Test-Chaos an GrundschulenZweifel an Lolli-Tests wachsen – Streit im Landtag

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Gebauer im Landtag

Unangenehme Fragen gab es gestern an Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP). 

Düsseldorf – Der Streit um das Test-Chaos an Grundschulen erreichte am Freitag im NRW-Landtag einen neuen Höhepunkt.

Was wirft die Opposition der Schulministerin vor?

Der wegen überlasteter Labore angeordnete Stopp der Auswertung von Rückstellproben im Rahmen von PCR-Lolli-Pooltests für Grundschüler ist nach Ansicht von Jochen Ott (SPD) ein „Super-Gau“. Er hält NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) vor, sie habe schon Tage vorher gewusst, dass die Test-Kapazitäten „in die Knie gehen“ und dennoch Schulen und Familien kurzfristig über neue Test-Regeln informiert, die Stunden später schon galten und die dazu führten, dass infizierte Kinder für einen Schnelltest in die Schule müssen.

Sigrid Beer (Grüne) verlangte mehr Möglichkeiten für die Schulen, selbst zu entscheiden, welche Maßnahmen zum Schutz der Kinder angemessen seien. Wechsel- und Distanzunterricht und eine Reduzierung der Stundentafel dürften keine Tabus sein.

Wie wehrt sich die Ministerin?

Sie hält sich zugute, dass das flächendeckende Lolli-Test-Verfahren an Grundschulen eine NRW-Erfindung sei, die Grundschüler in der gefährlichen Delta-Welle gut geschützt habe. Auch die Schüler an weiterführenden Schulen seien durch drei Schnelltests in der Woche gut abgesichert. Die Lolli-Tests seien bedauerlicherweise von zwei Seiten „in die Zange genommen“ worden: Durch die steigenden Infektionszahlen und durch die Priorisierung der PCR-Tests, die Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angestoßen habe, ohne die Schulkinder zu den bevorzugten Gruppen zu zählen.

Die Kurz-vor-Knapp-Information für Schulen und Eltern über die neuen Test-Regeln von Dienstag, 22.14 Uhr, auf Mittwoch sei vorher nicht möglich gewesen, behauptete Gebauer und drückte ihr Bedauern aus.

Sind die Lolli-Tests noch sinnvoll?

Kritik an dem geänderten Testverfahren übt der Essener Chefvirologe Prof. Ulf Dittmer. „Dieses Vorgehen stürzt die Schulen jetzt in die absolute Katastrophe“, sagte der Direktor des Instituts für Virologie an der Uniklinik Essen dieser Redaktion. „Es ist tatsächlich die pure Notlage, die irgendeine Idee hervorgebracht hat und meiner Ansicht nach niemals funktionieren wird und Schulen und Kitas in noch größere Schwierigkeiten bringen wird“, sagte Dittmer zu dem Verfahren, positive Pooltests durch anschließende Schnelltests in den Schulen zu überprüfen. Wie sollten Schulen vorgehen, wenn die Schnelltests dann kein positives Ergebnis zeigen?

Dittmer fordert eine andere Teststrategie. Die üblichen PCR-Pooltests seien bei einer hohen Anzahl von Proben nicht mehr zuverlässig. Dittmer: „Wenn man zu viele Proben in eine PCR steckt, kann manchmal ein falsch-positives Ergebnis herauskommen.“ Daher sei aus seiner Sicht in dieser Welle mit der hohen Zahl an Infektionen der PCR-Pooltest „überhaupt nicht mehr einsetzbar. Er funktioniert nicht mehr. Der Pool-Test ist darauf ausgerichtet, dass in einer Gruppe wenig Infektionen sind“, erklärt der Virologe. „Das heißt, man sollte unbedingt zu einer reinen Antigen-Schnelltest-Strategie in den Schulen zurückkehren.“

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SPD-Schulexperte Jochen Ott schlug vor, die Corona-Nachtests für Grundschüler zu Hause durchzuführen, wenn nicht neue Labor-Kapazitäten geschaffen werden könnten. Testen am Morgen in der Schule sei „ein bisschen wie Roulette-Spiel“.

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