F&A zu Corona in KölnSchlechte Aussichten für Karneval, mehr Tempo beim Impfen

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Impfungen

Eine hohe Impfquote sehen viele Experten als einzigen Ausweg aus der Pandemie. 

Köln – Nach den Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz äußerte sich am Freitag der Kölner Krisenstab zur aktuellen Corona-Lage. Fragen und Antworten.

Woher kommt die hohe Inzidenz in Köln?

Die 7-Tage-Inzidenz lag am Freitag in Köln bei 454,1 – der höchste Wert in Nordrhein-Westfalen. Neben dem bundesweit verschärften Infektionsgeschehen seien mehrere größere Ausbrüche mit starkem Innenraumbezug dafür verantwortlich, sagte Gesundheitsamtsleiter Johannes Nießen. Dazu kommt eine hohe Inzidenz bei den noch nicht impfbaren Kindern. In der Gruppe der Sechs- bis Zehnjährigen beträgt die Inzidenz in Köln mittlerweile 710,5. Bei den über 18-Jährigen liegt der Wert dagegen bei 195,3.

Gesundheitsdezernent Harald Rau warnte davor, sich an die hohen Zahlen zu gewöhnen und verwies auf eine Statistik des Robert-Koch-Instituts, nach der ein Prozent aller Infizierten sterben.

Wo stecken sich die Menschen an?

So gut wie jeder Bereich des gesellschaftlichen Lebens bekräftigt seit Beginn der Pandemie, wenn die Infektionszahlen mal wieder steigen: „Wir sind nicht der Grund.“ Zu beweisen ist das nur schwer, glaubt man den Daten des Gesundheitsamts. 70 Prozent der positiven Fälle wissen demnach nämlich nicht, wo sie sich angesteckt haben. Größere Ausbrüche gebe es bei privaten Feiern und Veranstaltungen mit Tanz und Gesang, aber auch beim Hallensport, Clubveranstaltungen und in Heimen und Pflegeeinrichtungen. Den größten Ausbruch mit 46 Fällen gab es in einem Pflegeheim. 567 Fälle sind auf die Sessionseröffnung am Elften im Elften zurückzuführen. 90 Prozent davon haben in geschlossenen Räumen gefeiert.

Wie ist die Situation in den Kliniken?

193 Covid-Patienten liegen derzeit auf Allgemeinstationen, 58 auf Intensivstationen. 13 Intensivbetten sind noch frei, das sind vier Prozent der Gesamtkapazität. Einen Unterschied gibt es allerdings im Vergleich zu den Wellen eins bis drei der Pandemie. „Die Intensivbelegung steigt viel moderater an als die Inzidenz“, sagte Feuerwehrchef Dr. Christian Miller. „Wir glauben, dass das ein massiver Effekt des Impfens ist.“ Im April lagen etwa deutlich mehr Covid-Patienten in den Kliniken, obwohl die 7-Tage-Inzidenz fast halb so hoch war.

Was tut sich beim Impfen?

Die Impfstelle an der Lanxess-Arena vergibt derzeit täglich 1100 Termine. Am Freitag der kommenden Woche starten dort auch Impfungen für Fußgänger und Radfahrer. Die Kapazität soll so bis auf 4000 Termine pro Tag steigen.

Derzeit sind drei mobile Impfteams in den Stadtteilen unterwegs, zwei weitere sollen folgen. Die Teams impfen ohne Terminvergabe, am Samstag zum Beispiel im Rheinenergie-Stadion (12 bis 18 Uhr) und im Richard-Riemerschmid-Berufskolleg in der Südstadt (11 bis 17 Uhr), am Sonntag im Pfarrsaal St. Pius in Zollstock (11 bis 17 Uhr) und erneut im Rheinenergie-Stadion (12 bis 18 Uhr).

In der letzten Novemberwoche haben niedergelassene Ärzte rund 51 000 Impfungen durchgeführt. In der Vorwoche waren es noch 28 000. Rund 74,8 Prozent der Kölner sind vollständig geimpft, der NRW-Schnitt liegt bei 71,8 Prozent. „Bei den Erstimpfungen sehen wir, dass die Kurve nach oben geht“, sagte Gesundheitsamtsleiter Johannes Nießen.

Ob die geplante Impfaktion für Schüler in den Weihnachtsferien stattfinden kann, ist aufgrund von Lieferengpässen des Biontech-Impfstoffes noch unklar. Die Ständige Impfkommission empfiehlt, unter 30-Jährige ausschließlich mit Biontech zu impfen. „Ich kritisiere das aufs Schärfste“, sagte Stadtdirektorin Andrea Blome.

Kann das Impftempo noch steigen?

Ja, sagt die Stadt. Dafür soll ein neues festes Impfzentrum entstehen. Blome bezeichnete es als „grundlegend falsch“, dass das Impfzentrum an der Messe im Sommer geschlossen werden musste. Dr. Christian Miller sagte, dass das Land die Schließung gegen den Willen der Stadt durchgesetzt habe. „Wir haben das Land auf die anstehenden Booster-Impfungen aufmerksam gemacht“.

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Die Feuerwehr ist nun von der Stadt damit beauftragt worden, eine neue Immobilie zu finden. „Die Suche sei nicht einfach“, sagte Miller. Das neue Impfzentrum müsse nach derzeitigem Stand bis zu 24 Monate offen sein. Einen angepeilten Eröffnungstermine gebe es noch nicht. Blome sagte weiter, dass die Serie von Impfprovisorien in Köln eine Ende haben müsse.

Wie entwickelt sich das Testen?

Die Testkapazität pro Tag liegt derzeit bei 78 902. Gesundheitsamtsleiter Johannes Nießen sagte, die Zahl solle weiter erhöht werden, auch wenn aktuell nur etwas mehr als die Hälfte der Kapazität genutzt wird. Allerdings seien die Labore, die PCR-Tests auswerten, stark ausgelastet, teilweise sogar überlastet.

Am Dienstag lag die Zahl der nicht kontaktierten positiven Fälle bei 900 (wir berichteten). Mittlerweile sei die Zahl auf 2000 angestiegen. 40 in dieser Woche neu eingestellte Mitarbeiter und 60 weitere in der kommenden Woche sollen das Tempo beim Abarbeiten des Stapels nun erhöhen.

Wie stehen die Aussichten für den Karneval?

Nach derzeitigem Stand nicht gut. Bei gleichbleibendem Infektionsgeschehen sei beispielsweise die Proklamation mit 1300 Gästen im Gürzenich „nur schwer vorstellbar“, sagte Gesundheitsdezernent Harald Rau. Auch Blome äußerte sich kritisch. Nach heutiger Lage sei nicht davon auszugehen, „dass die Zahlen in kürzester Zeit weit nach unten gehen“, sagte Blome.

„Die Rahmenbedingungen sind nun wie erwartet deutlich verschärft worden“, sagte Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn. Das Festkomitee prüft nun die Auswirkungen der Corona-Schutzverordnung. Die besagt: Großveranstaltungen ab 1000 Besuchern werden auf 30 bis 50 Prozent der Gesamtkapazität gedeckelt. Im schlimmsten Fall hieße das: 390 Besucher im Gürzenich – wirtschaftlich nicht denkbar.

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