LVR-Experten zeigen bei der Archäologietour im Kreis Euskirchen ihre aktuellen Grabungen und neuesten Forschungs-Erkenntnisse.
ArchäologietourWissenschaftler führen Besucher im Kreis Euskirchen zu versteckten Schätzen

Eine Fundstelle der mittelalterlichen Wasserleitung von Wahlen nach Steinfeld präsentiert Grabungsleiterin Antje Laube.
Copyright: Stefan Lieser
Fünf ausgebuchte Sonderbusse, dazu mehr als 100 Interessenten, die sich zu Fuß oder mit dem Auto zu den sechs Stationen auf den Weg machten: Wenn die Archäologen des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rahmen der Archäologietour Nordeifel von ihrer Arbeit und den neuesten Erkenntnissen berichten, stört auch kein usseliges Frühherbstwetter.
Spannend ist es dieses Mal etwa bei Nicole Kegler-Gaiewski im Wald. Vor ihr, mehr schlecht als recht erkennbar, ragt der Hügel einer spätmittelalterlichen Burganlage auf. 300 Meter westlich von Wollenberg geht es einen steilen Waldweg hinab. Und die Referentin des LVR-Amts macht klar: „Wir wissen, was wir nicht wissen!“
Hellenthal: Die Spuren einer Burg im Wald bei Wollenberg
Wann die Burgwüstung auf der Flur Altenberg entdeckt wurde, ist unbekannt. Archäologische Grabungen sind ebenfalls bis heute ausgeblieben. Deren Bestand ist heute unter anderem durch die Entdeckung der Reste eines Rundturms, Keramik aus dem Mittelalter, Nägel, eine Axt, oder auch gemauerte Steine bestätigt.
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1899 tauchte eine erste namentliche Erwähnung in einer Fachzeitschrift auf. In und um Wollenberg allerdings wird man schon lange geahnt haben, dass da mitten im Wald, an zwei Seiten umgeben von Bachläufen, zum Hang mit einem künstlich angelegten Halsgraben gesichert, einmal wer gelebt haben muss. Bei Waldarbeiten wurde ja so manches gefunden.

Rechts im Wald nur zu erahnen sind die Spuren der Burgwüstung Altenberg unterhalb von Wollenberg.
Copyright: Stefan Lieser
Man gehe auch nach neuesten, digital erstellten 3D-Geländemodellen auf Basis neuer Satellitenaufnahmen davon aus, dass es sich um einen Adelssitz, mutmaßlich aus dem 10. bis 13. Jahrhundert, handele, so die LVR-Expertin. Charakterisiert wird er als sogenannte Spornanlage, wie sie auch bei einigen der Burgen am Mittelrhein zu finden sind. 43 Meter lang und sechs Meter breit ist das eigentliche Plateau der heutigen Burgwüstung Altenberg.
Auch Wilma Hilgers aus Mechernich staunt über die Details, die die Expertin der Gruppe vor dem Hügel unweit des Wanderwegs „Auf der Spur der Raubritter“ erklärt. Das sei eben typisch für die Archäologietour, sagt sie: „Die Veranstaltungen sind bestens organisiert, die Experten vor Ort kennen sich einfach aus.“ Zudem sei die Rundreise im Bus zu den sechs Stationen vergleichsweise kostengünstig. Sie jedenfalls will auch im kommenden Jahr wieder dabei sein – wie auch im vergangenen Jahr. Wie Hilger sind es neben Ausflüglern aus einem weiteren Umkreis auch zahlreiche Einheimische, die ihre Heimat einfach besser kennenlernen wollen. Sie nutzen die Gelegenheit, sich einmal genau erklären zu lassen, was unbekannt oder nur ungefähr dem Vernehmen nach bekannt ist.
Kall: Eine Wasserleitung von Wahlen bis ins Kloster Steinfeld
„Das ist auf jeden Fall die älteste Wasserleitung dieser Art in der Nordeifel.“ Antje Laube, Grabungsleiterin beim Amt für Bodendenkmalpflege, steht vor einem erst vor wenigen Wochen freigelegten Teil der mittelalterlichen Wasserleitung, die von Wahlen über 2,2 Kilometer zur Brunnenstube im Kloster Steinfeld führte. „Das war eine Druckwasserleitung aus Bleirohren“, so die Expertin. Die Quellfassung wurde zwar schon 1960 in Wahlen gefunden. Doch wie verlief von hier aus die Trasse?
