Den Platz für Wahlwerbung wollte die Stadt stark beschränken. Kurz vor dem Start der Plakatierung ruderte sie zurück.
Sechs Wochen vor der WahlDiese neuen Regeln gelten in Köln für Wahlkampfplakate

So soll es nicht mehr aussehen: Wahlplakate zur Bundestagswahl.
Copyright: Thomas Banneyer
Kurz vor dem Beginn der Wahlwerbe-Periode für die Kommunalwahl am 14. September, die heute um 15 Uhr startet, drohte Köln ein Posse. Traditionell stehen die Parteien, Wählergruppen und Initiativen zum Termin gut sechs Wochen vor der Wahl in den Startlöchern, um an Lichtmasten belebter Kreuzungen oder in den Zentren der Veedel zu plakatieren. Und vor der Frage: An welchen Masten geht das noch?
Laut der am 15. Juli bekannt gemachten Allgemeinverfügung der Stadt zur Kommunalwahl reduziert sich der Platz an Lichtmasten für Wahlplakate in diesem Jahr sehr erheblich. Denn die vom Kölner Ordnungsamt erlassene Verfügung begrenzt den Werberaum nach oben und unten. Nach unten dürfen die Plakate nicht tiefer als 2,20 Meter angebrachte sein, um zu Fuß gehende und Radfahrende nicht zu gefährden. Soweit, so gut. Nach oben hin soll laut Punkt 4 der Plakatierungsrichtlinien bei 3,50 Metern Schluss sein. Damit blieben noch 1,30 Meter Platz für die in der Regel 85 oder gut 60 Zentimeter hohen Wahlplakate.
Nach ursprünglicher Regelung Platz für maximal ein Plakat
Nicht auf der Rechnung ist dabei aber unmittelbar darunter stehende Punkt 5 der Richtlinien. Der lautet: Die Nummerierung der Beleuchtungsmasten darf nicht verdeckt werden. Doch diese kleinen Plaketten, die zur Identifizierung der Masten bei Störungsmeldungen durch Passanten dienen, hängen in Höhen von 2,50 Metern bis drei Metern. Schlicht gerechnet ist damit an Lichtmasten maximal für ein Plakat Platz. Oder aber, je nach Höhe der nummerierten Plaketten, das Anbringen komplett verboten. Bislang dagegen waren an Masten neben stark befahrenen Straßen oder an Passagen, die von zu Fuß gehenden stark frequentiert werden, mindestes zwei, oft auch drei oder vier Wahlplakate angebracht.
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„Diese starke Beschränkung unserer Wahlwerbemöglichkeit ist extrem ärgerlich, weil wir ja vor allem bei Kommunalwahlen deutlich machen müssen, dass eine Wahl ansteht und um Beteiligung werben müssen. Anders als bei Landes- und Bundestagswahlen berichten die überregionalen Medien ja nicht darüber. Deshalb sind die Wahlbeteiligungen bei Kommunalwahlen immer deutlich geringer als bei überregionalen Wahlen“, sagt Oliver Brosch-Guesnet, Mitarbeiter der SPD-Geschäftsstelle. Auch weist er darauf hin, dass in Köln nicht nur viele Parteien, sondern auch zahlreiche OB-Kandidierende um Stimmen werben und sich bekannt machen wollen.

Exzesse wie an diesem Lichtmast werden bei der Kommunalwahl nicht mehr möglich sein. (Archivfoto)
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Trotz allem würden sich die 45 SPD-Teams mit etwa 300 bis 500 Helfenden an die Vorgaben halten. „Vor allem der untere Abstand ist wichtig, um zu Fuß gehende und Radfahrende nicht zu gefährden“, so Brosch-Guesnet. Allerdings weist er auf einen vorhersehbaren Effekt hin. „Gut sichtbare Laternen sind sehr begehrt im Stadtgebiet. Dort wird das erste Plakat oft von nachfolgenden Teams nach oben geschoben. Das können wir natürlich nicht kontrollieren.“
Grüne sehen demokratische Teilhabe gefährdet
Auch die Kölner Grünen kritisieren die Verfügung. „Wahlwerbung ist ein unverzichtbarer Bestandteil demokratischer Wahlen. Die ursprüngliche Allgemeinverfügung der Stadt hätte das Plakatieren zur Kommunalwahl 2025 quasi unmöglich gemacht – umso wichtiger ist es, dass die Stadt nach deutlichen Rückmeldungen nachgesteuert hat. Dennoch stellt auch die überarbeitete Fassung die Parteien vor große praktische Herausforderungen und erschwert die ehrenamtliche Tätigkeit vieler Freiwilliger. Wir finden die Anliegen von Verkehrssicherheit und Ordnung sehr wichtig, erwarten aber zugleich, dass demokratische Teilhabe im öffentlichen Raum möglich bleibt“, teilte der Parteivorstand mit. Die Grünen werden mit rund 200 ehrenamtlich Helfenden 7000 Plakate anbringen.
Die CDU wird 14.000 Plakate aufhängen, jeder der 44 Ortsverbände werde mit eigenem Team unterwegs sein, so Florian Braun, stellvertretender Vorsitzender der CDU Köln. Die Vorgaben der städtischen Verfügung werde man selbstverständlich berücksichtigen.
„Das Überkleben der Nummern ist auch von unserer Seite her nicht erlaubt. Denn durch sie können uns Menschen auf defekte Lichtmaste aufmerksam machen, wir können den Schaden schnell beheben und damit Gefährdungen verhindern“, so Eugen Ott, Sprecher der zuständigen Rheinnetz GmbH.
Stadt ändert Höhenregelung zwei Tage vor Plakatierungsstart
Und das kommt keineswegs selten vor in Köln. „Im Jahr 2024 hatten die Mitarbeitenden 4115 Einsätze zur Entstörung von Leuchten“, so Ott. Das sind im Schnitt 78 Einsätze in jeder Woche des Jahres. Rund 80.000 Lichtmasten gibt es laut Ott ungefähr in Köln, an den rund 50.000 ohne Verkehrsschilder dürfen Plakate angebracht werden. Für wenige Wochen könne man das Überkleben der Nummernkennung zur Not tolerieren, so Ott. „Aber uns ist bekannt, dass die Stadt es per Verfügung gänzlich untersagt hat.“
Die veränderte Höhenregelung begründet die Stadt damit, dass „insbesondere nach der Bundestagswahl 2025 nicht alle Plakate rechtzeitig oder spätestens nach Aufforderung entfernt wurden und der Aufwand für die Entfernung ab einer gewissen Höhe unverhältnismäßig hoch ist“.
Dass durch die Plakatierungsrichtlinien 1, 4 und 5 und das ausgesprochene Verbot, die Kennungen der Masten zu überkleben, an vielen Lichtmasten gar kein Plakat hätte angebracht werden können, sei „nicht beabsichtig gewesen“, so die Stadt weiter. Mit der ursprünglichen Vorgabe, „die Plakatierung darf maximal bis zu einer Höhe von 3,50 Meter erfolgen“ sei die Unterkante der Plakate gemeint gewesen.
Aufgrund eingegangener Hinweise sei dies am 30. Juli klargestellt worden, so die Stadt. Zugleich veränderte sie die erlaubte maximale Höhe der Plakatunterkante auf vier Meter. Die Kölner SPD teilte mit, dass sie gestern um 14 Uhr über die veränderte Höhenregelung für Plakatierungsaktion informiert worden sei — sie beginnt heute um 15 Uhr.