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„Pastorale Schwerpunkte“Erzbistum will seine Arbeit konzentrieren – Hochschule erhält mehr Geld

7 min
Zahlreiche gestliche und Seelsorger nahmen and er Oelsegnng teil, vor der eigentlichen Segnung wurde gemeinsam um die Vergebung der Sünden gebeten . Der Chir sang.

Rainer Maria Kardinal Woelki ist Erzbischof von Köln.

Es soll darum gehen, „was wirklich wichtig ist, was zukünftig getan und gelassen werden soll, wenn Kräfte und Mittel nicht mehr für alles ausreichen“: Das Erzbistum Köln hat seine künftigen „Pastoralen Schwerpunkte“ vorgestellt und damit auch Kriterien dafür, wofür es künftig Personal und Geldmittel zur Verfügung stellen will.

Trotz stagnierender Kirchensteuereinnahmen will das Erzbistum Köln intensiv in Aufgabengebiete wie Bildung und Wissenschaft, aber auch in die palliative Versorgung und Begleitung schwerkranker Menschen investieren. Das Erzbistum stellte am Freitag insgesamt fünf pastorale Schwerpunkte vor, die künftig im Zentrum der Arbeit stehen sollen. Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki nannte eine einladende, dienende und missionarische Kirche als Ziel - „für alle Menschen“. Die katholische Kirche müsse „konsequent missionarisch dienen und handeln“. Unter anderem soll die Unterstützung der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT(), für die das Erzbistum derzeit 2,2 Millionen Euro pro Jahr aufwendet, auf bis zu 3,7 Millionen erhöht werden.

Woelki: Sparen ist nicht der wesentliche Antrieb der Entscheidungen

Angesichts des Mangels an Priestern an anderen Mitarbeitenden in der Seelsorge sowie einer ohne Reformen drohenden Deckungslücke von 100 Millionen Euro jährlich sagte Woelki der Rundschau zudem: „Wir müssen sparen, aber Sparen ist nicht der wesentliche Antrieb unserer Entscheidungen – ebenso wenig wie die personelle Knappheit. Auch wenn Seelsorgerinnen und Seelsorger wie Manna vom Himmel fallen würden oder der Heilige Nikolaus uns Säcke voller Gold vorbeibrächte, müssen wir uns immer wieder fragen: Wie können wir mehr Menschen für die Botschaft des Evangeliums gewinnen? Wie sorgen wir für neue Aufbrüche und wie nutzen unsere Möglichkeiten dabei wirksam?“

Als Pastorale Schwerpunkte definiert das Erzbistum künftig die caritative Arbeit, die Jugend-, Ehe- und Familienpastoral, die Bildungsarbeit von der Kita bis zur Hochschule, die Qualifizierung und Begleitung ehren- wie hauptamtlicher Mitarbeitender und das Engagement für die Weltkirche und für Katholiken anderer Muttersprachen in Deutschland. Auch hier soll es keine pauschale, sondern eine gezielte Förderung geben. „Wir müssen uns nicht nur fragen, was wir in Zukunft tun, sondern auch, was wir in Zukunft lassen wollen“, sagte Woelki dazu der Rundschau. Als ein wichtiges Kriterium nannte der Kardinal das „Proprium“, also das Eigentümliche der Kirche:. „Wir wollen uns auf das konzentrieren, was nur wir so nur als Kirche tun können.“ So will das Erzbistum einen Schwerpunkt bei der palliativen Begleitung von Schwerkranken und Sterbend setzen. Woelki: „Wir gehen dahin, wo es auf Leben und Tod geht. Da kann Kirche wirklich dienen und den Menschen nahe sein.“ 

Welche konkreten Tätigkeiten künftig in welchem Umfang finanziert werden sollen und welche Fördermittel künftig entfallen sollen, teilte das Erzbistum nicht mit. „Wir gestalten heute, damit wir auch in Zukunft arbeitsfähig sind“, sagte Generalvikar Guido Assmann.

