weiterer Spitzenbeamter vorzeitig weg aus Köln. Völlig überraschend gab der Beigeordnete für Soziales, Integration und Umwelt, Dr. Harald Rau (56), am Freitag seine Kandidatur für die Oberbürgermeisterwahlen in Offenburg am 14. Oktober 2018 bekannt.
Der den Grünen nahestehende Rau will in der Kreisstadt mit 60.000 Einwohnern am Rande des Schwarzwalds als überparteilicher OB-Kandidat mit Unterstützung von Grünen und SPD gegen Marco Steffens (40, CDU) antreten. „Ich bewerbe mich um dieses Amt und möchte in den nächsten Jahren meine ganze Leidenschaft und Energie für das Wohl der Menschen Offenburgs einsetzen“, schreibt Rau auf einer eigens eingerichteten Website.
Rau sei nicht amtsmüde
Rau ist in Köln erst seit zwei Jahren im Amt, gewählt war er für acht Jahre. Seine Motivation für den Wechsel erklärte er bei einer Pressekonferenz in Offenburg so, dass er als Beigeordneter in Köln nur in zweiter Reihe verwalten, als OB in Offenburg jedoch aktiv Politik gestalten könne.Der Rundschau sagte Rau, er sei „überhaupt nicht amtsmüde“, es sei ihm in Köln nicht ungemütlich geworden. „Ich bin gerne in Köln und bin gerne Kölner. Aber ich will in die erste Linie. Ich setze auf Sieg.“
Die Themen, die ihn bewegten, gingen über das hinaus, für das er in Köln zuständig sei, so der Sozialdezernent. Er wolle „Stadtentwicklung ganzheitlich betrachten“. Trotz des beginnenden Wahlkampfs werde er „in Köln unvermindert weiterarbeiten und meine Themen vorantreiben“. Für die heiße Phase des Wahlkampfs werde er sich Urlaub nehmen.
Auf seiner Homepage erklärt Rau, sein Ziel, Oberbürgermeister von Offenburg zu werden, gründe „auf meiner engen Verbindung zu dieser Stadt, in der ich als junger Erwachsener gelebt und in vielen Ferienaufenthalten große Teile meiner Dissertation sowie meiner Habilitation geschrieben habe. Offenburg nehme ich als einladende, lebens- und liebenswerte Stadt wahr“, so der Pfarrerssohn und ausgebildete Kirchenmusiker, der aus einem Dorf auf der Schwäbischen Alb stammt und in Tübingen Psychologie studiert hat.
Rau und Reker gerieten mehrmals aneinander
Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker kommentierte den Wechselwunsch mit den Worten: „Herr Dr. Rau hat mich am Mittwoch über seine bevorstehende Kandidatur informiert und mir versichert, dass er seinen Aufgaben als Beigeordneter der Stadt Köln bis zu einer möglichen Wahl nachkommt. Ich wünsche Herrn Dr. Rau bei der Kandidatur in seiner Heimat Baden-Württemberg von Herzen viel Erfolg.“
Sozialdezernent Harald Rau mit Henriette Reker. (Archiv)
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In seinen zwei Jahren in Köln war Rau mehrfach mit Reker aneinandergeraten – etwa als er sich für eine City-Maut stark machte, ohne das vorher mit der OB zu besprechen. Das Verhältnis zwischen den beiden gilt als angespannt. Zuletzt stand Rau wegen des umstrittenen Siebenjahresvertrages zur Unterbringung von Flüchtlingen in einem Hotel der CDU-Politikerin Andrea Horitzky in der Kritik.
Kritik von Martin Börschel
Mit deutlichen Worten kritisierte SPD-Fraktionschef Martin Börschel die Ankündigung. Rau sei „gerade mal zwei Jahre im Amt und will schon wieder aus Köln fliehen. Das schmallippige Statement der Oberbürgermeisterin dazu entlarvt das Zerwürfnis im gesamten Stadtvorstand und die Führungsschwäche von Henriette Reker.“ Rau habe sich „nicht immer mit Ruhm bekleckert“, nun habe Köln „monatelang einen Dezernenten auf Abruf, der sich nicht um die drängenden Probleme wie drohende Diesel-Fahrverbote kümmern kann“. Auch der Sozialbereich verwaise immer mehr.
Rau, dessen Markenzeichen leuchtend bunte Schnürsenkel sind, ging gestern bereits in Offenburg auf Wahlkampftour, postete Fotos davon in sozialen Netzwerken. Die Kölner Grünen erklärten, Raus Weggang wäre „ein Verlust für ein ökologisches und soziales Köln“. Sein streitbares Engagement und stetiges Handeln würden sehr geschätzt. Er wäre der zweite Beigeordnete, den die Grünen nachbesetzen müssten. Sie haben bereits eine Wiederwahl von Finanzdezernentin Gabriele Klug (63, Grüne) verhindert, die Stelle wurde neu ausgeschrieben.