Im Gespräch mit Lisa Nüdling„Bares für Rares hat mein Leben verändert“

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Frauen sind vorsichtiger und haben mehr Skrupel als Männer, findet Lisa Nüdling. Die Kunsthistorikerin gehört zum Expertenteam von „Bares für Rares“.

  • Jeder „Bares für Rares“-Fan kennt Lisa Nüdling.
  • Die Kunsthistorikerin unterhält sich mit Bernd Imgrund aber nicht nur über die in Köln gedrehte Kultserie, sondern auch über Cologne Fine Art.
  • Uns verrät sie außerdem ihre ausgefallene Leidenschaft.

Am Nachmittag hat sie den Klavierunterricht des Sohnes übers Internet begleitet. Nun hütet ihr Mann die Kinder, und Lisa Nüdling hat Zeit für ein Bildschirm-Interview.

Nennt Sie jemand Frau Doktor? Nüdling Nein. Selbst bei der ersten Kontaktaufnahme im Zusammenhang mit Gutachten kommt das nicht vor. Doktorarbeiten machen eine Menge Arbeit. Warum haben Sie eine geschrieben? Ich dachte mir: Wenn ich Kunstgeschichte studiere, dann richtig. Zum einen war das eine Herausforderung, zum anderen habe ich einfach sehr gerne studiert. Und wenn es mit dem Kunsthandel nichts geworden wäre, hätte ich mir eine universitäre Laufbahn auch vorstellen können. Thema Ihrer Arbeit war der Landschaftsmaler Carl Robert Kummer (1810-1889). Ich habe noch immer Kontakt zu seinen Nachfahren. Sie haben mir für meine Recherchen sehr viel Material aus der Hinterlassenschaft zur Verfügung gestellt und meine Doktorarbeit auch finanziell unterstützt. Daraus ist ein sehr nettes persönliches Verhältnis entstanden. Haben Sie einen echten Kummer bei sich hängen? Ja klar! In meiner Studentenbude hatte ich eine richtige Kummer-Wand. Die Romantiker haben ja eher kleinformatig gemalt, zu Spitzenzeiten hingen da sicher 12, 13 Kummer-Bilder. Ist der Herr Kummer schonmal bei Bares für Rares aufgetaucht? Leider noch nicht. In den 80ern und 90ern wurden seine Gemälde noch mit 10 000, 20 000 Euro gehandelt. Heute sind Motive wie der Watzmann oder stürmische Hochseepanoramen nicht mehr so beliebt, da sind die Preise ziemlich eingebrochen. Man sieht Sie jedes Jahr auf der Cologne Fine Art & Antiques. Welchen Ruf hat die Messe unter Händlern? Das ist neben der Münchner die wichtigste deutsche Messe für alte Kunst. Da muss man präsent sein, meine Mutter und ich haben in Köln seit vielen Jahren einen Stand. Wie verlief Ihr Einstieg dort? Vor der Eröffnung gibt es immer einen Jurytag, da war ich anfangs sehr nervös. Fachleute nehmen dann jedes Objekt in die Hand und untersuchen es. Wenn etwas nicht alt genug oder allgemein nicht der Messe würdig ist, wird es „ausjuriert“. Das wollte ich unbedingt vermeiden.

Zur Person

Elisabeth „Lisa“ Nüdling wurde 1980 im osthessischen Hofbieber bei Fulda geboren. Zum Studium der Kunstgeschichte zog sie nach München und promovierte 2007 über den Maler Carl Robert Kummer (1810 1889). Bald danach stieg sie in das Kunsthandelsgeschäft ihrer Mutter Charlotte ein. Statt eigene Verkaufsräume zu bespielen, setzt das Duo auf die Präsenz bei Antiquitätenmessen. Schon 2015 wollte man Lisa Nüdling für „Bares für Rares“ engagieren, aber sie sträubte sich mehrmals, bevor sie 2016 schließlich zusagte. Im selben Jahr ließ sie sich bei der Deutschen Gemmologischen Gesellschaft in Idar-Oberstein zur Gutachterin für Diamanten ausbilden. Lisa Nüdling wohnt mit ihrem Mann und den drei Kindern in Fulda. www.kunsthaus-nuedling.de

