Stichwahl um OB-PostenKossiski will Reker „in den wohlverdienten Ruhestand schicken“

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Weiter geht’s: Oberbürgermeisterin Henriette Reker geht mit einem satten Vorsprung vor SPD-Herausforderer Andreas Kossiski in die Stichwahl.

  • Henriette Reker und Andreas Kossiski steigen wieder in den Ring, und beide konkurrieren zunächst um Aufmerksamkeit.
  • Kossiski präsentierte sich angriffslustig. „Wir haben das geschafft, an das wir geglaubt haben und viele andere nicht.“
  • 200 zusätzliche Großplakate wird das Reker-Team in den nächsten Tagen aufstellen. Ein Slogan: „Köln bleibt Chefinnensache.“.

Köln – Nach der Wahl ist vor der Stichwahl. Oberbürgermeisterin Henriette Reker (63, parteilos) und SPD-Herausforderer Andreas Kossiski (62) baten nach dem Wahltag zu Presseterminen. Hier demonstrativer Optimismus, dort frisches Wasser auf das Pflänzchen Hoffnung.

Wie präsentierten sich Reker und Kossiski?

Nur nicht in die Negativspirale geraten. Dass sie Wahlen und nicht Umfragen gewinnen wolle, hatte Oberbürgermeisterin Henriette Reker schon am Wahlabend wie ein Mantra in die Mikrofone gesprochen. Der Verweis zielte auf die 61 Prozent, die ihr in einer Umfrage vorhergesagt worden waren (siehe Infobox). Ihre Botschaft: Meine Zahlen waren das nicht, ich habe mich immer auf eine Stichwahl eingestellt. Wie zum Beleg führt sie zahlreiche Termine an, die für die nächsten zwei Wochen bereits geplant sind. Und: 18 Prozentpunkte! So groß ist der Vorsprung gegenüber dem SPD-Herausforderer. Daraus lasse sie keine Niederlage werden.

Kossiski präsentierte sich angriffslustig. „Wir haben das geschafft, an das wir geglaubt haben und viele andere nicht.“ Man habe „der amtierenden Oberbürgermeisterin in einer Aufholjagd 17 Prozentpunkte abgenommen. Jetzt hat die SPD, jetzt habe ich die Chance – und ich werde sie nutzen –, die Mehrheit der Kölner in den nächsten 14 Tagen davon zu überzeugen, dass ich der bessere OB bin.“ Es gebe den Wunsch nach einem Wechsel an der Stadtspitze. „Den möchte ich umsetzen. Wir wollen Frau Reker in den wohlverdienten Ruhestand schicken."

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Über das schwache Abschneiden der SPD wollten weder er noch Parteichefin Christiane Jäger und Fraktionschef Christian Joisten lange reden. Jetzt liege der Fokus auf dem „Kampf ums Rathaus“.

Was ist nun im Wahlkampf geplant?

Reker und Kossiski steigen wieder in den Ring, und beide konkurrieren zunächst um Aufmerksamkeit. Rekers Amtsbonus dürfte geschrumpft sein, Kossiski ist deutlich bekannter als noch zu Beginn des Wahlkampfes, mit seinen „Streifen“ in den Veedeln hat er um Beachtung gekämpft, die Zuspitzung der Stichwahl dürfte ihm weiter dienlich sein.

200 zusätzliche Großplakate wird das Reker-Team in den nächsten Tagen aufstellen. Ein Slogan: „Köln bleibt Chefinnensache.“ Reker wird die Themen Umwelt und Mobilität weiter spielen, genau die also, mit denen es die Grünen auf 28,5 Prozent der Stimmen gebracht haben. Sie wird als einzige OB in NRW die Frauenkarte spielen, sie betont ihren Willen zum Erhalt des Grüngürtels, wohl wissend, dass die Ausbaupläne des 1.FC Köln zu massiven Abwanderungen der CDU-Wähler geführt haben (und wissend, dass Kossiski dafür ist). Man werde Klinken putzen bei den Menschen vor Ort, verlautet aus Rekers Team. In Lindenthal, in Ehrenfeld, in Porz und in der Innenstadt.

Kossiski kündigte an, bis zur Stichwahl werde er „jeden Tag rund um die Uhr kämpfen“. Schon am Montag habe man neue Großplakate aufgestellt. Ende der Woche will er in einem 100-Tage-Programm darlegen, was er als OB als Erstes angehen will.

Auch seine Streifengänge setzt Kossiski fort, will „mindestens neun“ absolvieren und mit möglichst vielen Menschen ins Gespräch kommen. Die Themen: Bildung, Bauen, Sicherheit, Klimaschutz, Mobilität.

Auf welche Hilfen setzen beide Seiten?

Reker hat sich ihre Unterstützer von CDU und Grünen an den Tisch geholt. Im Vergleich hat sie prozentual weniger Stimmen bekommen als beide Parteien bei der Ratswahl. „Ich kämpfe aber um jede Stimme“, sagt Reker. Sie sagt auch: „Wenn ich OB bleibe, hat Schwarz-Grün eine Mehrheit.“ Am Wahlabend hatte Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Lino Hammer gesagt, Reker sei für Teile der grünen Anhänger ein „schwarzes Tuch“. Doch das Reker-Lager sorgt sich eher um die Motivation der CDU-Wählerschaft. Die gelte es zu motivieren. Zudem sucht man die Nähe zu kleinen Gruppen wie Gut, Klima-Freunde und Volt. Die dürften dem grünen Lager näher stehen als der Sozialdemokratie.

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Kossiski betont, dass er mit allen demokratischen Parteien außer der AfD Gespräche „auf Augenhöhe“ führen will – „mit offenen Armen, mit offenem Meinungsaustausch“. Alle, die von Reker enttäuscht sind, will er hinter sich versammeln – er zielt auch auf CDU- und Grünen-Wähler.

Die Linke wäre nicht abgeneigt, sofern die SPD inhaltlich auf sie zugeht. Kein Tunnel unter dem Rhein auf der Ost-West-Achse, mehr Tempo beim Klimaschutz – „das wären Punkte, da wird es interessant“, meint Linken-Chef Hans Günter Bell. Die Entscheidung über eine Wahlempfehlung für Kossiski treffe eine Mitgliederversammlung am 22. September.

Wo könnten die Knackpunkte liegen?

Reker ging aus einer Position der Stärke in die Wahl. Sie wirkte am Wahlabend beeindruckt, nun wird es auch auf das Engagement ihrer Unterstützerparteien ankommen. Nur wenn die ihre Klientel motivieren, wird sich die Amtsinhaberin am Ende durchsetzen können. Kossiski muss einen gewaltigen Rückstand aufholen. Das kann nur gelingen, wenn er auch viele von Reker enttäuschte CDU- und Grünen-Wähler für sich gewinnt.

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