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Wahl-AnalyseSPD im Kreis Euskirchen freut sich über die dritte „rote Verwaltung“

7 min
Drei erfolgreiche SPD-Kandidaten lachen in die Kamera: links steht Emmanuel Kunz, der Bürgermeister in Kall wird, in der Mitte der künftige Bad Münstereifeler Bürgermeister Sebastian Glatzel und rechts Landrat Markus Ramers.

Das rote Trifolium: Mit Wahlsieger Sebastian Glatzel (M.) freuten sich der in der Kommunalwahl wiedergewählte Landrat Markus Ramers (r.) und der künftige Kaller Bürgermeister Emmanuel Kunz, dass die SPD mit Bad Münstereifel nun die dritte Verwaltung erobert hat.

Nach den Stichwahlen in Bad Münstereifel und Weilerswist werden die Ergebnisse analysiert. Auch die AfD spielt dabei eine Rolle.

Der Ausgang der Kommunalwahl am 14. September hat gezeigt, dass die Stichwahl ums Bürgermeisteramt in Bad Münstereifel spannend werden dürfte. Zwar hat die SPD bei den Ratswahlen zugelegt, doch Bad Münstereifel bleibt schwarz, die CDU mit 34,2 Prozent der Wählerstimmen und 13 Sitzen die stärkste Fraktion.

Bürgermeisterwahlen finden aber unter anderen Vorzeichen statt: Mit nahezu gleichem Stimmenanteil gingen CDU-Kandidat Guido Waters (41,9 Prozent) und der SPD-Mann Sebastian Glatzel (42,8) ins Finale des Rennens um das Bürgermeisteramt. Dass Glatzel dann die Stichwahl mit satten 58,6 Prozent für sich entschied, war schon eine handfeste Überraschung. Und für die SPD im Kreis, die nach der Wiederwahl von Landrat Markus Ramers nun mit Sebastian Glatzel in Bad Münstereifel und Emmanuel Kunz in Kall auch noch zwei rote Bürgermeister stellt, ein Grund zu feiern.

CDU sieht mehrere Gründe für die Niederlage in Bad Münstereifel

In erster Linie beschäftigte sich die CDU mit einer Analyse der Wahlniederlage in Bad Münstereifel. Kreisparteichef Ingo Pfennings sprach in einer ersten Analyse zum einen das Taktieren der AfD an, das Guido Waters Stimmen gekostet haben könnte. Die AfD hatte ihren Wählern vor der Stichwahl eine Wahlempfehlung für Waters gegeben – für ihn und die CDU ein wahrlich unangenehmer Umstand.

Aber auch die Tatsache, dass mit Waters ein Blankenheimer gegen einen Bad Münstereifeler angetreten war, dürfte aus Sicht der CDU zum Erfolg des Lokalmatadors Glatzel beigetragen haben. Enttäuschung herrschte natürlich bei dem Bad Münstereifeler Parteichef Martin Finder: „Es ist schon schade für uns. Wir hatten auf einen Verwaltungsfachmann gesetzt. Kompetenz hat nicht ausgereicht.“ Im Stadtrat habe man zwar die Mehrheit, aber die Bürgermeisterwahl sei halt eine Personenwahl.

Zwei Männer jubeln gemeinsam über den Wahlsieg in Bad Münstereifel.

Einen Freudentanz führte Sebastian Glatzel mit SPD-Urgestein Rainer Waasem auf.

Die bisherige Bad Münstereifeler Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian überreicht ihrem gewählten Nachfolger Sebastian Glatzel einen Blumenstrauß.

Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian gratulierte Nachfolger Glatzel mit Blumen.

Klarheit dürfte im künftigen Stadtrat aber zumindest darüber herrschen, wie die auszuschreibende Beigeordnetenstelle profiliert werden sollte: mit Verwaltungserfahrung. Sebastian Glatzel ist Jurist (und Betriebswirt), Verwaltungserfahrung hat er nicht. „Der Stadtrat hat ja bewusst die Entscheidung, wie die Beigeordnetenstelle zu besetzen ist, offengelassen, um den Ausgang der Bürgermeisterwahl abzuwarten“, sagte Glatzel am Montag nach einer langen Feiernacht im Gespräch mit der Redaktion: „Wir brauchen keine Doppelstrukturen, also eher keinen Juristen. Besser ist es, jemand zu finden, der sehr viel harte Verwaltungserfahrung hat.“

