FDP-Politikerin im PorträtWie Strack-Zimmermann die deutsche Ukraine-Politik prägt

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Strack-Zimmermann

Marie-Agnes Strack-Zimmermann, FDP-Bundestagsabgeordnete 

Berlin – Als die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann vorletzte Woche mit ihren Bundestagskollegen Anton Hofreiter (Grüne) und Michael Roth (SPD) zu ihrer symbolträchtigen Reise in die Ukraine aufbricht, wird in den sozialen Medien gescherzt. Deutschland schicke der Ukraine zwar keine echten Waffen, aber „MASZ“ zu entsenden – wie Strack-Zimmermann der Kürze halber genannt wird –, das sei ja schon mal ein Anfang.

Der Witz kommt nicht von ungefähr. Strack-Zimmermann ist um klare Worte nicht verlegen. „Sie gehören ausgewiesen“, schrieb sie kürzlich öffentlich an den Twitter-Account der russischen Botschaft. Sie forderte als eine der Ersten schwere Waffen für die Ukraine aus Deutschland, sie kritisiert Bundeskanzler Olaf Scholz für seine Zurückhaltung und hat ihn in den Verteidigungsausschuss eingeladen, manche sagen: Sie hat ihn zitiert. Die Frau hat Nerven – und Haare auf den Zähnen.

Gegensatz zur Amtsinhaberin Lambrecht

In kürzester Zeit ist die 64-Jährige zu einem der wichtigsten Gesichter der deutschen Ukraine-Politik geworden. Während die meisten Menschen bei der Aufzählung der FDP-Minister im Bundeskabinett ins Grübeln kommen, kennt Strack-Zimmermann inzwischen jeder. Man könnte sagen: Sie ist die Schatten-Verteidigungsministerin des Ampel-Kabinetts. Das gelingt ihr auch deshalb, weil Amtsinhaberin Christine Lambrecht (SPD) in den vergangenen Wochen jedenfalls nicht für Klarheit stand.

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Dabei ist die Kenntnis von Waffensystemen und Rüstungsvorhaben der Bundeswehr auch bei Strack-Zimmermann nicht im langjährigen Studium entstanden. „MASZ“ stammt aus Meerbusch bei Düsseldorf, dessen Oberbürgermeisterin sie 2020 werden wollte und dabei immerhin einen Achtungserfolg erzielte.

Sie hat Publizistik und Germanistik studiert, eine Doktorarbeit über die USA-Berichterstattung im ZDF verfasst und für einen Jugendbuchverlag gearbeitet. Sie hat drei Kinder, drei Enkelkinder, fährt Motorrad – und soll im Regierungsviertel auch schon auf dem Roller gesichtet worden sein. Nach vielen Jahren in der Kommunalpolitik zog sie 2017, mit Ende 50, erstmals in den Bundestag ein – und arbeitete sich als verteidigungspolitische Sprecherin ihrer FDP-Fraktion schnell und tief in die Sorgen und Nöte der Bundeswehr ein.

Scholz und sein Seitenhieb auf Strack-Zimmermann

Als sie mit ihren Ampel-Kollegen überraschend zu einem Kurzbesuch in die Ukraine aufbricht, während das Land darüber debattiert, ob nicht auch Scholz mal hinfahren sollte, finden das in der Koalition nicht alle gut. Vor allem aus der SPD gibt es Kritik.

Es heißt, es sei nicht ratsam, Politik aus emotionalen Eindrücken von vor Ort heraus zu machen. Kanzler Scholz spricht in einem Interview von „Jungs und Mädels“, denen er sage: „Weil ich nicht tue, was ihr wollt, deshalb führe ich.“ Das wird im politischen Berlin als klarer Seitenhieb auf Strack-Zimmermann und ihre Reisegruppe verstanden.

Strack-Zimmermann hatte nach ihrer Reise noch klarer formuliert, dass die Ukraine Waffen aus Deutschland bekommen sollte. Auf die Frage, ob im Kanzleramt ein Zauderer sitze, antwortete Strack-Zimmermann nach der Reise im Deutschlandfunk mit einem klaren „Ja“. Seither vergeht kaum ein Abend, an dem sie nicht in einer Talk-Show sitzt. Geht es ihr auch um Aufmerksamkeit, wie Kritiker aus der Ampel-Koalition argwöhnisch behaupten? Macht sie dafür Opposition gegen den Kanzler der eigenen Koalition?

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Um Aufmerksamkeit zu bekommen, hätte sie die Reise in die Ukraine jedenfalls nicht gebraucht. Militärexperten wie Carlo Marsala bringen regelmäßig ihre Wertschätzung für Strack-Zimmermann zum Ausdruck.

Im persönlichen Gespräch wirkt sie allerdings nicht wie jemand, für den ein Thema nur Mittel zum Zweck ist. Erst recht nicht, wenn es um die Ukraine geht, deren Recht auf Selbstverteidigung für die Liberale nicht minder wichtig ist als ihr Kampf um Freiheit und Demokratie, der Strack-Zimmermann keine Ruhe lässt und ihre tiefe Unterstützung findet.

Versperrte Lindner den Weg zum Ministeramt?

In Expertenkreisen sind sich manche sicher, sie wäre heute Verteidigungsministerin, wenn die FDP das Amt nicht hätte preisgeben müssen, um das Finanzministerium für Lindner zu bekommen. Parteifreunde sagen über MASZ, sie sei „aus tiefstem Herzen Parlamentarierin“. Als solche hat sie vielleicht schon mehr erreicht, als es ihr als Ministerin möglich gewesen wäre. Zuletzt hat die Ampel beschlossen, auch schwere Waffen in die Ukraine zu schicken.

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