„Reker setzt nicht alle Kräfte ein“FDP-Fraktionschef über die OB und zu viele Radwege

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Neuer Rudolfplatz: An den 30 Meter hohen Büro-Neubauten gibt es Kritik. Daneben steht verdeckt die Hahnentorburg.

Sie sind seit Jahrzehnten mit der Stadtentwicklung beschäftigt. Es passiert viel in der Stadt, aber wir haben nicht den Eindruck, dass es die Menschen begeistert. Wie sehen Sie die Großbaustellen?

Sterck: Es passiert zwar viel, aber immer noch zu wenig, auch im Vergleich mit anderen Städten wie beispielsweise Düsseldorf. Das lässt sich auch an der Zahl der Bebauungspläne festmachen, die wir im Rat verabschieden. Ja, es gibt Probleme in der Bauwirtschaft, aber die haben auch andere Städte. Mir berichten Investoren, dass sie mittlerweile lieber in anderen Städten als in Köln bauen. Die Stadt und Teile des Rates gehen nicht freundlich genug mit den Investoren um. Man sieht das ja an den desaströsen Zahlen beim Wohnungsbau, was ein Wahnsinn ist angesichts der wachsenden Stadt Köln.

Weil es zu viele Auflagen gibt? Ja. Es herrscht  zu viel Bürokratie. Es gibt Vorkaufsrecht, Erbpacht, Kooperatives Baulandmodell, Konzeptvergabe. Es geht immer wieder auch um die Qualität des Bauens, das Köln mutige Architektur fehlt. Das ist leider so, ja. Wir waren als Stadtentwicklungs-Politiker in Rotterdam und Utrecht:  Die trauen sich was, das fehlt Köln. Das liegt aber unter anderem  an den Strukturen der Investoren, wenn sie die maximale Rendite möchten. Dann fehlt das Geld für mutige Architektur. Und andere Bauherren wie die DEVK werden ausgebremst mit ihren Hochhaus-Plänen. Müssten die Stadt mutige Architektur nicht stärker steuern, etwa  am Rudolfplatz? Viele sprechen  von einer vertanen Chance. Das hat die Stadt gesteuert, der damalige Baudezernent Franz-Josef Höing wollte diesen Entwurf haben. Gerade an der Stelle hätte man sich etwas Spektakuläreres gewünscht. So sieht es aus wie fast überall. Aktuell hat die Stadt mitgeteilt, dass die „Historische Mitte“ knapp 50 Millionen Euro teurer wird. Die FDP ist gegen das Projekt. Ja, weil das Zeughaus das vornehmste Gebäude für ein Stadtmuseum ist. Wir fordern die Sanierung des Zeughauses und den Verzicht auf die „Mitte“. Zumal: Sie ist ja das nächste Megaprojekt zusätzlich zu Oper, Miqua, und, und, und. Es wäre gut, wenn die Stadt erstmal etwas fertig baut. Bis 2030 müssen wir Bauten vollenden und nicht immer neue anfangen. Es weiß ja auch keiner, was mit dem Zeughaus passieren soll. Ich wundere mich, dass das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt an den Plänen für die „Mitte“ festhält, weil sich offenbar keiner getraut hat, das Projekt zu hinterfragen. Ich glaube aber nicht, dass das Bündnis und die Oberbürgermeisterin die Kraft haben, die Schnapsidee sein zu lassen. Wo sehen Sie die Rolle der FDP im Rat gerade? Mit fünf von 90 Sitzen können Sie nicht die Muskeln spielen lassen. Wir machen konstruktive Oppositionsarbeit, das ist die Rolle, die die Wählerinnen und Wähler  uns zugewiesen haben. Und wir bringen uns mit Ideen ein, auch erfolgreich, siehe bei der qualitativen Bauberatung. Werden Ihnen zu viele Radwege auf die Straße gemalt? Mich stört eher, dass es an einigen Stellen nur schnell, schnell gemacht wird und nicht durchdacht ist, etwa am Theodor-Heuss-Ring  oder auf der Aachener Straße im Belgischen Viertel. Wir tragen viele Beschlüsse zum Radverkehr mit, aber einige Radwege, die viele Parkplätze kosten, verstehe ich nicht. Glauben Sie noch an die Ost-West-U-Bahn? Ja. Aber ich habe etwas Sorge, dass bis zur Wahl 2025 doch kein Ratsbeschluss fällt, weil die CDU sich nicht traut, den Grünen die Stirn zu bieten. Denn es gibt ja eine Mehrheit für die U-Bahn, die CDU muss nur gegen ihren Bündnispartner stimmen. Die CDU hat den Schlüssel für die U-Bahn in der Hand. OB Henriette Reker ist wie Sie für die U-Bahn. Sonst sind sie beide nicht oft einer Meinung, die FDP hat sie bei der Wahl 2020  nicht mehr unterstützt. Nein, wir sind bei vielen Dingen einer Meinung. Aber ich würde mich schon freuen, wenn die OB sich  bei Grünen und CDU mit ihrem ganzen politischen Gewicht einbringen würde.

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Sie zweifeln Rekers Durchschlagskraft bei Ihren Unterstützer-Parteien an? Ich würde mich freuen, wenn die OB mehr kämpfen würde für die Themen, mit denen sie am Ende ihrer zehnjährigen Amtszeit verbunden werden will. Beispielsweise die U-Bahn oder der Klinikverbund. Da hat sie  nicht ihre ganze Kraft eingesetzt. Sie haben Rekers zehnjährige Amtszeit angesprochen, also ihr Vermächtnis. Drohen zehn verlorene Jahre für Köln? Verloren will ich nicht sagen. Aber sie muss sich fragen, womit sie später verbunden werden will. Und wenn am Ende nur eine Verwaltungsreform steht, ist das zu wenig  – zumal ich von deren Erfolg noch nicht überzeugt bin. Wie sehen Sie Rekers Rolle beim Ausbau des 1. FC Köln im Grüngürtel? Sie hat sich dafür, dann dagegen ausgesprochen. Die Situation ist verkantet. Da ist  politische Führung, politisches Management nötig, sie muss sich  um Mehrheiten kümmern. Sie kann nicht nur alle mit ihrem Meinungswechsel erschrecken, sondern muss alle an einen Tisch holen und den Prozess  zu Ende führen. Sie kann solche Prozesse nicht  dem Zufall überlassen und sagen: Jetzt gibt es zwar möglicherweise einen Bebauungsplan, aber keinen Vertrag für das Grundstück.    

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