NRW-Minister im InterviewAndreas Pinkwart über den Strukturwandel und Braunkohle

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Pinkwarth

Will einen Braunkohleausstieg mit Vorlauf: NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart.

Andreas Pinkwart strebt an, dass NRW beim Wirtschaftswachstum mindestens zum Bundesdurchschnitt aufschließt. Mit dem Landesminister für Wirtschaft, Energie, Digitales und Innovation sprachen Sylvia Binner, Bernd Eyermann, Florian Ludwig, Helge Matthiesen und Marcel Wolber.

NRW liegt oft wirtschaftlich unter dem Bundesschnitt. Wann können Sie sagen: Unsere Wirtschaftspolitik ist erfolgreich?

Wenn die Unternehmen in Nordrhein-Westfalen mehr forschen und entwickeln, wir die Chancen der Digitalisierung ergreifen und uns durch Innovationen zum modernsten Industriestandort in Europa weiterentwickeln.

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Gilt noch das Ziel, Bayern an der Spitze der wirtschaftlichen Entwicklung abzulösen?

Wir müssen zum Bundeswachstum mindestens aufschließen. In den vergangenen sieben Jahren ist Nordrhein-Westfalen jährlich 0,5 Prozentpunkte langsamer gewachsen als der Durchschnitt der Länder. Hätten wir mit dem Bund mitgehalten, gebe es 160 000 Arbeitslose weniger im Land als heute. Wenn unsere Wirtschaft sich so entwickelt hätte wie in Bayern oder Baden-Württemberg, wären es sogar 350 000 bis 400 000 Arbeitslose weniger.

Ein Vorwurf an SPD und Grüne?

Wir hatten in den vergangenen Jahren einen sehr starken Konflikt zwischen Wirtschaft und Umwelt innerhalb der Landesregierung. Mein Vorgänger hat sich sehr bemüht, konnte sich aber vielfach im Kabinett nicht durchsetzen.

Sie sind auch Klimaschutzminister. Warum steigt NRW nicht schneller als 2040 aus der Braunkohle aus?

Selbst die Schweden steigen doch nicht gleichzeitig aus der Kohleverstromung und der Kernenergie aus. Es gibt kein Industrieland der Welt, das nur auf Erneuerbare setzt.

Aber es wäre doch mal eine Innovation, zu sagen, wir machen den Anfang.

Das geht aber noch nicht, wenn wir die Stromversorgung für alle Bürger und Betriebe jederzeit sicherstellen wollen. Es fehlen stabile Netze im Norden, es fehlen Speicher, und zudem wollen wir auch noch Strom nach Belgien liefern, damit die dort endlich ihre unsicheren Kernkraftblöcke abschalten. Außerdem geht es um 30 000 Arbeitnehmer, die unmittelbar betroffen wären. Wer Kraftwerke schließt, kann auch gleich den Tagebau zumachen.

Wie lange müsste ein verantwortungsvoller Vorlauf dauern?

Wir schließen in diesem Jahr die letzten beiden Steinkohlezechen. Die Entscheidung, raus aus der Steinkohle, haben wir 2007 getroffen. Das heißt: Wir haben den Menschen und den Regionen faire Anpassungschancen gegeben. Nehmen Sie auch das Beispiel Bonn: Was wäre passiert, wenn der Bundestag und die ganze Regierung zwei Jahre nach der Umzugsentscheidung nach Berlin gezogen wären? Das wäre ein Desaster geworden. Stattdessen begann der Umzug erst acht Jahre später und parallel wurde der Ausgleich des Bundes wirksam. Unter dem Strich hat die Region nur gewonnen.

Was heißt das für die Braunkohle?

Den Strukturwandel klug zu entwickeln. Auch wenn man dynamisch sein will, braucht man Planungssicherheit. Wir wollen, wie Rot-Grün dies mit der Leitentscheidung 2016 vorgesehen hat, langfristig aus der Braunkohle raus, aber mit Sinn und Verstand.

Das Zwei-Grad-Ziel wird damit aber nicht einzuhalten sein.

Wir müssen den Klimaschutz so organisieren, dass wir die Menschen mitnehmen. Die Frage muss doch sein: Geht es nur um Verzicht oder kann es über Innovation bessere Lösungen zum Schutz des Klimas geben?

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