Nach Gerichtsurteil in DeutzEnde aller Kölner Verkehrsversuche in Sicht?

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Zwei Menschen queren einen Zebrastreifen nahe des Domes.

Der nächste Verkehrsversuch auf der Kippe? Die Fahrradstraße an Trankgasse und Komödienstraße.

Das Verwaltungsgericht hat die Sperrung für den motorisierten Verkehr auf der Deutzer Freiheit gekippt, dadurch könnten nun auch andere Verkehrsversuche in Frage gestellt werden.

Der Verkehrsversuch in Deutz wurde abgebrochen. Wie berichtet, urteilte das Verwaltungsgericht Köln in einem Eilverfahren und befand die autofreie Deutzer Freiheit als „rechtswidrig“. Anschließend plant das Verkehrsdezernat mit Vorsitz von Ascan Egerer der Politik eine Beschlussvorlage zu einer dauerhaften Lösung für die Deutzer Freiheit vorzulegen. Aus den Reihen der Kölner FDP und CDU kommen nun Forderungen nach dem Ende aller Verkehrsversuche in der Stadt, als weitere Konsequenz: Auch in der Trankgasse und auf der Venloer Straße sollen die Autos wieder rollen.

„Während man früher darauf achtete, dass der Verkehr fließen kann, wird heute eindeutig problemverschärfend geplant. Man will den Autofahrerinnen und -fahrern das Leben so schwer wie möglich machen, um sie zum Verzicht zu zwingen, ohne den ÖPNV als Alternativen angemessen auszubauen“, heißt es bei der FDP-Fraktion. Oberbürgermeisterin Henriette Reker müsse den verantwortlichen Verkehrsdezernenten zurückpfeifen und die beiden anderen Verkehrsversuche umgehend beenden. Denn die Begründung des Gerichts mache auch die Fortsetzung der anderen Versuche unhaltbar.

Mehr Unfälle auf der Venloer Straße

In der Trankgasse wurde zuletzt eine Fahrradstraße eingerichtet. In der Nähe des Kölner Doms bildeten sich deshalb in der Vergangenheit immer lange Staus, nicht Ortskundige verirren sich immer wieder in die für Autos gesperrten Bereiche. „Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken nur aus Gründen der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten“, so Christian Beese, Verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Ratsfraktion, und der liberale Fraktionsvorsitzende Ralph Sterck. Das treffe für die Trankgasse nicht zu. Ebenso bei der Venloer Straße: Bei der von der Verwaltung umgesetzten Regelung einer Tempo-20-Zone ohne Zebrastreifen und Radfahrschutzstreifen seien im Versuchszeitraum sogar mehr Unfälle passiert als vorher.

Einfach wird das nicht werden. Die Meinungen gehen sehr weit auseinander.
Daniel Wolf, Vorsitzende der IG Deutz

„Jetzt muss es auch der Letzte begreifen, dass diese Versuche nicht nur gegen den Bürgerwillen stattfinden, sondern sogar noch rechtswidrig sind“, sagt auch Kölns CDU-Parteichef Karl Alexander Mandl. „Jetzt muss auch der Wahnsinn auf der Trankgasse sofort beendet werden.“ Die Mobilitätstransformation könne nicht im Hauruck-Verfahren mit Symbolpolitik vorangetrieben werden. „Wir brauchen ein ausgereiftes Konzept, das alle Verkehrsträger umfasst. Dies setzt in erster Linie das Funktionieren und den Ausbau des ÖPNV voraus“, so Mandl.

Dass die Fußgängerzone auf der Deutzer Freiheit nun weichen muss, freut natürlich die Kläger aus den Reihen der „Initiative Deutz“. „Wir begrüßen die Rückkehr zu Recht und Ordnung und sind zuversichtlich, dass dies sowohl für die Geschäftstreibenden als auch für die gesamte Gemeinschaft von Vorteil sein wird“, schreibt die Initiative auf ihrer Webseite. Daniel Wolf, Vorsitzende der IG Deutz, ist skeptisch: „Durch das Urteil ist noch nichts gewonnen. Wir hätten uns einen für alle Seiten tragfähigen Kompromiss gewünscht.“ Nun müsse man an einem Tisch zusammenkommen und im Austausch miteinander bleiben. „Denn alles so zu machen, wie es vorher war, macht auch keinen Sinn“, so Wolf, der die Händlerseite vertritt. „Einfach wird das nicht werden. Die Meinungen gehen sehr weit auseinander.“

Das Ordnungsamt kontrolliert einen Autofahrer in der Fußgängerzone auf der Deutzer Freiheit.

Die Verkehrsberuhigung auf der Deutzer Freiheit wird nun wieder aufgehoben.

Streit ist nicht nur innerhalb der Deutzer Anwohnergemeinschaft hochgekocht. Auch die Kölner Parteien haben sehr unterschiedliche Ansichten, was die Verkehrswende in Köln betrifft. Nicht abgeschlossen mit einer autofreien Zone in Deutz hat die Fraktion der Grünen - zu wichtig seien die zu verfolgenden Klimaziele. „Wichtig ist, dass das Gericht lediglich die Begründungen für den Verkehrsversuch als rechtswidrig eingestuft hat. Die BV Innenstadt hat also nach wie vor die Möglichkeit, auf anderem Wege eine ‚Deutzer (Auto)Freiheit‘ einzurichten“, sagt Christiane Martin, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Stadtrat. Schließlich gebe es dafür eine breite demokratische Mehrheit in der Bezirksvertretung (BV).

Druck auf Verkehrsdezernent Ascan Egerer

Besonderer Druck lastet jetzt auf Verkehrsdezernent Ascan Egerer. „Wir erwarten jetzt, dass er mit Hochdruck an den wirklich wichtigen Stellschrauben der Verkehrswende arbeitet und sich nicht im Klein-Klein der Verkehrsversuche von Deutzer Freiheit bis Venloer Straße verliert“, sagt Christian Joisten, Vorsitzender der SPD-Fraktion. Hierzu zähle in erster Linie der Ausbau des ÖPNV in der Breite und in der Fläche. Hinter Egerer stellt sich dagegen die Fraktion der Linken. „Langfristig führt kein Weg an einer autoarmen Innenstadt vorbei“, sagt Fraktionsvorsitzende Güldane Tokyürek. „Der Verkehrsversuch auf der Deutzer Freiheit war ein Schritt in die richtige Richtung – vieles hat sich dort verbessert. Unsere Fraktion im Rat der Stadt Köln wird sich weiterhin für die Aufwertung des Fuß- und Radverkehrs einsetzen und Dezernent Egerer auch bei weiteren möglichen Vorhaben unterstützen.“

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