Mithilfe eines Magnetometers machten sich die Archäologen an die Arbeit. Sie fanden markante Störungen des natürlichen Erdmagnetfeldes im Acker oberhalb von Wahlen in Richtung Steinfeld. Und tatsächlich wurden drei Abschnitte der einstigen Wasserleitung, die mutmaßlich auf Basis einer Schenkungsurkunde des Areals von 1328 schon bestanden haben muss, entdeckt. Eine weitere Fundstelle verweise auf eine wesentlich jüngere Wasserleitung nach Wahlen, so Laube.
Klar ist, dass sie aus dem besten Material gebaut war. Die Klöster hatten im Mittelalter einfach das meiste Geld.
Entdeckt wurden bei der Klosterwasserleitung Reste eines im Hohlkernverfahren errichteten Gewölbes aus Grauwackebruchsteinen. Der Boden sei mit Lehm und Kalksinter bedeckt gewesen. Die lichte Weite des Gewölbes betrug zwischen 80 Zentimetern und 1,10 Metern und hatte eine Wangenhöhe von 85 Zentimetern. Es war also gebückt begehbar. Nur von der aus Frostschutzgründen verlegten Bleirohrleitung fehlt jede Spur. Die Experten gehen davon aus, dass nach dem Zweiten Weltkrieg das Blei gestohlen wurde.
Bei historischen Wasserleitungen in der Nordeifel denkt man unwillkürlich an das Meisterwerk der römischen Freifallleitung nach Köln. So funktionierte die Druckwasserleitung Wahlen-Steinfeld zwar nicht – aber: „Klar ist, dass sie aus dem besten Material gebaut war. Die Klöster hatten im Mittelalter einfach das meiste Geld“, so Laube.
Blankenheim: Das Archiv im Boden an der Oberahr
Dass er mal der „Mann mit dem Hammer“ sein würde, hätte sich Arndt R. Lennartz vermutlich auch nicht träumen lassen. Doch genau das ist jetzt die Aufgabe des Geoarchäologen im Ahrtal nahe der Bushaltestelle Reetzer Weg auf der K41, nahe dem Abzweig zur B258. Immer wieder treibt er den einen Meter langen Stahlstab mit einem Halbprofil in den Auenboden, zieht ihn mit einem Hebel wieder heraus, fertig ist mit dem Bohrkern ein Einblick in die Erdgeschichte. „Bis ins Mittelalter“, so Philipp Schulte, wie Lennartz Geoarchäologe beim LVR.
Die Probe bestätigt einmal mehr: Auf Tonboden folgen verschiedene Sedimentschichten, auch Spuren von Braunkohle: Der einstige Sedimentboden wurde durch die Abholzung der Hänge für die Eisenerzverhüttung im Mittelalter sowie Wind und Wetter in seiner Zusammensetzung nachhaltig verändert. „Wo wir hier auf Weiden stehen, war nach der Eiszeit nur Wasser, ein mäandernder Bach“, so Schulte. Dennoch: Das Bodenarchiv an der Ahr ist gut auslesbar und nicht wie andernorts durch Besiedlung überformt.
Was da alles zu lesen ist, wurde durch Messungen festgestellt: Eine Röntgen-Fluoreszenz-Analyse bestimmte die chemische Zusammensetzung des Untergrunds, die Radio-Kohlenstoffdatierung und eine Cäsium-137-Messung bestimmten das Alter der Schichten. „So können wir heute ziemlich genau rekonstruieren, wann die umliegenden Hänge durch den Erzabbau beseitigt wurden“, so Philipp Schulte.
Ähnlich aufschlussreich war die Vorstellung neuer Funde und Erkenntnisse auch an der Quellfassung des Grünen Pütz bei Nettersheim, im wiederaufgebauten Weiertor in Zülpich und an der einstigen Trasse der Vennquerbahn bei Kronenburg.