Kommt jetzt 2G?Welche Corona-Regeln künftig in NRW gelten könnten
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Der Druck auf Impfverweigerer nimmt zu.
Immer mehr Akteure befürworten Einschränkungen für Ungeimpfte. Doch noch zögert die Landesregierung.
Der Bund denkt derweil über die Rückkehr zu kostenlosen Schnelltests nach.
Sachsen, Bayern, bald auch Berlin verschärfen die Corona-Regeln für Ungeimpfte. Österreich hat 2G – Zutritt zum Beispiel zu Restaurants, Hotels, Friseuren nur für Geimpfte und Genesene – eingeführt und wird mit einer steigenden Nachfrage nach Impfungen belohnt. Und was macht NRW? Die Landesregierung gerät unter Druck, weil sowohl Politiker als auch Mediziner zunehmend lauter 2G fordern.
Welchen Standpunkt vertritt die Landesregierung?
Sie zögert. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sagte auf die Frage, ob es einen Lockdown für Ungeimpfte geben sollte, der „Bild am Sonntag“, dass viele private Veranstalter, Gastronomen und Fußballvereine heute schon auf 2G setzten. Er sei „fest davon überzeugt“, dass man immer noch viele Menschen mit Werben, Erklären, Vernunft und Argumenten fürs Impfen erreichen könne. Zum Start in den Karneval am 11.11. erlaubt NRW den Kommunen 2G.
Was fordert die Opposition aus SPD und Grünen?
Die SPD legte einen „Zehn-Punkte-Plan“ vor. Punkt eins: „Die Einführung einer konsequenten 2G-Regel für Gastronomie, Events und Veranstaltungen.“ Darüber hinaus fordern die Sozialdemokraten unter anderem die Wiedereinführung der Maskenpflicht im Schulunterricht, eine Testpflicht für Pflegeheime, leicht erreichbare Impf-Angebote und die „konsequente Prüfung von 3G am Arbeitsplatz“. „Es reicht nicht, nur auf Berlin zu verweisen. Die Landesregierung muss jetzt handeln“, so NRW-SPD-Chef Thomas Kutschaty.
Mona Neubaur, NRW-Vorsitzende der Grünen, fordert ebenfalls eine 2G-Regel. Sie sagte unserer Redaktion: „Ministerpräsident Wüst muss jetzt die Möglichkeiten nutzen, die ihm zur Verfügung stehen, und die Maßnahmen zum Schutz aller anpassen. Weiter abzuwarten und die Hände in den Schoß zu legen wäre definitiv der falsche Weg.“
Was sagen die Mediziner in NRW?
„Dort, wo Menschen sich nicht unbedingt aufhalten müssen, sollte 2G eingeführt werden“, meint Dr. Johannes Albert Gehle, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, und nennt als Beispiele Fußballstadien, Festivals und andere Freizeit-Veranstaltungen. Im Nahverkehr solle man über 2G nachdenken, das Problem in Bussen und Bahnen sei aber die Kontrollierbarkeit. Ebenfalls wünschenswert aus Gehles Sicht: Statt OP-Masken zu erlauben, sollten, wie jetzt in Bayern, vielerorts die FFP2-Masken zur Pflicht werden.
Auch Prof. Jochen A. Werner, Direktor der Uni-Medizin Essen, fordert strengere Regeln. „Wir waren bislang sehr tolerant, aber jetzt hat sich die Corona-Lage durch die besonders infektiöse Delta-Variante weiter verschärft“, sagt er unserer Redaktion. Zum Schutz von Patienten und Mitarbeitenden arbeite die Uniklinik Essen „umsichtig daran, bei bestimmten Berufsgruppen und in bestimmten Klinik-Bereichen nur noch 2G-Personal zum Einsatz kommen zu lassen.“ Werner sieht die Politik gefordert, 2G-Vorgaben mindestens für die besonders vulnerablen Bereiche im Krankenhaus auszusprechen, etwa über das Infektionsschutzgesetz. So erhalte man die Möglichkeit, „den Impfstatus unserer Mitarbeitenden abzufragen“.
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Wie positionieren sich die Kliniken im Land?
Jochen Brink, Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW, belässt es bei einem dringenden Appell: „Lassen Sie sich bitte impfen, und halten Sie sich unbedingt an die Hygieneregeln.“ Die Kliniken behandelten seit Wochen vor allem Covid-19-Infektionen von Menschen, die sich gegen eine Impfung entschieden hätten und dies nun teuer bezahlten. Brink: „Bei weiter steigenden Zahlen in den Kliniken besteht die Gefahr, dass es zu einer versorgungsrelevanten Verknappung der intensivmedizinischen Kapazitäten kommt.“
Würde die 2G-Regel die Impfbereitschaft erhöhen?
Der Angstforscher Prof. Jürgen Margraf ist sicher: „2G kann die Bereitschaft zur Impfung fördern.“ Bei hartnäckigen Impfverweigerern werde 2G aber eher das Gegenteil bewirken. Verbote vergrößerten bei solchen Menschen Trotz und Widerstand. Aber auch Geimpfte wollten ihre Freiheiten wieder bekommen, gibt Margraf zu bedenken. „Deshalb muss es die 2G-Regel geben.“