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Jupiter gegen ChatGPTEuropas Antwort auf die KI-Supermächte startet in NRW

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Die Reihen der 50 Containermodule von „Jupiter“, die rund 2.300 Quadratmeter Fläche einnehmen.

Die Reihen der 50 Containermodule von „Jupiter“, die rund 2.300 Quadratmeter Fläche einnehmen.

Krisengeplagte Politiker feiern die Einweihung eines der weltweit stärksten Supercomputer im Forschungszentrum Jülich. Deutschland soll damit seinen Rückstand bei der Entwicklung Künstlicher Intelligenz aufholen.

Das Forschungszentrum Jülich schwelgte am Freitag in Superlativen: Jupiter, der Supercomputer, sei ein „Gigant“, ein „Meilenstein“, ein „Pionier“, hieß es. Bundeskanzler Friedrich Merz und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (beide CDU) weihten dort den schnellsten Computer Europas und den viertschnellsten der Welt ein. „Wir sind Zeitzeugen eines historischen, europäischen Pionierprojekts“, sagte Merz vor Bundes-, Landes und Europapolitikern, Forschern aus aller Welt und Wirtschaftsvertretern. Mitten in einem Epochenbruch, der Deutschland und Europa in Sorgen stürzt, will der Kanzler in Jupiter einen Beweis dafür erkennen, dass die Europäische Union im globalen Wettbewerb durchaus mitmischen könne.

Jülich: Bundeskanzler Friedrich Merz (M CDU), Hendrik Wüst (r CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Dorothee Bär (l CSU), Bundesministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt, sowie Astrid Lambrecht, Vorstandsvorsitzende des Forschungszentrum Jülich, nehmen teil an der Einweihung des ersten europäischen Supercomputers der Exascale-Klasse.

Jülich: Bundeskanzler Friedrich Merz (M CDU), Hendrik Wüst (r CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Dorothee Bär (l CSU), Bundesministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt, sowie Astrid Lambrecht, Vorstandsvorsitzende des Forschungszentrum Jülich, nehmen teil an der Einweihung des ersten europäischen Supercomputers der Exascale-Klasse.

„Die USA und China liefern sich bei der Künstlichen Intelligenz (KI) ein Kopf-an Kopf-Rennen. Wir in Deutschland und Europa haben alle Chancen, aufzuholen und mitzuhalten“, so Merz. Der Name Donald Trump fiel nicht, stand aber unausgesprochen im Raum. Europa stehe für freie Wissenschaft und offene Märkte, betonte Merz. Und Deutschland, die alte Maschinenbau-Nation, stelle mit Jupiter unter Beweis, dass es immer noch in der Lage sei, Maschinen von Weltruhm zu bauen.

Willkommene Atempause in unruhigen Zeiten

Weil Politik von Erzählungen lebt, von so genannten Narrativen, ist ein Projekt wie Jupiter attraktiv für politische Akteure. Der Name steht für Superlativen: der größte Planet, die höchste römische Gottheit, nun auch der schnellste Supercomputer Europas.rich Merz„ Koalition kommt aus einer Art Sommerdepression und ist auf dem Sprung in einen anstrengenden „Herbst der Reformen“. Das Fest um den gigantischen Rechner von Jülich ist eine willkommene Atempause in unruhigen Regierungszeiten.

Für Hendrik Wüst wiederum ist Jupiter die Gelegenheit, das NRW-Narrativ „Von der Kohle zur KI“ zu wiederholen. In einem Bundesland mit einem Wachstum nahe null und taumelnden Industriegiganten wie Thyssenkrupp und Ford kommt dieser Mega-Rechner, von dem es heißt, er könne das Unmögliche möglich machen, gerade zur rechten Zeit.„Hier in NRW entsteht die KI von morgen“, sagte Ministerpräsident Hendrik Wüst stolz. „Wir gehen heute einen riesengroßen Schritt, Europa zum KI-Kontinent zu machen.“

Jülich: Ein Modul des ersten europäischen Supercomputers der Exascale-Klasse.

Jülich: Ein Modul des ersten europäischen Supercomputers der Exascale-Klasse.

Prof. Astrid Lambrecht, Vorstandsvorsitzende des Forschungszentrums Jülich, schmückte diese Botschaft weiter aus: Jupiter werde „an vorderster Front“ zur Entwicklung einer sicheren und vertrauenswürdigen KI „Made in Europe“ beitragen. Der Superrechner stärke nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit NRWs, Deutschlands und Europas, sondern stelle sicher, dass KI-Anwendungen „auch unseren europäischen Werten entsprechen.“ Der Kanzler ließ es sich nicht nehmen, den USA-Vergleich mit einem Blick in den Kalender zu verfeinern: Auf den Tag genau vor 48 Jahren, am 5. September 1977, startete die NASA-Sonde „Voyager One“ Richtung Jupiter. Ein Zufall sei das, natürlich. Aber einer „von großer Symbolkraft.“ Nun seien die Europäer mit Jupiter Zeitzeugen eines historischen Pionierprojekts.

Was ist Jupiter?

Der schnellste Supercomputer in Europa und der viertschnellste der Welt. Der Name dieses ersten europäischen „Exascale-Computers“ steht für „Joint Undertaking Pioneer for Innovative and Transformative Exascale Research“.

Was leistet Jupiter?

Jupiter ist das erste Computer-System in Europa mit einer Rechenleistung von mehr als einem ExaFLOP/s. Das entspricht einer Trillion Rechenoperationen pro Sekunde oder der Rechenleistung von einer Million moderner Smartphones. Astrid Lambrecht, Vorstand des Forschungszentrums Jülich erklärt: „Unser Gehirn braucht für eine Rechenaufgabe ungefähr eine Sekunde. Jupiter schafft eine Trillion Rechenaufgaben pro Sekunde.“

Wofür ist das gut?

Jupiter soll zum Beispiel die Klima- und Wettersimulation verbessern, um die Vorhersagen von Starkregen und heftigen Gewittern verlässlicher zu machen. Heutige Apps würden das Wetter mit etwa 13 Kilometer Genauigkeit voraussagen, erklärte Astrid Lambrecht. Mit Jupiter werde es nur noch ein Kilometer sein. Jupiter soll auch Strömungsphänomene in Windkraftanlagen oder Vorgänge im menschlichen Gehirn besser berechnen, als dies bisher möglich sei.

Jupiter ist auch ein Trainer für Künstliche Intelligenz (KI). Der Supercomputer kann die KI zum Beispiel in Sprachen „unterrichten“. Jupiter könne sogar der Schöpfer einer europäischen Alternative zu „ChatGPT“ sein.

Wieviel Strom verbraucht Jupiter?

Der Verbrauch liegt bei etwa elf Megawatt am Tag – das entspricht dem Verbrauch von mehreren tausend Haushalten. Es heißt aber, der mit Ökostrom betriebene Jupiter setze Maßstäbe in puncto Energieeffizienz – er sei der energieeffizienteste unter den Superrechnern der Welt. Jupiter soll zudem darauf ausgelegt sein, die im Betrieb erzeugte Abwärme zum Heizen von Gebäuden zu nutzen.