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Corona EntwicklungenWird Köln zum Hotspot?

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In der Fußgängerzone der Kölner Innenstadt liegt eine Mund-Nasen-Bedeckung auf dem Boden.

Köln – In der kommenden Woche beginnen die Herbstferien, auch bei vielen Kölner Familien steht eine Urlaubsreise an. Von Zielen wie Spanien oder Frankreich haben sich viele längst verabschiedet – doch nun könnte selbst die innerdeutsche Fahrt an die Nordsee oder gar die Eifel zum Problem werden. Denn wer aus einem Corona-Hotspot kommt, muss mit Reisebeschränkungen rechnen.

Und Köln ist nah dran, den Status zu bekommen. Der Wert für die Sieben-Tage-Inzidenz nähert sich der 50er-Grenze: Gestern war die Zahl sprunghaft auf 45,4 angestiegen. Die Kennziffer sagt aus, wie viele Menschen in sieben Tagen bezogen auf 100 000 Einwohner neu erkrankt sind. Aktuell sind 606 Kölner Corona-infiziert.

Videokonferenz mit Kanzlerin

Reisebeschränkungen, Kontaktverbote, Ausgangssperren – nach Berlin haben auch in NRW Städte wie Hamm, Remscheid, und Wuppertal die Schwellenwerte überschritten und Maßnahmen ergriffen, damit die Infektionszahlen nicht weiter steigen. Welche das sind, interessiert natürlich auch die Bundesregierung: Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker wird heute an einer Videokonferenz mit Kanzlerin Angela Merkel teilnehmen. Die Kanzlerin wird sich mit Stadtoberhäuptern von elf deutschen Städten zur Corona-Lage beraten und sich über die vor Ort eingeleiteten Maßnahmen informieren.

Alles zum Thema Henriette Reker

Überlegungen dazu gibt es in Köln bereits: Sollte die Inzidenzzahl 50 überschreiten, könnte es auch hier weitere Beschränkungen des Kontaktverbotes geben. Bisher dürfen sich maximal zehn Personen im öffentlichen Raum treffen – dies könnte weiter reduziert werden, teilte die Stadt gestern mit. Über weitere Maßnahmen will der Krisenstab heute beraten.

Mund-Nasen-Bedeckung im öffentlichen Raum

Eine Mund-Nase-Bedeckung im öffentlichen Raum könnte etwa bei mehr Infektionsfällen zur Pflicht werden, hieß es. Auch ein Verbot des Verkaufs von Alkohol in Kneipen und Tankstellen etwa nach 23 Uhr wie in Berlin oder Frankfurt könnte der Krisenstab beschließen. Man berate sich auch zu weiteren Reduzierungen von Teilnehmern sowohl bei nicht privaten, als auch privaten Veranstaltungen.

Insbesondere bei diesen sieht Dr. Rolf Kaiser, Virologe an der Uniklinik Köln, die Gefahren: „Wir haben gelernt, dass Masken, Abstand und Hygiene gut funktionieren.“ Menschen, die sich auf Familienfeiern oder Partys nicht an die Gebote hielten, seien für weiter steigende Zahlen verantwortlich. „Jetzt zählt der gesunde Menschenverstand.“ Von Panik rät der Mediziner jedoch ab: „Wir sind in Köln gut vorbereitet auf steigende Infektionszahlen, sowohl in der Diagnostik als auch bei der Behandlung von Patienten.“ In Köln ist die Situation auf den Intensivstationen aktuell nicht dramatisch. 479 Intensivbetten stehen insgesamt zur Verfügung, 399 sind belegt. Nur 27 davon mit Covid-19-Patienten.

Kontrollen von Party-Hotspots

Köln ist wie andere Großstädte vor allem betroffen von einer Ausbreitung des Virus unter jungen Menschen. Schon im Spätsommer waren Ordnungsdienst und Polizei mit Kontrollen an den so genannten Party-Hotspots beschäftigt. Beliebte Treffpunkte wie das Belgische Viertel waren oft bis tief in die Nacht frequentiert, nicht ungewöhnlich in einer dicht bebauten Metropole wie Köln. In Corona-Zeiten aber ein Brandbeschleuniger. Am 11.11., dem Sessionsauftakt, wollen viele ihre Kneipen schließen. Köln soll nicht zur deutschen Corona-Hauptstadt werden.