Steuerung durch Erzbischöfliche Beratungskonferenz

Hintergrund des neuen Konzepts ist ein seit anderthalb Jahren laufender Prozess, in dessen Zuge auch zahlreiche Arbeitsfelder des Erzbistums – gegliedert in 17 Funktionsbereiche – evaluiert wurden. Allein sieben Funktionsbereiche sind dem für das Erzbistum zentralen Schwerpunkt Bildung und Wissenschaft zuzurechnen, darunter neben den Schulen und Kultureinrichtungen die Priester- und Diakonenausbildung und die Kölner Hochschule für Katholische Theologie. Der Prozess wurde nach Angaben der Diözese von der Erzbischöflichen Beratungskonferenz gesteuert, die aus Woelki und seinen Weihbischöfen sowie führenden Amtsträgern des Erzbistums besteht – weitere Teilnehmende können eingeladen werden. Das Erzbistum legt Wert auf die Aussage, dass die Konsultationen als synodaler Prozess angelegt worden seien. Zu „ausgewählten Fragestellungen“ habe man auch weitere Gremien wie Priesterrat, die Konferenz der leitenden Pfarrer und den Diözesanpastoralrat eingebunden. Bistumssprecher Wolfram Eberhardt: „Die Gremien Diözesanpastoralrat und Diözesankonferenz der Pfarrer wurden einmal offen zu allen Funktionsbereichen befragt und einmal zu ausgewählten Funktionsbereichen entsprechend ihrer Schwerpunkte.“

Unabhängig davon hatte das Erzbistum bereits seit 2019 an einem „Wirtschaftlichen Rahmenplan“ gearbeitet. Bei der Vorstellung des Haushalts 2025 hatte Finanzchef Gordon Sobbeck bereits den Stand der Dinge dargelegt: Für das Jahr 2025 werden beispielsweise Einnahmen von 945 Millionen Euro erwartet, davon 665 Millionen aus der Kirchensteuer. Bei Ausgaben von 955 Millionen Euro ergibt sich bereits für 2025 ein Defizit von zehn Millionen Euro. Während die Einnahmen allenfalls noch leicht steigen werden, würden die Ausgaben in den nächsten fünf Jahren auf deutlich über eine Milliarde Euro steigen, wenn nicht gegengesteuert würde. Hintergrund sind steigende Personalkosten und Baulasten sowie die allgemeine Kostenentwicklung. „Seit Corona haben wir 20 Prozent an Kaufkraft eingebüßt", sagte Sobbeck jetzt der Rundschau. Schon 2024 hatte er angekündigt, dass er keinesfalls ein Defizit abwarten, sondern vorausschauend agieren werde. Nun betonte er: „Der Wirtschaftliche Rahmenplan versetzt das Erzbistum Köln frühzeitig in die Lage, auf die wirtschaftlichen Veränderungen zu antworten und erforderliche Anpassungsmaßnahmen der Schließung der drohenden Lücke von bis zu 100 Millionen Euro schrittweise zu erreichen.“ 

Es könnte zukünftig auch weiße Flecken geben

Das Erzbistum will eine Situation vermeiden, in der die Ausgaben für alle Bereiche pauschal im gleichen Ausmaß gekürzt werden müssen, und statt dessen Schwerpunkte der künftigen Arbeit setzen. Die wirtschaftlichen Konsequenzen daraus würden „mittels geeigneter Maßnahmen in den Wirtschaftlichen Rahmenplan übersetzt“, sagte Sobbeck jetzt.

Vor Ort will die katholische Kirche im Erzbistum Köln „Orte der Vertrautheit mit Gott – Orte der Freundschaft“ schaffen. Auf die Frage zur Zukunft der Pfarreien antwortete Woelki der Rundschau: „Die Pfarrei als territoriale Einheit bleiben erhalten. Und ja, es mag zukünftig auch weiße Flecken geben, wo vielleicht keine Katholiken mehr wohnen oder sich in einer Gemeinde kein geistliches Leben entfaltet. Dann müssen uns überlegen, ob es nicht sinnvoll sein kann, wie in der alten Kirche an weniger Orten zusammenzukommen, wo sich dann aber statt 20 oder 30 Menschen vielleicht 150 oder 200 zur Eucharistiefeier treffen. Das könnte eine viel tiefere geistliche Erfahrung für alle bedeuten."

Amtsleiter Frank Hüppelshäuser betonte zudem, dass Einsparungen nicht zwingend reduzierte Leistungen bedeuten müssten. So stelle man Verwaltungsstrukturen auf den Prüfstand – und habe schon 2023 bei der Reorganisation des Generalvikariats zwei Führungsebenen gestrichen.