Sebastian Glatzel setzt auf die Kompetenz der Verwaltungscrew

Glatzel setzt auch auf die Kompetenz der vorhandenen Verwaltungscrew: „Das sind Profis, die können den Job.“ Wichtig sei ihm in der ersten Bestandsaufnahme, die Mitarbeiterzufriedenheit in der Verwaltung auszuloten. Er wisse um Gründe, warum es aktuell unbesetzte Stellen gebe. „Ich habe im Wahlkampf daraus kein Thema gemacht, aber in Gesprächen mit Mitarbeitern und Ehemaligen bin ich auch damit konfrontiert worden, dass Leute die Verwaltung verlassen haben, weil sie sich nicht wertgeschätzt fühlten oder ihnen nicht die Kompetenz zugetraut wurde, die sie besitzen.“

Für die Stadt werde es darum gehen, auch im Hinblick auf das Riesenpensum beim Wiederaufbau nach der Flut und auch bei anderen Themen als Arbeitgeber attraktiv zu sein, gute Leute zu finden und langfristig zu binden.

Bürgermeister will Mehrheiten bei den demokratischen Parteien finden

In seiner persönlichen Wahlanalyse sieht Glatzel mehrere Faktoren für seinen Erfolg. Neben der Tatsache, dass er selbst als Bürger der Stadt wahrgenommen worden sei und damit als jemand, der die Menschen und die Themen Bad Münstereifels kennt, habe offenbar auch der Umstand, dass mit ihm ein Verwaltungsexterner angetreten sei, zum Erfolg beigetragen. Auch eine gewisse Unzufriedenheit im Ablauf beim Wiederaufbau, etwa in den Ortsteilen, könne einen Anteil haben.

Glatzel: „Es war klar, dass es für das Bild von Bad Münstereifel in der Kernstadt schnell gehen musste, während infrastrukturelle Maßnahmen in der Fläche aus Sicht der Bürger zu langsam vorangegangen sind.“ Beim Wiederaufbau attestiert er aber seiner Amtsvorgängerin Sabine Preiser-Marian, einen guten Job gemacht zu haben: „Sie hat maßgeblich Bad Münstereifel geprägt und als Bürgermeisterin durch die schwere Zeit der Flut gebracht. Damit hat sie sich große Verdienste erworben.“

Sie hat maßgeblich Bad Münstereifel geprägt und als Bürgermeisterin durch die schwere Zeit der Flut gebracht. Damit hat sie sich große Verdienste erworben.
Sebastian Glatzel über Sabine Preiser-Marian

Ins Bürgermeisteramt starten will Glatzel mit einer umfassenden Bestandsanalyse: „Wo steht die Verwaltung? Welche Projekte stehen an? Wie ist die prekäre Haushaltslage zu lösen?“ Nützlich sein dürfte dem 44-Jährigen dabei sein beruflicher Hintergrund. Er ist zwar Volljurist, arbeitete aber als Betriebswirt in der Prozessoptimierung.

Eine solche Analyse sei auch für den Wiederaufbau nötig, bei dem hunderte, wenn nicht tausende Maßnahmen anstünden. Hier werde auch im Hinblick auf infrastrukturelle Maßnahmen in der Fläche von Rat und Verwaltung zu priorisieren sein.

Optimistisch geht Glatzel in die Ratsarbeit: „Der Rat ist mit den demokratischen Parteien arbeitsfähig.“ Und: „Es ist klar, dass für mich als Bürgermeister, der Mehrheiten bei den demokratischen Parteien finden muss, das Parteibuch nun in die Schublade wandern muss.“ Er sei daher schon am Wahltag auf die Fraktionen zugegangen, um auszuloten, wie bereit sie für Kompromisssuchen seien.

Die Wahlbeteilung war in Weilerswist und Bad Münstereifel gering

Enttäuschend dürfte nach der Stichwahl auch in Bad Münstereifel die Erkenntnis ein, dass trotz des spannenden Kopf-an-Kopf-Rennens nur etwa die Hälfte der Wahlberechtigten (53 Prozent) am Sonntag zur Wahlurne gegangen sind.

In Weilerswist, wo die zweite Bürgermeisterentscheidung im Kreis anstand, waren es sogar nur 43 Prozent der Wahlberechtigten. Das schmälert aber nicht den Wahlsieg, den Dino Steuer dort mit fast 65 Prozent der Stimmen schaffte.