Kontrollen

Dem Ordnungsdienst in Köln  stehen 160 Mitarbeiter im Außendienst zur Verfügung. Sie kontrollieren die verschiedenen Regeln der Corona-Schutzverordnung des Landes in Handels- und Dienstleistungsbetrieben, in Bussen und Bahnen und in Gastronomiebetrieben.

Seit Beginn der Pandemie hat der Ordnungsdienst in Kneipen, Cafés und Gaststätten 542 Verstöße gegen die Verordnung festgestellt und geahndet. Darunter fallen neben der Unterlassung von Registrierungen der Gäste auch Verstöße gegen die zeitweise geltenden Schließungen von Gastronomiebetrieben oder andere Hygienemaßnahmen, etwa die Abstandsregelung. Wer sich unter einem Fantasienamen registriert, muss mit 150 Euro Strafe rechnen.

Die Stadt betont, das Ordnungsamt kontrolliere alle Regeln der Corona-Schutzverordnung stichprobenartig. Die Einsatzplanung werde nach Veränderungen der Lage angepasst. Man gehe Hinweisen des Gesundheitsamtes oder aus der Bevölkerung auch gezielt nach. (mft)

Zum Karneval soll Köln also bitte gemieden werden. Für die Herbstferien wünschen sich Hotels und Pensionen aber natürlich  Gäste. Zuletzt waren vor allem Touristen aus der näheren Region, Deutschland und den Niederlanden angereist. „Über die Sommermonate war eine leichte Erholung des Tourismus in Köln erkennbar“, sagt Jürgen Amann, Geschäftsführer von KölnTourismus. Er appelliert, die Hygiene- und Abstandsregeln nach wie vor einzuhalten, „um gerade Gewonnenes nicht leichtfertig aufs Spiel zu setzen.“

Gastgewerbe hat Sorgen

Auch im Gastgewerbe sieht man den Entwicklungen mit Besorgnis entgegen. „Das Schlimmste für uns wäre ein zweiter Lockdown“, sagt Thorsten Hellwig, Pressesprecher der Dehoga NRW. Der Hotel- und Gaststättenverband erwartet von der NRW-Politik und den Kommunen aber trotzdem nur Maßnahmen, die auch gut begründet werden können und verhältnismäßig sind. „Das Gastgewerbe spielt im Infektionsgeschehen doch eine äußerst geringe Rolle“, so Hellwig. „Wir glauben zudem, dass eine organisierte Feier in der Gastronomie grundsätzlich sicherer ist als eine private Zuhause.“ Grund dafür seien die strengen Corona-Schutzmaßnahmen vor Ort.

Maßnahmen wie eine Sperrstunde für die Gastronomie oder ein Beherbergungsverbot sieht Hellwig ohne tiefere Begründung kritisch. „Wir sind jetzt an einem Punkt angelangt, an dem wir mehr Erklärungen brauchen, warum gerade die getroffenen Maßnahmen sich signifikant auf das Infektionsgeschehen auswirken sollen. Das muss für Gast wie Gastronom nachvollziehbar sein.“

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Für Sonntag ist in Köln eine große Fahrraddemonstration geplant, Veranstalter ist „Cologne Pride“, die den 2020 ausgefallenen CSD (Christopher Street Day) in Köln organisieret. Nach einer Sternfahrt treffen sich alle Teilnehmer zu einer Kundgebung an der Deutzer Werft. Die Veranstalter rechnen mit etwas mehr als 2000 Teilnehmern. Man sei sehr zuversichtlich, dass die CSD-Demo stattfinde könne, hieß es. Das Hygienekonzept sei „weit über den Ansprüchen“, so Sprecher Hugo Winkels. Man sei aber letztendlich von behördlichen Zu- oder Absagen abhängig.

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