Köln – Mit dem Erfolg ist das so eine Sache. Als Frank Jablonski, Vorsitzender der Kölner Grünen, bei der Mitgliederversammlung am Samstag an das Europawahlergebnis von vor sechs Wochen erinnert (32,9 Prozent für die Grünen in Köln), da bricht Jubel aus, als sei gerade die erste Prognose aufgepoppt. Und der Jubel nimmt nicht ab, als die Vorsitzende Katja Trompeter berichtet, dass in nur drei Monaten 180 Neue eingetreten sind – so viel wie noch nie in so kurzer Zeit.
Doch mit dem Erfolg steigt der Druck. Der aus der Partei: „Ich wurde die Tage angesprochen, wir sollten doch endlich mehr für den Klimaschutz tun, wir hätten doch jetzt die Macht“, berichtet Jablonski. Und auch der von der Grünen Jugend. Denn: Macht doch die Nachwuchsorganisation einfach einen fetten Strich durch den Namen Henriette Reker – und zwar auf dem Antrag des Vorstands, mit der parteilosen Oberbürgermeisterin Sondierungsgespräche über die Kommunalwahl im kommenden Jahr zu führen.
Treffen zwischen Grünen und Reker bis September
Bis September will sich der Vorstand mit Reker treffen und ausloten, ob die Grünen die OB wieder unterstützen, sollte sie antreten. Doch machen die Erfolge nicht Lust auf einen eigenen Kandidaten? Und ob. Was nicht wenige in der Partei gelüstet, hat die Grüne Jugend in einen Gegenantrag gepackt. Sie haben den Vorschlag des Vorstands genommen und Reker durchgestrichen, denn sie wollen, dass nicht nur mit der OB gesprochen, sondern das parallel nach anderen potenziellen Kandidaten gesucht wird – und das transparent und basisdemokratisch. Respektlos finden sie das nicht. Immerhin würde ja noch mit Reker gesprochen.
„Wir sollten über mehrere Kandidaten abstimmen können, sonst stehen wir im September mit leeren Händen da, wenn das mit Reker nicht mehr klappt“, verteidigt unter anderm Nicole Dichant den Gegenantrag. „Wir sollten den grünsten Kandidaten finden“, findet Pete Ruther. „Reker ist auch schwarz“, verweist er darauf, dass die Verwaltungschefin von den Grünen und der CDU unterstützt wird. „Und bei der Ost-West-Achse ist sie definitiv schwarz.“ Reker spricht sich für einen Stadtbahntunnel zwischen Heumarkt und Aachener Straße aus. Die Grünen lehnen den ab.
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„Es gab Punkte, wo wir nicht zusammengekommen sind, dafür ist sie unabhängig“, sagt Trompeter beschwichtigend.
Nicht dass die Basis alles schlecht finden würde, was in den vergangen Jahren vom grün-schwarzen Ratsbündnis und Reker beschlossen wurde. „Die Verwaltungsreform soll sie weiter machen können“, gibt es Stimmen. Doch das wird bei der Mitgliederversammlung deutlich, vor allen bei den Themen Verkehr und Wohnungsnotstand hatten sich die Grünen mehr erwartet – und jetzt erst recht.
Grüne Ziele sollen im Vordergrund stehen
Der Vorstand kämpft für seinen Antrag: „Das Umsetzen grüner Themen nimmt zu – und dafür wollen wir weiterhin sorgen“, sagt Trompeter. Und vor allem: „Das ist ein Frage des Anstands, dass wir zuerst mit Henriette Reker sprechen und nicht schon parallel andere Kandidaten suchen.“ Argumente, die verfangen, wenn auch nicht auf breiter Front. Rund sechzig Prozent der Mitglieder stimmen dafür, im September erst einmal alternativlos mit Reker zu reden. Immerhin 40 Prozent heben die Hand für den Gegenantrag.
Doch eins machen die Mitglieder einhellig klar: Wen immer sie letztendlich als OB aufs Schild heben, grüne Ziele müssen nach vorne. Waren die Themen, die mit Reker im September angesprochen werden sollen, beim Vorstandsantrag eher vage benannt, so werden sie im Gegenantrag der Grünen Jugend dezidiert vorgeschrieben – und diesen Passus haben die Mitglieder den Sondierern ins Stammbuch geschrieben, einstimmig. Sie sollen mit der OB über mehr Raum für Radfahrer, Fußgänger und ÖPNV reden. Im Klima-, Tier- und Umweltschutz, bei der Einhaltung von Stickoxid-Werten, beim Schulbau, und bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum muss Reker ordentlich was auf den Tisch legen, will sie die Grünen wieder hinter sich scharen.