Das Erzbistum Köln hatte der Gemeinde in Windeck eine Aussprache zum Fall des wegen sexuellen Übergriffs verurteilten Pfarrvikars angeboten.
Gemeinde stellt Erzbistum FragenWarum durfte Pfarrer trotz Verbots in Windeck mit Kindern arbeiten?
„Es sind Fehler passiert, die nie hätten passieren dürfen. Er hätte nie mit Kindern und Jugendlichen arbeiten dürfen.“ Weihbischof Ansgar Puff fand deutliche Worte, als er in der Kirche St. Laurentius in Windeck-Dattenfeld zu den Menschen sprach, die der Einladung des Kölner Erzbistums zur Aussprache gefolgt waren.
Die Verurteilung des ehemaligen Windecker Pfarrvikars wegen sexueller Übergriffe an einem Messdiener der Gemeinde war Thema des Proclamandums, das der Weihbischof gemeinsam mit Katharina Neubauer von der Stabsstelle Intervention im Erzbistum leitete.
Der damalige Pfarrer aus Windeck war über Kontaktverbot mit Kindern informiert
2018 war der Geistliche nach Stationen in Kerpen und Wipperfürth nach Windeck gekommen – mit der Auflage, er dürfe nicht in der Kinder- und Jugendarbeit eingesetzt werden. Ein Verbot, Gottesdienste mit Kindern zu halten, aber habe es nicht gegeben, betonte Puff: „Das ist ja öffentlich!“.
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Der damalige Windecker Pfarrer sei informiert worden, dass das Erzbistum nach einem entsprechenden Hinweis 2010 diese Auflage gemacht habe. Offenbar ignorierte dies der Vorgesetzte, der nach seiner Pensionierung nun als Subsidiar in Bad Münstereifel arbeitet. Auf die Frage, ob auch er zur Rechenschaft gezogen werde, antwortete der Weihbischof: „Wir sind dran“.
Er selber, der 2012 und 2013 Hauptabteilungsleiter des Seelsorge-Personals war, müsse sich fragen: „Habe ich genug getan?“ Dass der Pfarrvikar ein Problem mit Nähe-Distanz habe, habe er immerhin gewusst. Was genau darunter zu verstehen ist, erläuterte Katharina Neubauer von der Stabsstelle Intervention auf mehrmalige Nachfrage: Eine sexuelle Grenzverletzung, etwa eine Hand zu lange auf einem Knie liegenzulassen, die dazu diene, „eine weitere Tat anzubahnen“.
Das sei die Stufe, „wo Täter probieren, wie weit sie gehen können“, die allerdings noch nicht strafbar sei, so Neubauer. Die Folgestufen des sexuellen Übergriffs und des Missbrauchs dagegen seien ganz klar Straftaten.
Ein Ehepaar berichtete von einem weiteren Missbrauch während einer Ferienfreizeit vor 13 Jahren
Warum in Windeck nur der damalige Pfarrer und nicht noch mehr Personen informiert worden seien, warum es keine Kontrolle gab, diese Fragen kamen mehrfach auf. Erst seit 2021, nach dem Gercke-Gutachten zum Umgang mit sexualisierter Gewalt, gebe es eine Kommission, die die Auflagen kontrolliere: „Da wäre es sicher anders gewesen, da wäre es aufgefallen, dass er gegen Auflagen verstößt“, beteuerte Puff.
Im Sommer 2022 vergriff sich der 66-Jährige in fünf Fällen, davon war das Gericht beim Prozess im bayrischen Deggendorf überzeugt, während einer privaten Radtour an einem Jugendlichen, der mit ihm in einem Doppelbett schlief.
Möglicherweise nicht der erste sexuelle Übergriff: Ein Ehepaar, nicht aus der Region, berichtete von einer Ferienfreizeit vor 13 Jahren, bei dem es als Betreuer mitfuhr: „Da hat er schon einmal einen Jungen missbraucht“, sagte die Frau. Der Jugendliche habe sich ihr und ihrem Mann anvertraut, auf Wunsch der Eltern sei der Fall aber nicht zur Anzeige gebracht worden. Man habe den Pfarrer damals aber mit den Vorwürfen konfrontiert, er habe daraufhin vor der Gemeinde einen Brief verlesen, in denen er die Anschuldigungen von sich wies.
Das solle unbedingt ans Erzbistum gegeben werden, so Neubauer: „Für uns ist es wichtig, jeden Hinweis aufzunehmen“.
Für die erschütterten Mitglieder der Gemeinde bietet das Erzbistum Köln Gespräche und Mediation an
Den Kontakt zu Kindern und Jugendlichen jedenfalls suchte der Mann auch in Windeck. Bei dem Pfarrvikar seien die Kinder auch privat ein und aus gegangen, berichtete ein Nachbar, der nun Verurteilte habe mit ihnen gegrillt und Radtouren gemacht. Er sei bis August 2020 Ansprechpartner für die Schulgottesdienste gewesen, habe noch bis 2022 die Kommunionsvorbereitung geleitet, sagten andere.
Es habe Lücken gegeben, schloss Weihbischof Ansgar Puff, „trotz Auflagen, trotz Pfarrer, trotz Seelsorgeteam.“ Für die Zukunft müsse man das so im Blick haben, „dass diese Lücken nicht mehr auftreten“.
„Das Vertrauen ist kaputt“, fasste die Moderatorin des Erzbistums, Ursula Stollenberg, zusammen. Das 34-seitige Schutzkonzept müsse nun überprüft werden, man werde Kontakt mit anderen Seelsorgeteams aufnehmen aus den Gemeinden, wo der Verurteilte auch tätig war. Für die ins Mark erschütterte Gemeinde gibt es Angebote etwa für Mediation, auch dem Opfer seien Gespräche mit externen Fachleuten angeboten worden, sagte Neubauer.