Was das Erzbistum bei der Bildung plant

Eine Entlastung um 29 Millionen Euro im Jahr erwartet das Erzbistum dadurch, dass die katholischen Kitas künftig in Zusammenarbeit mit dem freien Träger Fröbel durch eine neue Servicegesellschaft „Katholino“ betreut werden sollen. So könne man alle 32.000 Plätze in 525 Kitas erhalten – sonst hätte man nach Angaben der Diözese 53 Kitas schließen müssen. Das Kita-Angebot soll also stabil bleiben, auch wenn die Zahl der katholisch getauften Kinder voraussichtlich weiter sinken wird. In den 29 Millionen Euro, die das Erzbistum spart, stecken allerdings auch fünf Millionen Euro Überschuss, die bisher von Pfarrgemeinden erwirtschaftet wurden: Die  hatten ihre Kitas über Zweckverbände zusammengeschlossen und damit bereits Verwaltungskosten gespart. Dieser Effizienzgewinn kommt den Gemeinden nicht mehr zugute.

Neben den Kitas betreibt das Erzbistum 33 Schulen mit mehr als 24.000 Schülerinnen und Schülern, mit anderen Bistümern zusammen die auf soziale Berufe spezialisierte Katholische Hochschule NRW - und in eigener Trägerschaft die Katholische Hochschule für Theologie, deren Finanzierung aus dem Bistumshaushalt jetzt erweitert wird. Bisher bezahlt das Erzbistum 2,2 Millionen Euro im Jahr, das sind 55 Prozent der Gesamtaufwendungen. Den Rest soll die Hochschule selbst einwerben. Geplant war, diesen Zuschuss bis 2030 auf zwei Millionen Euro abzuschmelzen. Nun liest es sich ganz anders: „Das Erzbistum wird auf Basis der Ergebnisse der Pastoralen Schwerpunktsetzung den weiteren Wachstums- und Entwicklungspfad der KHKT unterstützen. Demnach wird sich die jährliche Zuwendung des Erzbistums in den kommenden Jahren auf max. 80 Prozent der bislang in der Finanzplanung vorgesehenen Gesamtaufwendungen erhöhen", erklärt Bistumssprecher Wolfram Eberhardt der Rundschau. Das würde im Jahr 2030 zum einem Betrag von  bis zu rund 3,7 Millionen Euro“ führen. Eberhardt: „Besonders wichtig ist dem Erzbistum das bestehende Anreizsystem zur Einwerbung von weiteren Drittmitteln und Spenden zu erhalten und auszubauen."

Seit das Erzbistum die frühere Ordenshochschule der Steyler Missionare übernommen hat, sind Trägerschaft und Finanzierung umstritten. Auf die Frage, wie die Förderentscheidung den bei den Pfarrern und im Diözesanpastoralrat aufgenommen wurde, meint Eberhardt: „Neben vereinzelten kritischen Rückmeldungen, die es im übrigen bei allen Funktionsbereichen gab, war die überwältigende Mehrzahl der Rückmeldungen in beiden Gremien positiv hinsichtlich einer weiteren Stärkung und Absicherung der KHKT.“ Dabei sei der Diözesanpastoralrat sogar ein zweites Mal vertieft befragt worden. „Auch in der Erzbischöflichen Beratungskonferenz war diese Stärkung Konsens.“

Eberhard verweist auf einen „ambitionierten Wachstums- und Entwicklungspfad“ der Hochschule und auf einen neuen Bachelorstudiengang Theologische Diakonie und Missionarische Katechese. „Er ist der einzige sowohl staatlich als auch kirchlich akkreditierte Bachelorstudiengang in Deutschland.“ Der Studiengang soll der Ausbildung von Ständigen Diakonen und Gemeindereferent(inn)en dienen, aber auch anderen Interessierten offenstehen. Zur besonders umstrittenen Frage, ob auch angehende Priester des Erzbistums in Köln statt wie in Bonn studieren dürfen, laufen Gespräche zwischen dem Vatikan und dem Land NRW.

Und es gibt noch ein Bildungsprojekt, in das das Erzbistum Geld stecken will: ein Exerzitienhaus, das der Fortbildung von Seelsorgerinnen und Seelsorgern dienen soll. Unklar ist aber, wo das Haus entstehen soll – und ob das Erzbistum eines seiner bestehenden Tagungshäuser dafür nutzt.