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Kölner KarnevalWarum „Loss mer singe“ unverzichtbar geworden ist

4 min
Loss mer singe im Lapidarium

Im Lapidarium wird die „Tour“ traditionell eröffnet. 

Seit 25 Jahren besteht die Kneipentour - inzwischen sind 70 Lokale in der Session dabei.

Eine echt kölsche Institution feiert Jubiläum: Die Mitsinginitiative „Loss mer Singe“ lädt jedes Jahr die Jecken zum Einsingen in die Kneipen, um sie textsicher zu machen. Nun wird „LMS“ 25 Jahre alt. Im Ehrenfelder „Herbrand's“ wurde am Wochenende mit vielen musikalischen Gästen und Gratulanten ein Vierteljahrhundert der musikalischen Kneipenkultur gefeiert. So mancher bekannte Name der kölschen Musik wurde durch „Loss mer singe“ groß oder noch größer.

Das Prinzip ist nach wie vor einfach: Bei der Kneipentour von LMS wählen die Besucher in einer Kaschemm aus 22 Vorschlägen ihren Lieblingssong. Mit dabei sind stets altbekannte Bands und echte Newcomer – das LMS-Team hat vorher aus hunderten Beiträgen eine Auswahl getroffen. Aus allen Abstimmungen in den unterschiedlichen Kneipen ergibt sich der Gesamtsieger. 2025 waren über 70 Kneipen dabei, darunter Lokale in Berlin, Hamburg und München, sowie rund 15.000 abgegebene Stimmen. Einst hatte alles ganz klein angefangen – in der Küche von Georg Hinz, dem Erfinder des Wettbewerbs.

Natürlich ist der 60-Jährige auch am Freitag in Ehrenfeld mit von der Party. 1999 und 2000 saß er mit Freunden in einer Wohnküche in Nippes und veranstaltete eine Abstimmung über den Hit der Session. Seitdem hat sich nur das Ausmaß der Veranstaltung verändert: Aus einer Küche wurden zunächst sechs Kneipen, dann schließlich über 70, zudem wurde 2008 ein Verein gegründet. Die Erlöse aus den Veranstaltungen kommen Sozial- oder Hilfsprojekten zugute, ansonsten bleibt es beim Mitsingen, Mitstimmen, Mitmachen. Das Ergebnis aus 25 Jahren wurde im Herbrand's sichtbar – unter den 450 Gästen war en zahlreiche frühere LMS-Teilnehmer und -Gewinner. So auch Brings, die zunächst nur durch eine Videobotschaft die Veranstaltung eröffneten – Stephan Brings nannte LMS für die Gründerzeit einen „Silberstreifen am Horizont“. Am Abend kam er aus dem Saarland nach Ehrenfeld angereist, um nach den Aufnahmen zum ZDF-Fernsehgarten noch Teil der Feierlichkeiten zu sein und auf der Bühne mit vielen anderen Gästen Musik zu machen. Brings„ Megahit „Superjeilezick“ war im Jahre 2001 das erste offizielle „Loss mer singe“-Siegerlied. Seitdem hat sich viel verändert.

Loss mer singe

Auch die Sitzung im Tanzbrunnen ist Teil der Bewegung.

Georg Hinz sowie Nici Kempermann, die mit „Kempes Finest“ in diesem Jahr den Wettbewerb gewann, und LMS-Urgestein Helmut Frangenberg führten durch den Abend und ließen mit so manchem LMS-Teilnehmer die Jahre Revue passieren. Auf dem Sofa der Bühne nahmen die Ex-Fööss „Bömmel“ Lückerath und Kafi Biermann, Basti Campmann, Biggi Wanninger, Jan Krauthäuser, Hanz Thodam, Peggy Sugarhill, Björn Heuser und Josef Loup Platz. Zwischendurch wurde geschunkelt und natürlich gesungen, wie es sich für „Loss mer singe“ gehört. In verschiedenen Gesprächsrunden wurden auch nachdenkliche Themen rund um den Karneval angesprochen: Muss es beispielsweise immer Kölsch sein – oder genügt ein hochdeutscher Text? „Wir haben uns damals auch gegründet, damit im Karneval nicht ständig Nena und Robbie Williams laufen“, lachte Georg Hinz. „Bömmel“ Lückerath ergänzte, dass kölsche Kultur auch durch ein Gefühl und eine Haltung transportiert werden kann, die Sprache jedoch nicht zwingend Kölsch sein muss – und erhielt jede Menge Applaus.

Stefan Knittler

Loss mer singe: Stefan Knittler (r.) sang die Hymne.

Björn Heuser lobte die Beiträge von LMS für den Karneval, während Hanz Thodam hervorhob: „Loss mer Singe ist eine großartige Möglichkeit für junge Bands und den Erhalt der kölschen Sprache.“ Josef Loup ergänzte: „Wir sollten aber darauf achten, dass nicht nur über Sunnesching und Banales gesungen wird, sondern auch weiterhin Werte transportiert werden.“ Später gab es beim kleineren „Talk im Glashaus“ weitere interessante Anstöße – unter anderem zum Thema „Zu viel Kölle? Kölsche Heimatlieder und die offene Flanke nach rechts“. Im Anschluss an den Festakt lud der „LMS Markt der Möglichkeiten“ ein, unter anderem zu kölscher Karaoke, einem Quiz und Singen am Lagerfeuer.

Und es gab noch einige gewichtige Botschaften der Künstler: Zum einen wurde mit dem „Stammbaum“ der Fööss ein Abschlusslied aller Musiker gewählt, welches in politisch unruhigen Zeiten ein klares Statement gegen Rechts setzte. Zum anderen erhielt vor allem der Kommentar von Kasalla-Sänger Basti Campmann Beifall: „Wissenschaftliche Forschungen haben ergeben, dass das Singen Angstgefühle stark reduziert, weil man sich ganz darauf einlässt und es den Körper umfasst. Wir müssen also einfach weiter singen und dürfen damit niemals aufhören.“