Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Tausende BetroffeneKölner Augenarzt kämpft auf dem Wacken-Festival um Hornhautspenden

4 min
Die „Stiftung Auge“ will durch einen Stand und zwei große Kampagnen auf dem Wacken auf Vorsorgeuntersuchungen und den Organspendeausweis aufmerksam machen.

Die „Stiftung Auge“ will durch einen Stand und zwei große Kampagnen auf dem Wacken auf Vorsorgeuntersuchungen und den Organspendeausweis aufmerksam machen. (Symbolbild)

Auf dem Wacken-Festival wird über dringend benötigte Gewebespenden informiert – damit Betroffene wieder sehen können.

Wo über 80.000 Menschen im Matsch und dröhnenden Takt feiern, sind ein Kölner Arzt und sein Team in einer ernsten Mission unterwegs. Eigentlich ist der OP-Tisch das Gebiet von Professor Claus Cursiefen, Direktor des Zentrums für Augenheilkunde an der Uniklinik Köln. Doch für das Wohl von tausenden Patientinnen und Patienten tauscht er den weißen Kittel gegen Gummistiefel: Es geht auf das Metal-Festival Wacken. 

An einem Stand informiert die „Stiftung Auge“ der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) unter anderem über die Spende von Hornhaut. Rund 5000 Personen in Deutschland stehen laut Cursiefen, dem Generalsekretär der DOG, aktuell auf der Warteliste für dieses kleine Stück Gewebe, sozusagen die „Windschutzscheibe“ des Auges. „Mit der Hornhautspende kann man Menschen wieder zum Sehen bringen“, erklärt der Chirurg, der unter den führenden europäischen Experten für die Transplantation dieses Gewebes im vorderen Teil des Auges ist.

Spenden kommen in der Augenheilkunde häufig vor

 „Das Festival ist eine gute Gelegenheit, eine große Zahl von diversen Menschen zu erreichen, die schon ein bisschen älter sind und gerade Zeit haben“, erkärt Cursiefen. „Wir wollen sie für zwei Dinge motivieren: Erstens dafür, dass sie Vorsorge betreiben, denn das macht ab 50 Sinn. Und zum anderen wollen wir für das Thema Gewebespende sensibilisieren.“ Die neuen, großangelegten Kampagnen „Besser mal zum Augenarzt – Vorsorge hilft!“ und „#SpendeAmEnde“ laufen parallel auf dem Festival und in den umliegenden Städten in Norddeutschland, um das Aufklärungsangebot zu ergänzen.

Alles zum Thema Universitätsklinikum Köln

Die „Stiftung Auge“ stellt unterstützt vom Berufsverband der Augenärzte Deutschland (BVA ihre Kooperation mit der Wacken Foundation vor: Daniel Pleger  (v.l.), Holger Hübner (Wacken Foundation) und Prof. Dr. Claus Cursiefen von der DOG.

Die „Stiftung Auge“ stellt unterstützt vom Berufsverband der Augenärzte Deutschland (BVA ihre Kooperation mit der Wacken Foundation vor: Daniel Pleger  (v.l.), Holger Hübner (Wacken Foundation) und Prof. Dr. Claus Cursiefen von der DOG.

Ins Leben gerufen wurde die ungewöhnliche Werbeaktion durch eine Kooperation zwischen der „Stiftung Auge“ der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) und der Wacken Foundation. Jemand aus dem DOG-Vorstand kannte den Mitgründer von Wacken, Holger Hübner, noch aus den gemeinsamen Kindheitstagen, wie Cursiefen erklärt. Aus dieser Verbindung entstand der Plan, für die Augenheilkunde gemeinsame Sachen zu machen.

Auf dem Wacken-Festival finden Gäste auch die „Foundation-Area“, in der Stiftungen und Organisationen mit ihren Ständen die Gelegenheit nutzen können, um über ihre Anliegen aufzuklären. Über das ganze Festival von Donnerstag bis Samstag ist in diesem Jahr nun die „Stiftung Auge“ zu finden. Ihr Anliegen hat laut Cursiefen besondere Aufmerksamkeit verdient.

„In der Augenheilkunde kommen Spenden sehr häufig vor und das weiß man oft gar nicht.“ Und das, obwohl viele Menschen darauf angewiesen sind: „Allein in Deutschland werden jährlich ungefähr 10.000 Hornhäute transplantiert. Das ist mehr als die Menge von vielen anderen Organtransplantationen zusammen. Wir brauchen deutlich mehr Hornhautspenden als andere Organspenden.“

Krankheiten im Alter als Auslöser

Die betroffenen Personen leiden an einer Eintrübung der Hornhaut, die zu einer unscharfen Sicht oder zur Erblindung führen kann. Besonders oft sei die angeborene Krankheit Fuchs-Dystrophie der Grund, erklärt Cursiefen. Das zweithäufigste seien wahrscheinlich Infektionserkrankungen wie Herpes, dann folgen Verletzungen. 

Der Großteil der Personen, die eine Hornhautspende brauchen, sei über 60 Jahre alt. „Es gibt auch eine kleine Gruppe an Kindern und Jugendlichen und eine Welle an mittelalten Menschen, die eine Hornhautspende brauchen.“ Zukünftig könne die Nachfrage nach Hornhautspenden laut dem Arzt weiter steigen: „Die Gesellschaft wird nicht jünger und viele Krankheiten im Alter führen zu einer Eintrübung der Hornhaut. Das kann man sehr gut behandeln, wenn man das Spendergewebe zur Verfügung hat.“

Hornhautspende kann im Organspendeausweis vermerkt werden

Doch gerade das sei ein Problem: „Das Auge ist für viele ein sensibles Thema.“ Viele befürchten offenbar, der Leichnam ihrer Angehörigen könne durch die Spendenentnahme entstellt werden. Diese Menschen möchte Cursiefen beruhigen: „Wenn man einen Teil des Auges oder das ganze Auge für diese Spende entnimmt, kann der Laie das danach nicht an dem Verstorbenen erkennen, wenn er ihn nochmal sieht.“

Und ein weiterer Fakt könne dabei helfen, Hemmungen gegenüber dieser Art der Gewebespende abzubauen. „Bei der Hornhautspende gibt es nicht die Hirntodproblematik, wie das bei Organspenden der Fall ist. Sie muss nicht wie eine Niere bei der Entnahme noch durchblutet sein. Deshalb kann man sie noch drei Tage nach dem Tod entnehmen.“

Bestenfalls solle diese Entscheidung aber nicht bei den Angehörigen liegen. Das Team wirbt deshalb für den Organspendeausweis oder die Online-Registrierung als Spender. „Die Hauptsache ist, dass man sich auf irgendwas festlegt – auch wenn man Nein sagt oder nur bestimmte Dinge spenden will.“

Um unter anderem diese Information zu verbreiten, traf Cursiefen am Donnerstag für einen Tag auf dem Festival ein, bevor er für die Behandlung seiner Patientinnen und Patienten wieder nach Köln muss. Gemeinsam will das Team Großes bewirken. „Der Stand trifft auf positive Resonanz. Ich glaube, dass wir eine Menge Leute erreichen werden.“