Flutkatastrophe in NRWHelfer sind am Rande der Erschöpfung angelangt

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soldaten der Bundeswehr helfen

Soldaten der Bundeswehr helfen bei den Aufräumarbeiten der schweren Unwetterschäden im Ortsteil Hohenlimburg. 

Köln – Die Einsatzkräfte kämpfen in 24-Stunden-Schichten gegen die Fluten an. Die meisten sind am Rande der Erschöpfung. Aus verschiedenen Bundesländern sind Helfer eingetroffen, aus Baden-Württemberg, Niedersachsen, Thüringen, ganz Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Willkommene Unterstützung für die Frauen und Männer vor Ort, die auf einen derartigen Einsatz kaum vorbereitet waren. Selbst für erfahrene Einsatzkräfte ein Abnutzungskampf, eine enorme physische wie psychische Belastung. Wobei die Helfer immer wieder selbst in Not geraten, um Menschen aus zerstörten oder einsturzgefährdeten Häusern zu retten.

Wie gut ist Deutschland darauf vorbereitet?

Was in den Überflutungsgebieten in NRW und Rheinland-Pfalz derzeit geschieht, geht auch den Helfern – freiwilligen wie professionellen – an die Substanz. Aber wie wird ein solcher Einsatz koordiniert – und ist Deutschland auf solche Großlagen vorbereitet?

Mit schwerem Gerät ist auch die Bundeswehr in den betroffenen Gebieten im Einsatz.

Mit schwerem Gerät ist auch die Bundeswehr in den betroffenen Gebieten im Einsatz.

Ein Großteil der Aufgaben des Katastrophenschutzes fällt in die Kompetenz der Länder. Sie übertragen Aufgaben an die Kommunen. Es gibt drei Ebenen: Die Basis bilden die Gemeinden, die kreisfreien Städte und die Landkreise, die operativ verantwortlich sind. Dort angesiedelte Leitstellen koordinieren die Einsätze. Für die Durchführung bedienen sich die Kommunen meist der Freiwilligen Feuerwehren und der privaten Hilfsorganisationen. Mehr als 800 ehrenamtliche Helfer allein der (DLRG) sind in den Hochwassergebieten im Einsatz.

Alles zum Thema Technisches Hilfswerk

Das Technische Hilfswerk (THW) des Bundes unterstützt die Länder und Kommunen im Rahmen der Amts- und Katastrophenhilfe. Übergeordnet tragen die Bundesländer die gesetzliche Verantwortung für den Katastrophenschutz und den Rettungsdienst. Die oberste Ebene bildet schließlich der Bund: Das Gesetz über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe bildet den gesetzlichen Rahmen für die Unterstützung der Länder im Katastrophenfall.

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Auch die Bundeswehr unterstützt die Helfer. Zum Einsatz kommen Hubschrauber, Räumpanzer, Krankenwagen, Boote, Truppentransport-Panzer und eine Fähre. In Nordrhein-Westfalen sind nach Angaben des Landeskommandos allein 645 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz. In Stolberg sind Räumpanzer und ein Rettungshubschrauber im Einsatz. Panzer helfen beim Freiräumen von Straßen, in Euskirchen und Mechernich wurden Notunterkünfte bereitgestellt. In der besonders betroffen Region Ahrweiler wurden Menschen per Hubschrauber von Hausdächern gerettet, an der Mosel hilft das Heer beim Errichten von Hochwasserschilden.

DRK-Präsidentin fordert Reservelager für Notfälle

DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt sieht das Land trotz aller Anstrengungen allerdings nur bedingt gerüstet für derartige Notfälle: Sie geht von einer Zunahme derartiger Wetterereignisse aus. „Wir müssen uns in ganz Deutschland künftig besser auf solche Katastrophen vorbereiten.“

Taucher aus Köln

In Köln sind die Taucher der Berufsfeuerwehr – Strömungsretter genannt – auf der zentralen Rettungswache stationiert. Die Frauen und Männer haben eine normale Feuerwehr-Ausbildung, müssen aber spezielle Kurse absolvieren, um als Taucher eingesetzt werden zu können. Diese Kurse sind Voraussetzung für die Luftrettung.

Werden sie von außen angefordert, wird die Rettungskette an die jeweiligen Verhältnisse angepasst. Als die Kölner Retter am Donnerstag nach Erftstadt-Bliesheim ausrückten, um dort von den Wassermassen eingeschlossene Menschen zu bergen (darunter zwei Männer der örtlichen Feuerwehr, die bei Rettungsaktionen selbst in Not gerieten), kam der Hubschrauber Christoph Rheinland zum Einsatz. Von dort wurden die Menschen per Winde hereingeholt. Katastrophenfälle sind aber auch bei ihnen die Ausnahme: Sie haben es in der Regel mit Personen im Rhein oder Baggerseen zu tun. (two)

Konkret forderte Hasselfeldt die Bereithaltung von ausreichend Notunterkünften, Zelten, Decken, Feldbetten, Trinkwasser, sanitären Anlagen und Essen für solche Fälle sowie die Gewährleistung von gesundheitlicher Versorgung. „Wir brauchen deshalb für große Krisenfälle eine Bundesvorhaltung, wie wir sie ähnlich bereits in den Zeiten des Kalten Krieges bis in die 90er Jahre hinein hatten.“ Dabei gehe es nicht nur um einen besseren Bevölkerungsschutz bei Unwetterkatastrophen, sondern auch bei Erdbeben, Waldbränden, Cyberangriffen auf die Trinkwasser- oder Stromversorgung oder bei Pandemien wie Covid-19.

Neue Logistik- und Versorgungszentren

Das Deutsche Rote Kreuz habe mit anderen anerkannten Hilfsorganisationen schon vor längerem bundesweit zehn Reservelager für die Versorgung der Bevölkerung vorgeschlagen. Der Bund habe mit der Finanzierung von zwei dieser Versorgungszentren bereits „einen Anfang“ gemacht, sagte Hasselfeldt. „Jetzt sollte rasch das komplette Konzept mit zehn Logistikzentren umgesetzt werden“, forderte sie. Dabei gehe es nicht nur um einen besseren Bevölkerungsschutz bei Unwetterkatastrophen, sondern auch bei Erdbeben, Waldbränden, Cyberangriffen auf die Trinkwasser- oder Stromversorgung oder bei Pandemien wie Covid-19.

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