Platzsturm beim U 19-SpielDie Rückkehr der Fußballchaoten beim 1. FC Köln

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U19-Spieler Philipp Wydra schaut wie erstarrt auf die Chaoten bei deren Platzsturm in Genk.

Genk/Köln – Fassungslosigkeit prägt am Tag nach dem Platzsturm von Genk die Gemütslage am Geißbockheim. Werner Wolf, der Präsident des 1. FC Köln, hatte die U 19 des Clubs gemeinsam mit seinem Vize Carsten Wettich am Dienstagabend zum Rückspiel der Youth League beim KRC Genk nach Belgien begleitet. Doch kurz vor dem Pausenpfiff waren etwa 50 vermummte Männer über die Spielfeldumrandung gesprungen, um sich mit Fans aus Genk zu prügeln. „Es ist unfassbar traurig und völlig inakzeptabel, dass einige Chaoten die Bühne des europäischen Jugendfußballs missbrauchen, um ihr Bedürfnis nach Gewalt zu stillen“, geißelte Wolf die Gewalteskalation.

Szene erhält Zulauf von jungen, gewaltbereiten Männern

An der Aufarbeitung der Ereignisse und der Identifizierung von Tätern ist nun auch die Kölner Polizei beteiligt, die mit szenekundigen Beamten im Stadion vertreten war. Als Ursache für den Gewaltausbruch wird die Fanfreundschaft des KRC Genk zu Borussia Mönchengladbach vermutet. Am Platzsturm sollen sich nach Beobachtungen von Szenekennern auch Gewalttäter aus Essen und Dortmund beteiligt haben. „Wir werden den Fall intern aufarbeiten“, kündigte Werner Wolf an. Im Vorfeld der Partie soll es entsprechende Warnungen vor Reisebewegungen gewaltbereiter Fans gegeben haben.

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Für die Jugendspieler des 1. FC Köln bedeutete die internationale Begegnung den Höhepunkt ihrer bisherigen Karriere. Doch die 1:3-Niederlage und das Ausscheiden der Mannschaft rückten nach den Ereignissen in den Hintergrund. „Viele Spieler werden das nicht ausgeblendet haben können“, hatte FC-Trainer Stefan Ruthenbeck nach Abpfiff kommentiert. In der Halbzeitpause soll sogar ein Spielabbruch gedroht haben. Am Mittwoch teilte der europäische Fußballverband Uefa mit, die eigene Disziplinarkommission werde sich mit den Vorfällen befassen.

Polizei leitet Ermittlungen ein

Die Polizei hat nun Ermittlungen wegen schwerem Landfriedensbruch eingeleitet. „Um die Vorkommnisse aufzuklären, arbeitet die Kölner und die zuständige Polizei in Belgien eng zusammen“, teilte ein Behördensprecher mit. Zu den Gewalttätern sollen bekannte Personen aus dem Umfeld verschiedener Ultragruppierungen gehören. Für den Platzsturm hatten einige ihre Gesichter mit rot-weißen Masken vermummt, andere beließen es bei einem Mund-Nasenschutz. In dieser Saison hatten die Ultras aus Protest gegen die pandemiebedingten Zugangsbeschränkungen bislang auf Stadionbesuche verzichtet. Erst zu Wochenbeginn hatten die Ultras und der Fan-Zusammenschluss „Südkurve e.V.“ in einer Stellungnahme ihre Entscheidung begründet. „Wie bereits erwähnt, definiert sich für uns ein Stadionerlebnis sowohl aus dem Fußballspiel als auch durch die Gemeinschaft. Aus diesem Grund wird es auch bis auf weiteres keinen organisierten Support der uns angeschlossenen Gruppen geben“, heißt es.

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Bereits seit einigen Jahren stellt die Polizei eine Verjüngung der Ultra-Szene fest. Zulauf erhalten die Fanclubs nach Kenntnissen der Ermittler zum Teil von jungen Männern mit Kampferfahrung und Verbindungen zur rechtsextremen Szene. Der Ultraszene des 1. FC Köln sollen zwischen 150 und 300 Personen angehören, die zunehmende Unterwanderung der Gruppen durch junge Gewalttäter soll intern schon lange für Unruhe sorgen. „Den meisten Applaus gibt es bei Fantreffen, wenn es heißt: Wie lange lasst ihr Euch das noch gefallen?“, erzählt ein Mitglied der Szene.

Viele Fußballfanatiker haben den Ultras längst den Rücken gekehrt, denn der Boykott bunter Choreographien und vieler FC-Spiele hat nicht für ungeteilte Begeisterung gesorgt. Einen Termin für ihre offizielle Rückkehr ins Stadion haben die Ultras noch nicht benannt. Auch gegen Bayer Leverkusen wollen sie am Sonntag nicht ins Rheinenergie-Stadion kommen, obwohl die Stadt erstmals seit Beginn der Pandemie wieder 50 000 Fans zugelassen hat.

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