Scholz und die Panzer-EntscheidungDer Leopard ist keine Superwaffe

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„Lasst die Leoparden frei“: Eine Ukrainerin demonstriert vor der deutschen Botschaft in Kiew.

„Lasst die Leoparden frei“: Eine Ukrainerin demonstriert vor der deutschen Botschaft in Kiew.

Nun hat sich auch der Kanzler entschieden: Die Ukraine bekommt den Leopard 2 – neben anderen Panzern westlicher Bauart. Welche Kollateralschäden hat der Abstimmungsprozess hinterlassen – und was bewirken die Panzer?

Spät kommen sie, doch sie kommen, die Panzer westlicher Bauart für die Ukraine. Was aber auf dem weiten Weg dorthin passierte, ist kaum zu entschuldigen. Wie Olaf Scholz als der einsame Kanzler Allwissend auftrat, wie ausländische Partner und Politiker der eigenen Koalition ihn vorführten, das konnte nur prorussische Trolle erfreuen.

Ein Kommunikatins-Gau

Scholz hätte seit dem Sommer erkennen müssen, dass die Panzerlieferung unausweichlich sein würde. Von Anfang an war klar, dass mehrere Nato-Partner sich dabei zusammentun müssten. Scholz hätte mit ihnen und der Öffentlichkeit intensiv kommunizieren sollen. Nicht einmal die Entscheidung selbst wurde strukturiert erklärt, sondern am Dienstagabend durchgestochen. Das eigene Lager war offensichtlich so wenig vorbereitet, dass SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich noch drei Tage zuvor einer nach Panzern rufenden FDP-Kollegin vorhielt, sie rede Deutschland in eine militärische Auseinandersetzung hinein. Ein Kommunikations-Gau.

Im Bundestag beschränkte sich der Kanzler dann am Mittwoch aufs Abspulen seiner Standardformeln: abgestimmt handeln, Eskalation vermeiden. Wer gehofft hatte, Scholz werde seine – möglicherweise veränderte – Risikoabschätzung nachvollziehbar erläutern, wurde enttäuscht. Die Bürger sollen ihm eben vertrauen.

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Ukraine büßte schon 450 Panzer ein

Deutschland hat der Ukraine schon viele Waffensysteme geliefert. Aber im schlecht inszenierten Drama um den Leopard 2 wurde dieser Panzer mystifiziert, als sei er eine Superwaffe samt nie gekannter Gefahren. Zur Erinnerung: Auch wenn die russischen Verluste viel höher sind, hat die Ukraine im Krieg bisher 450 Panzer eingebüßt. Sie erhält jetzt wohl um die 100 neue, die allerdings eine höhere Feuerkraft und mehr Schutz für die Besatzung bieten als sowjetisch-russische Modelle. Nicht mehr und nicht weniger.

Die Vorteile westlicher Panzer sind wichtig im Kampf gegen eine Armee, die auf pure Masse setzt und keine Rücksicht auf eigene Verluste nimmt. Aber ebenso bedeutsam ist das politische Signal: Die westlichen Partner der Ukraine lassen sich nicht einschüchtern. Moskaus Hoffnung, irgendwann würden der Ukraine die Waffen ausgehen, so dass sich das Land nicht mehr wehren könne, ist verfehlt.

Auf lange Sicht mag es sich da auszahlen, dass Scholz die Lieferung amerikanischer Abrams-Panzer durchgesetzt hat. So peinlich der konkrete Ablauf auch war und bei allen Problemen, die die Ukraine mit den US-Kettenfahrzeugen haben könnte: Nur die USA haben einen Vorrat an Panzern, der mit dem russischen mithalten kann. Das kann noch wichtig werden.

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