„Karnevalsmord“ in KölnTochter von Petra Nohl spricht über ihre schwierige Zeit ohne Mutter

Lesezeit 4 Minuten
Köln - Karneval - Karnevalssonntag 1988 - Mord - "Karnevalszug marschiert an Frauenleiche vorbei" - 10 Meter vom Zugweg entfernt vom Zugweg liegt eine ermordete Frau hinter einer Reibekuchenbude an der Albertusstraße - Foto vom 14.02.1988

Der Tatort lag direkt am Weg des Schull- un Veedelszoch an der Albertusstraße in der Innenstadt.

Am Dienstag nahmen Ermittler den mutmaßlichen Mörder von Petra Nohl fest. Die Tochter spricht im Interview über ihre Gefühle und das Aufwachsen ohne ihre Mutter.

Zuerst kam das Entsetzen, dann die Erleichterung: Genau 35 Jahre nach dem Tod ihrer Mutter wurde deren Mörder am Dienstag gefasst. Den Anruf erhielt Petra Nohls Tochter (36) von Mordermittler Markus Weber. Mit ihm hatte sie in den vergangenen Monaten häufig Kontakt. „Ich war zuerst sehr schockiert. Doch dann kam die Freude“, berichtete die Frau im Gespräch mit der Rundschau.

Bei Petra Nohls Tod war die Tochter erst 20 Monate alt

Sie selber und die Familie hätten immer gehofft, dass der Tod von Petra Nohl doch noch einmal geklärt wird – aber so richtig glaubte keiner daran. Als die Mutter gewaltsam ums Leben kam, war die Tochter genau 20 Monate. „Er war sehr belastend für mich, ohne Mama aufzuwachsen“, sagte die Tochter. Das Drama um den Tod der Mutter sei in der Familie über die vielen Jahre immer ein Thema gewesen. Im Verlauf der Kindheit habe der Vater ihr vom Tod und den furchtbaren Hintergründen erzählt.

„Mein Vater hat enorm unter dem Verlust gelitten“, sagte sie im Gespräch mit der Rundschau. Es sei immer wieder belastend gewesen, dass der Täter nicht gefasst war und über so viele Jahre frei herumgelaufen ist. Aufgewachsen sei sie beim Vater und den Großeltern. „Ich bin in einem guten Umfeld groß geworden“, betont die 36-Jährige. Doch der Tod der Mutter sei allgegenwärtig gewesen. Eine Folge sei gewesen, dass sie in der Kindheit und Jugend häufig Angst gehabt habe, wenn unterwegs gewesen sei.

Alles zum Thema Aktenzeichen XY … ungelöst

Ausstrahlung bei „Aktenzeichen XY ungelöst“ wollte sie erst nicht sehen

Belastend sei auch die ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY ungelöst“ gewesen. Ermittler Weber habe sie vorher angerufen und gesagt, dass der Fall um die ermordete Mutter wieder aufgerollt wird und in der Sendung gezeigt wird. Zuerst wollte sich die 36-Jährige den Beitrag nicht anschauen. „Aber dann habe ich es mir doch angesehen. Es war heftig und unvorstellbar“, erinnerte sich die Tochter. Im Fernsehen einen Film zu sehen, in dem es um ein Gewaltverbrechen an der eigenen Mutter geht, sei kaum zu ertragen gewesen. Der Angreifer soll das Opfer stranguliert haben.

Die Ausstrahlung im ZDF veranlasste einen Zeugen, sich nach dreieinhalb Jahrzehnten bei der Polizei zu melden. Er gab an, mit einem Freund in dem Lokal gewesen zu sein, in dem Petra Nohl am Karnevalssamstag 1987 feierte. Anschließend habe man das spätere Opfer an einem Taxistand an der Tunisstraße getroffen. Weil kein Taxi kam, trennten sich die 24-Jährige und die beiden Freunde. Wie die Polizei mitteilte, soll der nun Festgenommene Petra Nohl gefolgt sein und sie an der Albertusstraße überfallen und umgebracht haben. „Wir gehen von Raubmord auf.

Handtasche und Bargeld waren weg. Ein Sexualdelikt schließen wir aus“, sagte Mordermittler Weber. Schon am nächsten Tag trafen sich die Freunde wieder. Dabei fiel dem Freund auf, dass der mutmaßliche Täter sein Äußeres verändert hatte. „Er hatte sich die Haare anders geschnitten“, berichtete Weber weiter. Dem Freund kam dies verdächtig vor. Er wusste, dass in Köln in der Nacht eine Frau umgebracht worden war. Doch der Kumpel schaffte es, den Freund zum Schweigen zu bringen. „Er hat ihn eingeschüchtert“, sagte Weber. Die Tochter von Petra Nohl vermutete, dass der Täter von außerhalb nach Köln gekommen sei. Dass er aus Köln und ausgerechnet aus Bilderstöckchen kommt, sei schockierend. In der Vergangenheit sei sie häufig in Bilderstöckchen gewesen. „Wir hatten dort Freunde.“

Nun steht in absehbarer Zeit der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter an. Derzeit sitzt er in der Justizvollzugsanstalt Ossendorf. Nach der Festnahme kam der 56-Jährige ins Krankenhaus, weil er über gesundheitliche Probleme klagte. Mitarbeiter der JVA holten ihn später ab und brachten ihn in den „Klingelpütz“. Die Tochter hofft, dass der Festgenommene verurteilt wird. Ob sie bei dem Prozess den Mann im Gerichtssaal sehen will und ob sie als Nebenkläger auftreten wird, treibt die 36-Jährige um – eine Entscheidung hat die Kölnerin noch nicht getroffen.

Rundschau abonnieren