Die umstrittenen Worte des Bundeskanzlers zum Stadtbild sorgen auch in Köln für heftige Debatten. Während ein Bündnis zu einer Demo aufruft, verteidigt die CDU die Aussagen als notwendige Problemansprache.
Nach Merz-AussageSo reagiert Kölns Stadtpolitik auf die „Stadtbild“-Debatte

Im Internet zeigt sich Berivan Aymaz (Grüne, M.) im Protest-Post mit Nichte Zeria Delal Aymaz (l.) und Schwägerin Suna Aymaz (r.)
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Die bundesweite Debatte um die Äußerungen zu Migranten im Stadtbild von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sorgen auch in der Stadtpolitik für Wirbel. Für den Donnerstag hat ein Bündnis unter dem Motto „Wir sind die Töchter“ für 17 Uhr auf dem Alter Markt eine Demonstration aufgerufen. Die Organisatoren berufen sich ausdrücklich auf die Äußerungen von Merz. Die Organisatorin Lilith Rein wirft dem Kanzler vor, „rassistische Narrative“ zu bedienen und „rechte Hetze“ zu betreiben. Die Organisation Seebrücke hat für den Sonntag, 2. November, um 14 Uhr auf dem Rudolfplatz zu einer Demonstration unter dem Motto „Merz-Politik stoppen“ aufgerufen. Bereits am Dienstagabend hatten Demonstranten vor der Kölner CDU-Geschäftsstelle eine Mahnwache abgehalten.

Florian Braun, MdL CDU
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Der Vizevorsitzende der Kölner CDU, Florian Braun, verteidigt unterdessen die umstrittenen Worte von Merz: „Auch in Köln sorgen sich Menschen um unser Stadtbild“, erklärte er gegenüber der Rundschau. „Nicht zu Unrecht sei seit Anfang des Jahres ‚Verwahrlosung‘ in Köln ein traurig geflügeltes Wort für den Zustand mancher Ecken geworden, so Braun: ‚Und es braucht mehr Sicherheit im öffentlichen Raum, weil sich viele eben unsicher fühlen.‘“ Diesem Umstand müssten sich Politik, aber auch alle als Gesellschaft annehmen. „Um Dinge zum Besseren zu verändern, darf man Probleme nicht verschweigen“, betont Florian Braun: „Erst durch Dialog und Ansprache schaffen wir ein Umdenken beim Einzelnen.“
Fritz Schramma: Diskussion ist nicht verkehrt
Alt-Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) erklärte, dass er „die Diskussion nicht verkehrt“ finde: „Friedrich Merz hat aber leider manchmal eine provokante Form der Wortwahl.“ Inhaltlich habe der Kanzler recht, er hätte sich aber differenzierter ausdrücken können: „Es gibt Mängel an Sauberkeit und Sicherheit im Stadtbild, und es gibt Ängste. Die haben aber nicht alleine mit Migranten zu tun.“ Merz sei nun gut beraten, mehr Differenzierung in die Debatte zu bringen, um rechtsradikalen Kräften keinen Vorschub zu leisten.
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Friedrich Sonnenberg, am Wochenende neu gewählter Vorsitzender der Kölner CDU-Jugendorganisation Junge Union, bezeichnete die teilweise zugespitzten Reaktionen auf die Merz-Äußerungen in der Öffentlichkeit als „unverhältnismäßig“: „Der größte Teil der Menschen, ob mit oder ohne Migrationshintergrund, nimmt keinerlei Anstoß an seinen Aussagen. Ich würde mir aber eine noch klarere Ansprache der Probleme wünschen, anstatt dass andere die Erklärung für ihn übernehmen sollen.“ Selbst SPD und Grüne hätten im jüngsten Kommunalwahlkampf die Verwahrlosung des Stadtbildes zurecht zum Hauptthema gemacht.
SPD: Merz spaltet, statt zu führen
Die Kölner SPD wirbt in sozialen Netzwerken mit dem Spruch „Friedrich Merz spaltet statt zu führen.“ Die Kölner SPD-Bundestagsabgeordnete Sanae Abdi wirft Merz vor, über ein verändertes Stadtbild zu sprechen, aber das „falsche Problem“ zu benennen. Vielmehr hätten die Städte ein soziales Problem, so Abdi: „Zu wenig bezahlbarer Wohnraum, Armut, Obdachlosigkeit und fehlende soziale Infrastruktur.“ In Köln sehe man Menschen ihre Herkunft oder Staatsbürgerschaft nicht an – und das sei auch gut so. „Wir brauchen Klarheit in der Debatte und Lösungen, die auf Zusammenhalt statt Spaltung setzen“, betont die SPD-Politikerin.
„Unser Stadtbild wird durch die Menschen mit unterschiedlichen Zuwanderungsgeschichten bereichert“, sagte Christian Joisten, Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion: „Die große Mehrheit von ihnen lebt seit Jahrzehnten friedlich in Deutschland und hält sich an Regeln und Gesetze.“ Wenn sich junge Frauen unsicher fühlen würden, liege das an Männern, die sich nicht angemessen verhalten — egal ob ohne oder mit Migrationsgeschichte: „Wenn es zu Beeinträchtigungen im öffentlichen Raum kommt, etwa durch Drogenkonsum oder Obdachlosigkeit, braucht es gezielte Maßnahmen für Sicherheit und Ordnung. In Köln werden wir diese Hausaufgaben zusammen mit unserem Oberbürgermeister Torsten Burmester ab sofort mit voller Kraft angehen.“
Die Landtagsabgeordnete und ehemalige Oberbürgermeister-Kandidatin Berivan Aymaz (Grüne) zeigte sich in sozialen Netzwerken mit Verwandten und schrieb: „Unsere Vielfalt ist kein Problem.“ Wenn ein Bundeskanzler davon spreche, Migration sei ein Problem im Stadtbild, dann sage er damit mehr über sein Gesellschaftsbild als über die Realität in unseren Städten aus.