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Kritik vom ADFCVerkehrswirrwarr hinter dem Dom

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Köln – Der Weg in die Gosse ist kurz. Radfahrer auf der Trankgasse landen Richtung Rhein fast zwangsläufig dort. Denn der auf der Straße kürzlich markierte Schutzstreifen für Fahrradfahrer, der weiter auf die Straße Am Domhof führt, hat gerade mal eine Breite von 80 Zentimetern – nur inklusive Entwässerungsrinne werden daraus 1,25 Meter (1).

Die rechtliche Untergrenze für derlei Markierungen. Damit dieser eingezeichnet werden konnte, durften die beiden Spuren für den Autoverkehr (3) nur 2,25 Meter breit werden – so schmal, dass Autos und vor allem Busse oft auf dem Radstreifen stehen. Der Radfahrer landet in dieser beengten Situation notgedrungen in der Gosse. Die Straßen wurden im Zuge der Neuordnung des Domumfelds umgebaut.

Joachim Schalke, Vorsitzender des ADFC Köln, nennt die Verkehrsführung eine „Zumutung“. „Auf den Schutzstreifen passen nicht einmal Lastenräder oder Fahrradanhänger“, sagt Schalke. Doch das ist nicht alles, was der Radfahrerverband kritisiert:

● Wer mit dem Fahrrad aus Westen kommend Richtung Rhein geradeaus weiterfahren will, muss den Schutzstreifen, der Richtung Altstadt weitergeführt wird, verlassen (2). Gefährlich, denn rechts in Am Domhof abbiegende Fahrzeuge rechnen damit nicht.

Alles zum Thema Henriette Reker

● Auch das Linksabbiegen in die Johannisstraße, der Weg zur Radstation, ist für Radfahrer nicht gesondert markiert. Für Radler aus der Johannisstraße gibt es keine Signalanlage.

● Und dann gibt es noch den „freien Rechtsabbieger“ für die Fahrzeuge, die aus Richtung Philharmonie kommen rechts in die Trankgasse Richtung Rhein fahren wollen (4). Er wirkt wie eine Fußgängerzone, ist aber ein gemischter Bereich. Fußgänger haben Vorrang, sogar ein Zebrastreifen ist markiert. Der ADFC kritisiert, dass rechtsabbiegende Radfahrer hier einen Bordstein hochfahren müssen.

Insgesamt, urteilt der ADFC, sei die Domumgebung zu einer „No-Go-Area für Radfahrer“ geworden. „Hier können sich Radfahrer nicht sicher fühlen“, sagt Joachim Schalke. Als Sofortmaßnahme empfiehlt der Verband ADFC, eine Spur für Autofahrer in eine Spur für Radfahrer umzuwandeln.

Bezirksbürgermeister Andreas Hupke (Grüne) stimmt die neue Verkehrsführung traurig. „Hier wurde ein idealer Schleichweg für Autofahrer entlang des Weltkulturerbes Dom markiert“, sagt Hupke. Ist die Nord-Süd-Fahrt dicht, würden viele Trankgasse und Am Domhof nutzen, um über die Altstadt zur Deutzer Brücke zu gelangen. Das sei ein „Schlag ins Gesicht“ des zukünftigen Kurt-Hackenberg-Platz und gehe zulasten der Fußgänger und Radfahrer. „Darüber müssen wir noch diskutieren“, sagt der Politiker. „Wir setzen mit der Verkehrsführung lediglich den einstimmigen Beschluss der Politik um“, sagt Angela Stolte-Neumann vom Amt für Straßen und Verkehrstechnik. Ein Gutachten habe 2011 ermittelt, dass dort zwei Spuren für den Autoverkehr notwendig seien.

„Wir müssen auch für den heutigen Verkehr planen“, sagt die 62-Jährige. Und diese Strecke sei die Haupterschließungsroute für die Altstadt. Es sei nicht genug Platz, um Radfahrer und Autoverkehr gleichrangig zu bedienen. „Hätten wir anders geplant, würden sich jetzt die Autofahrer beschweren.“

Auf das damalige Verkehrsgutachten geht auch die ungewöhnliche Rechtsabbiegespur zurück. Denn die Einfahrt vom Am Domhof rechts in die Trankgasse ist extrem spitz. Es war absehbar, dass dort Lastwagen und Busse kaum abbiegen können. Die Idee der Verwaltung, einen Rechtsabbieger für den Autoverkehr zu bauen, der gleichzeitig Bürgersteig ist und auf dem „Fußgänger Vorrang haben“ (Stolte-Neumann) fand die Zustimmung bei den Politikern. „Er ist so gestaltet, dass sofort klar wird, hier ist ein Fußgängerüberweg“, erklärt Stolte-Neumann. Die Bordsteine würden überdies zum langsamen Fahren zwingen. Insgesamt sei dieser „komplexe Knoten“ übersichtlicher als vorher.

Eine Sichtweise, die ADFC und Bezirksbürgermeister Hupke nicht teilen können. „Wir verlieren langsam das Vertrauen in Politik und Verwaltung der Stadt Köln“, heißt es in einem offenen Brief des ADFC an Verwaltung, Politik und OB Henriette Reker. Die Grünen hatten in der Bezirksvertretung Innenstadt im Jahr 2014 versucht, die Verkehrsführung für Radfahrer zu optimieren. Scheiterten jedoch am Votum der Politiker im Verkehrsausschuss. Auch eine Bürgereingabe des ADFC zu diesem Thema wurde nicht weiter beachtet. Der Grüne Bezirksbürgermeister Hupke, schimpft daher über die „Arroganz der Macht von Verwaltung und Rat“ und schließt damit auch die eigene Partei ein.

Denn im Stadtrat stimmten 2014 auch die Grünen dem Beschlussvorschlag zu, auf dem die heutige kritisierte Verkehrsführung fußt. „Das kommt dabei raus, wenn man nicht auf diejenigen hört, die die Wurzel der Probleme vor Ort kennen“, sagt Hupke. Denn für Radfahrer besteht dort zwischen Rhein und Neumarkt die einzige Möglichkeit einigermaßen flüssig von Norden nach Süden zu kommen. In Anlehnung an das große Vorbild in Sachen Radverkehr sagt er: „Wir hätten hier direkt am Dom ein Stück Kopenhagen haben können.“

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