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Ist es Ihnen gelungen? Ja. Selbst die Juweliers-Koryphäe Peter Pütz hatte nie was zu beanstanden, sondern hat unsere Ware sogar gelobt. Inzwischen freue ich mich immer darauf, wenn er an unseren Stand kommt. Wie klappt es, mit seiner Mutter zusammenzuarbeiten? Echt gut! Ich mache vor allem den Ankauf, und meine Mutter kümmert sich mehr um die betriebswirtschaftlichen Bereiche, um den Versand und so weiter. Durch meine drei Kinder hätte ich dafür gar nicht die Zeit. Entscheidet im Zweifel Jugend oder Reife? Es mag kitschig klingen, aber wir liegen relativ dicht beieinander und hören auf den Rat der Anderen. Wenn meine Mutter sagt, lass besser die Finger davon, dann hat sie meistens recht. Trifft man auf der Messe Ihre Bares für Rares-Kollegen? Ja, da freue ich mich immer riesig. Als ich noch nicht bei der Sendung war, sah ich sie immer da herumschlendern. Und heutzutage sind wir gute Bekannte. Julians (Schmitz-Avila, die Redaktion) Stand ist meistens gleich bei uns um die Ecke. Mit welchem ihrer Fernsehkollegen konkurrieren Sie um die selben Stücke? Na ja, eigentlich konkurrieren wir alle. Mit Waldi (Lehnertz) oder Ludwig (Hofmaier) habe ich vielleicht nicht allzu viele Überschneidungen. Weil ich vor allem auf Schmuck fokussiert bin, biete ich ich häufig gegen Elke (Velten-Tönnies) und Susanne (Steiger). Aber wenn der Verkauf über die Bühne ist, geht die Uhr wieder auf Null. Wir sind eben auch Kollegen, tauschen uns aus und geben uns Tipps. Haben Sie tatsächlich beim ersten Mal nein gesagt, als man Sie für die Sendung haben wollte? Mehrmals sogar. Zum einen dachte ich, ich kriege das zeitlich nicht auf die Kette. Aber typisch Frau fand ich auch, dass ich mich dafür weiter qualifizieren müsste. Ist das „typisch Frau“ oder „typisch Lisa“? Ich glaube schon, dass das für die meisten Frauen gilt. Frauen sind vorsichtiger und haben mehr Skrupel als Männer. Männer preschen einfach nach vorn und sagen sich, das wird schon. Das ist jedenfalls meine Erfahrung. Waren Sie in den ersten Sendungen dementsprechend schüchtern? Anfangs denkt man an die ganzen Kameras um einen herum. Später vergisst man die. Dadurch wird man zwar authentischer, aber manchmal erschrecke ich auch und denke: Meine Güte, wie lümmelst du da auf dem Tisch rum! Seit ich mich so gesehen habe, bemühe ich mich wieder, gerade zu sitzen. Gucken Sie sich die Sendungen an? Doch, schon, aber ich sehe nicht gezielt die Folgen, in denen ich mitspiele. Das wäre viel zu zeitaufwendig. Man hat ja auch immer ein bisschen Scheu, sich selbst auf dem Bildschirm zu sehen und zu hören. „Mein Herz schlägt für Perlen, Diamanten und Edelsteine“, sagen Sie über sich. Waren Sie schon als Kind so? Eigentlich war ich nicht so ein Glitzer-Glitzer-Mädchen. Ich trug eher Latzhosen. Die Schmuckbegeisterung kam später, und wenn man einmal in etwas eintaucht, dann will man halt immer weiter vordringen.