Die bisherige Bürgermeisterin von Weilerswist, Anna-Katharina Horst, ist von hinten zu sehen. Sie umarmt ihren gewählten Nachfolger Dino Steuer.

Mit einer herzlichen Umarmung gratulierte die amtierende Weilerswister Bürgermeisterin Anna-Katharina Horst am Wahlabend ihrem Nachfolger Dino Steuer.

Der künftige Weilerswister Bürgermeister Dino Steuer steht mit seiner Frau Julia, Tochter Lara-Sophie und den beiden Söhnen Ben (l.) und Jan zusammen. Im Vordergrund ist ein Smartphone zu sehen, mit dem ein Foto der Familie gemacht wird

Ein Familienfoto nach der Wahl: Der künftige Weilerswister Bürgermeister Dino Steuer mit seiner Frau Julia, Tochter Lara-Sophie und den beiden Söhnen Ben (l.) und Jan.

Mit dem Bonus, ein Ur-Weilerswister zu sein, habe er als erst 2008 Zugezogener im Gegensatz zu anderen Kandidaten, die damit Wahlkampf gemacht hätten, nicht punkten können. Da die CDU sich aber frühzeitig, nämlich schon im Dezember 2023, mit ihm als Bürgermeisterkandidaten positioniert habe, habe man einen langen und intensiven Wahlkampf führen können, um ihn im Kernort und in den Ortsteilen bekannt zu machen.

Dino Steuer setzt in Weilerswist auf Dialog und Miteinander

Überhaupt weist Steuer seiner Partei eine bedeutende Rolle im Bürgermeisterwahlkampf zu. Ein starkes Team mit verjüngter Mannschaft aus allen Ortsteilen habe einen starken Job gemacht. Diese Verjüngung habe es sowohl in der Partei als auch in der Fraktion gegeben, ohne dass komplett auf die Erfahrung langjähriger Fraktionsmitglieder verzichtet worden sei. So sei bei den Leuten angekommen, dass er ein Bürgermeister für alle Weilerswister sein wolle.

Das Wichtigste bei seiner zukünftigen Amtsführung sei für ihn, zuzuhören und in den Dialog zu gehen. Offen sein wolle er für alle. Dass er als Bürgermeister ebenso wie die CDU-Fraktion auf wechselnde Mehrheiten angewiesen ist, sei klar. Offensiv zugehen wolle er auf alle Fraktionen – außer auf die AfD. Dass das Thema AfD omnipräsent sei, sei ihm bewusst.

In der Vergangenheit habe man mit den AfD-Vertretern im Gemeinderat aber nicht arbeiten können. Wenn die AfD künftig in Weilerswist sachorientiert arbeite, könne auch sie auf ihn zukommen.

Wichtig sei für ihn, dass Verwaltung und Gemeinderat künftig Hand in Hand arbeiten. Steuer: „Nicht die Verwaltung auf der einen und die Politik auf der anderen Seite.“ Dazu sei Transparenz oberstes Gebot. Und dazu gehöre auch, gemachte Fehler einzugestehen. „Es ist keine Schande, wenn man sagt, das kann man aus den oder den Gründen nicht.“ Diese durchgängige Transparenz habe seine Amtsvorgängerin aber vermissen lassen.

Deren Angebot, ihn nun in Verwaltungsvorgänge einzuarbeiten, nehme er aber gerne an. Für eine solche „saubere Übergabe“ werde er Urlaubstage, die er bei seinem jetzigen Arbeitgeber, dem Gesundheitsamt der Stadt Köln, noch habe, gerne investieren.

In Bad Münstereifel gab es eine Wahlpanne

Rund 50 Briefwähler im Bad Münstereifeler Höhengebiet konnten bei der Stichwahl ihre Stimmen nicht abgeben. Wie die Stadt Bad Münstereifel auf Anfrage bestätigte, waren in Hohn und Mahlberg einige Briefwahlunterlagen nicht zugestellt worden. Laut Stadt lag der Fehler bei der Post. Da nicht nachvollzogen werden konnte, ob die Betroffenen nicht doch per Brief gewählt hatten, durften sie im Wahllokal kein Kreuz machen. Auswirkungen auf den Wahlausgang habe die Panne nicht, weil der Abstand zwischen Sebastian Glatzel und Guido Waters 1368 Stimmen betrug. (tom)