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Feier im „engsten Familienkreis“So bewegend war die Gala für Ludwig Sebus in der Philharmonie

4 min
Ludwig Sebus konnte wegen eines Sturzes nur kurz vorbeischauen.

Ludwig Sebus konnte wegen eines Sturzes nur kurz vorbeischauen.

Trotz eines schweren Sturzes trat Ludwig Sebus beim Jubiläum „100 Jahre Ludwig Sebus“ in der Philharmonie Köln auf. Der Jubilar zeigte sich tief gerührt.

Würde es der Jubilar schaffen, zum Konzert „100 Jahre Ludwig Sebus“ in die Philharmonie zu kommen? Nach einem schweren Sturz hatte er seinen Jahrhundert-Geburtstag am 5. September im Krankenhaus im engsten Familienkreis feiern müssen. Die Spannung löste sich, als bei den letzten Takten von „Alles su widder dun“, die das Kohberg-Orchester live zu Sebus' Gesang vom Band spielte, die lebende Legende im Scheinwerferlichte auf der Chorempore erschien.

Herzlichen Dank richtete der Jubilar sichtlich gerührt an Künstler und Gäste.

Herzlichen Dank richtete der Jubilar sichtlich gerührt an Künstler und Gäste.

Alle 2000 Konzert-Besucherinnen und -Besucher erhoben sich von den Sitzen und applaudierten minutenlang. „Das sind Momente für die Ewigkeit“, dankte Ludwig Sebus gerührt. Über seinen Schatten habe er springen müssen, sich so zu zeigen – stehen kann der Hundertjährige noch nicht wieder. Der Menschenfreund übertrieb keineswegs, als er von einem engen Freundeskreis sprach, der seinetwegen die Philharmonie füllte. Zu der starken Haltung hat der Kölner Männer-Gesang-Verein schon auf die Melodie von „Och Verwandte, dat sin Minsche“ den Vers gedichtet. „Hück sin mir die Pänz und Enkel, Ludwig, du bist der Patron“ jeder kann dat hück verstonn“, klang es harmonisch aus 100 Männerkehlen nach einem spontanen Geburtstagsständchen aus dem Saal.

Karnevalsgesellschaft ehrt mit Staraufgebot

Für das ungewöhnliche Jubiläumskonzert trommelte der Veranstalter Große Kölner Karnevalsgesellschaft e.V. 1882 beliebte Unterhalter zusammen. Präsident Joachim Wüst und „Dä Nubbel“ Michael Hehn teilten sich die Moderation des fast vierstündigen Programms, durch das sich die Werte und Tugenden des Grandseigneurs der Krätzchensänger wie ein roter Faden zogen. „Die Seele und das Herz muss kratzen bei einem Lied“, zitierte Wüst die Bedeutung, die der Jubilar den nach der Narrenkappe benannten kölschen Schlagern beimisst. Zu solchen fröhlichen Mundart-Lieder gehören „Circus Colonia“, vorgetragen von „Blötschkopp“ Marc Metzger, „Ne miese Lade“, was Linus sang, „Och Verwandte, dat sin Minsche“ (2 Hillije) oder „Et Pooze-Leed (Kallendresser). Glamouröses Beispiel für Sebus„ Respekt und Offenheit gegenüber Menschen jeglicher Herkunft und Lebensform war der Auftritt von Dragqueen Julie Voyage mit dem Lied „Wat e paar Bein“.

Fanden sich als Quartett zusammen: JP Weber (v.l.), Herbert Schmidt alias Magic Flönz, Wolfgang Löhr und Bömmel Lückerath.

Fanden sich als Quartett zusammen: JP Weber (v.l.), Herbert Schmidt alias Magic Flönz, Wolfgang Löhr und Bömmel Lückerath.

Musikalische Hommage an den Glauben

Viele der 250 Lieder aus Sebus' Feder drücken seine tiefe Verwurzelung im Glauben aus. Die Schwarze Madonna in der Wallfahrtskirche St. Maria in der Kupferkasse hat er besungen, wo der Kölner Erzbischof parallel zum Jubiläumskonzert ein Pontifikalamt zelebrierte. Statt Rainer Maria Kardinal Woelki kam der Erzbischof von Berlin, Heiner Koch, in die Philharmonie, um die Interpretation von „Klimpermännche“ Thomas Cüpper zu hören. „Und wann d'r decke Pitter lügg“ brachte King Size Dick zum Klingen.

Frauenpower auf der Karnevalsbühne

Für die Session 1993 schrieb Sebus das Mottolied „Prinz, Bauer, Jungfrau“, das nun der singende Prinz von damals, Wicky Junggeburth, anstimmte. Sebus selbst trat 1982 als Märchenprinz mit seinem Mottolied „Wer hat Dornröschen wachgeküsst“ auf. Nun sang es Claudia Engels, die Sebus förderte, nicht zuletzt, weil er meint, dass zu wenige Frauen auf der Karnevalsbühne stehen. Das Erbe der Krätzchensänger hält Philipp Oebel lebendig, in der Philharmonie mit dem frechen Song „Wer uns nit schön fingk“.

Minutenlanger Applaus gab es für das „Geburtstagskind“.

Minutenlanger Applaus gab es für das „Geburtstagskind“.

Humor und musikalisches Vermächtnis des Jubilars

„Schönes Brauhaus hier“, lästerte J.P. Weber, bevor er auf der Flitsch von Hans Süper die Ballade „Uns kölsche Siel“ anstimmte, die das Kohberg-Orchester zu einem der vielen Schunkel-Walzer des Abends steigerte. Über das eigene hohe Alter scherzt Ludwig Sebus so gerne, dass ihm vor drei Jahren das Lied „Nit mieh janz su knusprig“ einfiel, was nun seinem Fanclub tosenden Applaus eintrug. Mit der Band Kasalla fasste Sebus vor zwei Jahren sein Vermächtnis in Musik. Laut dem Song „Wenn ich ne Engel bin“ wünscht er sich von seinen Fans, dass sie „danze“. Das Lied gehörte ebenso ins Programm wie „Luur ens vun Düx noh Kölle“ in der modernen Version von den Bläck Fööss. Denn die Konzerteinnahmen und die Spende der Großen Kölner über 100.000 Euro fließt in die Finanzierung eines Ludwig-Sebus-Brunnens.

Dä Blötschkopp Marc Metzger überbrachte jecke Grüße.

Dä Blötschkopp Marc Metzger überbrachte jecke Grüße.

Das künftige Denkmal soll nach Liedern des Jahrhundert-Kölners gestaltet werden, darunter „Jede Stein en Kölle es e Stöck von mir“ und das Friedenslied „Die wiesse Duuv“, das der älteste Krätzchensänger der Domstadt zusammen mit Wolfgang Löhr im Mai 2024 herausbrachte.