Köln – Und dann waren es 250 000. Die Antwort auf die Frage, wie viele Menschen am Rosenmontag zur Friedenskundgebung in der Innenstadt gekommen sind, lieferte die Kölner Polizei am Nachmittag, kurz darauf teilte auch der Veranstalter, das Festkomitee Kölner Karneval, die gleiche Zahl mit. Nimmt man die beiden Kölner Stadtbezirke Mülheim und Rodenkirchen mit ihren insgesamt 22 Stadtteilen, müssten rechnerisch all diese Menschen bei der Kundgebung gewesen sein. Denn die Einwohnerzahl der beiden Bezirke liegt bei etwa 250 000. Kann das sein?
Polizei schätzt meist eher vorsichtig
Die Polizei zeigt sich generell zurückhaltend, wenn es darum geht, Teilnehmerzahlen bei Großveranstaltungen zu veröffentlichen. „Wir versuchen allein aus einsatztaktischen Gründen eine Teilnehmerzahl zu ermitteln. Für uns geht es dabei um die Positionierung der Bereitschaftspolizei und die etwaige Dauer von Verkehrssperrungen“, erklärt ein Polizeisprecher. Und er sagt auch: „Mit absoluter Sicherheit kann niemand die genaue Zahl nennen, weil die Fluktuation groß ist. Auch bei uns handelt es sich um Hochrechnungen und Schätzungen“, so der Behördensprecher. Eine Dimension wie beim Friedensmarsch am Rosenmontag habe es in Köln bislang nicht gegeben.
Kamen wirklich sonst eine Million Menschen zum Zug?
In den vergangenen Jahren hat bei sich vielen Veranstaltern eine gewisse Zurückhaltung durchgesetzt, wenn es um die Schätzung von Besuchermassen geht. Früher hieß es stets, der Rosenmontagszug werde von rund einer Million Menschen gesehen. „Wir sprechen von mehreren Hunderttausend Besuchern. Das lässt sich aufgrund der Streckenlänge in etwa errechnen“, sagt Festkomitee-Sprecherin Tanja Holthaus. Beim Köln-Marathon, den es seit 1997 gibt, war anfangs oft von 450 000 Besuchern die Rede. „Wir sprechen nun immer von mehreren Zehntausend Besuchern, das erscheint die seriöseste Antwort zu sein“, sagt Marathon-Sprecher Jan Broniecki. Für die Sponsoren sei ohnehin die Zahl der Teilnehmer interessanter als die der Zuschauer am Streckenrand.
Drei Beobachtungspunkte
Aber wie kommt die Polizei auf eine Viertelmillion Demonstrationsbesucher? Für die Hochrechnung spielten nach Angaben der Behörde drei Beobachtungspunkte eine Rolle. Zum einen stand ein Polizeihubschrauber über dem Chlodwigplatz, der für Luftaufnahmen genutzt wurde. Auch von der Severinstorburg aus versuchten Beamte, sich einen Überblick zu verschaffen. Und schließlich vertraute Einsatzleiter Frank Schäfer, Leiter der Polizeiinspektion 6, auf die Beobachtungen der Hundertschaft an leicht erhöhten Stellen im Streckenverlauf.
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Die Rechnung der Polizei sah wie folgt aus: Etwa sechs Personen seien in einer Reihe gegangen, geht man von einem Abstand von einem Meter aus, macht das auf der 4,5 Kilometer langen Demonstrationsstrecke 27 000 Menschen. Das ist jedoch sehr konservativ gerechnet, denn auf vielen Fotos ist zu erkennen, dass zum Teil zehn und Mehr Menschen nebeneinander hergehen. Als die Spitze das Ziel in der Mohrenstraße erreicht hatte, war die große Masse auf dem Chlodwigplatz noch nicht losgegangen. Hinzu kommen Menschen am Streckenrand. Geht man davon aus, dass sich die Strecke in 90 Minuten bewältigen lässt und die Kundgebung gegen 16 Uhr, also nach rund fünf Stunden Marsch für beendet erklärt worden ist, ergibt sich rechnerisch zumindest eine Teilnehmerzahl von deutlich mehr als 100 000. Rechnet man mit zehn bis zwölf Personen, die in einer Reihe gegangen sind, sind es schon mehr als 200 000 Teilnehmer. Völlig unrealistisch scheint die von Polizei und Veranstalter geschätzte Zahl demnach nicht zu sein. Anfangs seien beide von 150 000 ausgegangen, am Mittag sei die Zahl angesichts des großen Zulaufs dann erhöht worden, heißt es.