Großdemo in KölnPro-kurdischer Demozug bringt Severinsbrücke zum Schwanken

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Demonstranten auf der Deutzer Werft

Die Demonstration startete mit einer Kundgebung an der Deutzer Werft.

Laut Polizei zogen rund 15.000 Demonstrierende von Deutz in die Innenstadt. Insgesamt bleib es friedlich. 

Kein Weg war ihnen zu weit: Aus Belgien, Frankreich, den Niederlanden und allen Ecken Deutschlands kamen am Samstagvormittag kurdische Demonstrierende in Deutz zusammen, um die Freilassung des PKK-Führers Abdullah Öcalan zu fordern. Zudem verlangten sie verbesserte Haftbedingungen für den 74-Jährigen. Die angemeldete Zahl von 15.000 Teilnehmenden wurde laut Kölner Polizei auf dem Höhepunkt der Demo erreicht. Die Demonstrierenden zogen nach einer Kundgebung in der Deutzer Werft über die Severinsbrücke zum Heumarkt und anschließend zurück. Es kam zu erheblichen Verkehrsbeeinträchtigungen in der Innenstadt.

Mehrere Hundertschaften der Kölner Polizei waren im Einsatz. Die Demonstration sei „im Großen und Ganzen friedlich und insgesamt auflagenkonform, mit wenigen Ausnahmen“ verlaufen, teilte die Polizei mit. Vereinzelt seien verbotene Symbole oder Pyrotechnik festgestellt und im Anschluss die Ermittlungen aufgenommen worden. Bei der Kundgebung durften Bilder von Abdullah Öcalan gezeigt werden, sofern durch die Farbgebung keine Anspielungen und inhaltliche Nähe zur verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK suggeriert wurde. Insignien der PKK durften hingegen nicht gezeigt werden.

Genau 25 Jahre ist es her, dass Öcalan von der türkischen Regierung festgenommen wurde und seitdem auf der Gefängnisinsel İmralı im Marmarameer festgehalten wird. Während seiner Isolationshaft wurde er zur Symbolfigur der kurdischen Arbeiterpartei PKK, die seit 1993 in Deutschland verboten ist. Von der Europäischen Union sowie den Vereinigten Staaten wird die PKK als terroristische Vereinigung eingestuft.

Über hundert Reisebusse brachten Menschen nach Deutz

Bereits in den Morgenstunden trafen am Samstag schätzungsweise mehr als hundert Busse in Deutz ein. Hunderte Fahnen mit Öcalans Konterfei waren zu sehen. Zum lauten Protest gesellte sich auch ausgelassene Stimmung: Veysel Yaprak (19) zeigte mit Freunden und Familie einen kurdischen Tanz und zog immer mehr Teilnehmer in den Kreisel hinzu. Anschließend verwies die junge Kölnerin auf die schlimme Situation in ihrer Heimat, dem syrisch-kurdischen Grenzgebiet: „Jeden Tag bombardiert Erdogan die kurdischen Gebiete. Die Leute in der Türkei und in Europa schauen weg.“

Sie zeigte ein Video aus dem türkischen Mardin, auf dem Menschen bei einer Demonstration beschossen wurden: „Wir wollen nur unsere Freiheit und die Freiheit für Abdullah Öcalan. Aber niemand hört uns.“ Laut und deutlich war bei zahlreichen Sprechchören immer wieder das kurdische Wort „Azad“ – „Freiheit“ zu vernehmen. „Die PKK und wir Demonstranten wollen nur den Frieden, mehr nicht“, erklärte Vesile Varis, die mit ihrer Familie aus Brüssel angereist war.

Kölner Demonstrantin Veysel Yaprak (4. von links) stimmt sich mit einem kurdischen Tanz auf die Demonstration ein.

Kölner Demonstrantin Veysel Yaprak (4. von links) stimmt sich mit einem kurdischen Tanz auf die Demonstration ein.

Dass die internationale Wahrnehmung der PKK sich deutlich von der kurdischen Wahrnehmung unterscheidet, liegt vor allem an den jahrelangen, immer wieder gewalttätigen Reaktionen von türkischer und kurdischer Seite. Nicht alle Kurden würden jedoch gleich denken, betonte Ali (56) aus Bremen: „Wir hoffen natürlich auf die baldige Freiheit von Öcalan und lieben ihn. 60 bis 70 Prozent der Kurden denken ähnlich, aber es gibt auch kurdische Unterstützer für Erdogan. Die Angst und die Aggression unter den Menschen sind sehr groß.“

In der Vergangenheit hatten ähnliche Kundgebungen für hohe Emotionalität bei in Deutschland lebenden Kurden und Türken ausgelöst.„Wir werden die friedliche Meinungsäußerung in und im Umfeld der Versammlung schützen, uns gleichwohl aber stark aufstellen, um drohende Auseinandersetzungen zwischen Meinungsgegnern konsequent zu unterbinden“, kündigte Polizei-Einsatzleiter Frank Wißbaum im Vorfeld an.

Sicherheitsbedenken ergaben sich am Ende lediglich durch die bloße Anzahl von tausenden Demonstranten auf der Severinsbrücke, welche spürbare Schwankungen hinterließen. „Das ist allerdings völlig normal – jede Brücke hat diese Schwankungen, weil sie sonst brechen würde“, erklärt Annemarie Schott von der Pressestelle der Kölner Polizei. „Bei mehreren Tausend Menschen ist das ganz gewöhnlich, auch wenn aufgrund von Schwindelanfällen einige Male der Rettungswagen kommen musste.“ 

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