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Als Kind haben Sie Muscheln gesammelt. Was fängt man damit an? Das war doch immer toll, die aufzufädeln, auf Lederbändchen zum Beispiel. Die konnte man auch prima verschenken, das war ein Klassiker! Kaufen Sie heutzutage ausschließlich, um zu verkaufen, oder sammeln Sie auch noch? Ich sammle für mich privat. An einem schönen, ausgefallenen Ring oder Ohrring kann ich nicht vorbeigehen. Kann aber auch sein, dass ich mich nach geraumer Zeit wieder davon trenne, ich klebe nicht an solchen Schmuckstücken. Was bedeutet „ausgefallen“? Neulich habe ich eine emaillierte Vogelscheuche als Brosche entdeckt. Hätte ich nie gedacht, dass ich mal auf sowas abfahre, aber das Teil war dermaßen skurril, da musste ich einfach zugreifen. Das schätze ich auch an unserer Sendung: Man kommt da morgens hin und wird jedes mal aufs Neue überrascht von diesen total schrägen Sachen, die die Leute mitbringen. Man sieht Sie und Ihre Kollegen immer mit den kleinen Lupen hantieren. Worauf schauen Sie bei einem Schmuckstück zunächst? Zuerst ist der Gesamteindruck wichtig. Wir haben in der Sendung ja sehr wenig Zeit für die Begutachtung. Vor allem wenn die Preise hochgehen, sehe ich mir so einen Stein dann nochmal genauer unter der Lupe an: Wie ist das handwerklich gearbeitet, hat der Stein Einschlüssen, ist das granuliert und so weiter. Sie wohnen während der Dreharbeiten in einem Pulheimer Hotel. Wie verbringen sie Ihre Abende: skatspielend mit Waldi und Lucki? Im Sommer gehe ich nach dem Drehen erstmal spazieren, das ist mir wichtig. Es kommt auch schonmal vor, dass man mit den Kollegen essen oder ein Bierchen trinken geht. Aber gar nicht so häufig, denn meistens bin ich nach dem Dreh ziemlich durch und telefoniere höchstens noch mit der Familie. Inwiefern ist so ein Drehtag anstrengend? Nicht zuletzt wegen der vielen Pausen, die das Fernsehen so mit sich bringt. Man muss sich immer wieder neu konzentrieren, um beim nächsten Fall auf den Punkt fit zu sein. Hat Bares für Rares Ihr Leben verändert? Die Frage klingt seltsam, aber ja, das ist so. Hätte ich nicht zugesagt, hätte ich immer mit mir gehadert. Jetzt habe ich es gemacht und bin bereichert worden in jeder Hinsicht. Ich freue mich auch über die vielen netten Zuschriften, die man bekommt. Haben sich durch die Sendung freundschaftliche Verhältnisse entwickelt? Wir sind alle tolle Kollegen, ich komme mit jedem gut aus. Sehr gern mag ich zum Beispiel den Markus (Wildhagen) und den Julian. Aber eben auch die Susi, die ich ja nur bei den Prime Time-Ausgaben sehe, weil wir uns bei den täglichen Sendungen als Schmuckexpertinnen abwechseln. Über Esther (Ollick) am Händlertisch freue ich mich auch immer, es ist einfach schön, wenn noch eine zweite Frau dabei ist. Trifft man als Händlerin auch hin und wieder mit Horst Lichter zusammen, der ja eigentlich bei den Experten steht? Wir sind räumlich total getrennt. Aber der Horst kommt jeden Morgen auch bei uns vorbei, sagt Hallo und fragt nach dem Befinden. Eine schöne Geste! Ist er privat so wie in der Sendung? Ich erlebe ihn immer authentisch. Der Horst ist sehr herzlich und hat eine feine Antenne für Stimmungen. Er bemüht sich um jeden Einzelnen am Set und verbreitet eine sehr freundschaftliche Atmosphäre. Zum Schluss doch noch eine Corona-Frage: Die nächste Cologne Fine Art ist für den November geplant. Wird sie stattfinden? Auf jeden Fall! Wir lassen uns nicht unterkriegen von dem Virus. Die Messe wird glitzern und funkeln, und alle Händler und Experten von Bares für Rares samt dem Horst werden dort sein! Interviewer Bernd Imgrund hat das Buch zur Sendung Bares für Rares geschrieben, im März erschienen beim Riva Verlag.

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