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Interview

Umzug aufs Land
WDR-Moderator Martin von Mauschwitz fühlt sich in Oberberg pudelwohl

6 min
Porträt eines Moderators in der Gummersbacher Fußgängerzone

Martin von Mauschwitz ist neuerdings in einem kleinen Fachwerkhaus in Gummersbach zu Hause.

Im Interview verrät der 63-Jährige, was er am Oberbergischen besonders schätzt. Und wie er kurzerhand in Wiehl zum Schauspieler wurde.

Von der Stadt aufs Land, aus dem Fernsehstudio auf die Theaterbühne: Martin von Mauschwitz, Moderator der „Aktuellen Stunde“ im WDR-Fernsehen, ist kürzlich nach Oberberg gezogen und hat hier eine alte Leidenschaft wiederbelebt. Reiner Thies sprach mit dem Journalisten über sein neues Leben.

Sie sind 1961 in Ratingen geboren, in Mettmann aufgewachsen, haben lange in Essen gelebt und zuletzt in Köln: Was hat Sie nach Gummersbach verschlagen?

Martin von Mauschwitz: Ich habe vor zwei Jahren privat ein neues Kapitel aufgeschlagen und war vom Kölner Wohnungsmarkt frustriert. Darum habe ich mir einen alten Wunsch erfüllt und bin aufs Land gezogen. Ich hatte kreuz und quer im Umland gesucht, auch in der Eifel. Bei der Besichtigung dieses kleinen Fachwerkhauses in einem Gummersbacher Dorf kam das Bauchgefühl: Hier möchte ich sein.

Blick auf einen Moderator in einem Fernsehstudio.

Als Moderator der „Aktuelle Stunde“ des WDR ist Martin von Mauschwitz einem breiten Publikum bekannt.

Was gefällt Ihnen an Ihrer neuen Wahlheimat?

Es ist schön ruhig, es gibt hier keinen Verkehrslärm. Man ist zugleich nicht so weit weg von Köln, der Abstand hat das richtige Maß. Mir war eine gute Schienenanbindung wichtig. Allerdings habe ich wegen der unfassbaren Unzuverlässigkeit der Regionalbahn mir dann doch ein Auto kaufen müssen. Das Zuspätkommen kann ich meinem Arbeitgeber nicht so oft zumuten. Ich kannte die Gegend nicht. Als ich im Januar 2024 eingezogen bin, fuhr ich im Schneetreiben hinter dem Streuwagen her. Als ich im Dorf ankam, fuhr der Nachbar gleich mit dem Hoflader vor und hat meine Einfahrt geräumt. Die Dorfkinder haben meine neunjährige Tochter gleich zum Schlittenfahren mitgenommen, und ich habe sie erst einmal nicht mehr gesehen. Das ist hier eine wunderbare, sehr hilfsbereite Dorfgemeinschaft. So etwas kannte ich noch nicht.

Gummersbach verband von Mauschwitz mit dem Handball

Wissen Sie noch, wann Sie das erste Mal als Journalist das Oberbergische auf den Schirm bekommen haben?

Ich kannte Gummersbach natürlich wegen des Handballs. Ansonsten war das hier Terra incognita. Meine Großeltern mütterlicherseits stammen aus Opladen, mit ihnen habe ich es mal bis Altenberg geschafft. Und ich habe einst ein Praktikum bei der Rhein-Sieg-Rundschau in Siegburg absolviert. Das Oberbergische kannte ich höchstens von der Durchfahrt auf der Autobahn. Mein Radar riss hinter Overath ab und fing erst wieder im Sauerland an. Erst jetzt, wo ich hier lebe, erschließe ich mir die Region als Journalist und neugieriger Mensch. Leider war die Zeit noch zu knapp, um alles zu erkunden.

Was halten Sie vom hiesigen Menschenschlag? Oder wird die angeblich so typische „Mentalität“ überschätzt?

Verglichen mit den Kölnern sind die Oberberger wortkarger. Sie sind noch rheinisch, aber schon ein bisschen westfälisch. Ich selbst habe auf dem Land beruflich einen ganz neuen Zugang zu Themen gefunden. In meiner Redaktion dominiert natürlich die Sicht der Großstädter. Auf dem Dorf sind die Probleme anders und die Ansichten viel bodenständiger als in der Stadt. Ein Elektro-Auto zum Beispiel wird dann angeschafft, wenn es sich rechnet. Und nicht, um umweltfreundlich dazustehen.

Ein Elektro-Auto zum Beispiel wird dann angeschafft, wenn es sich rechnet. Und nicht, um umweltfreundlich dazustehen.
Martin von Mauschwitz über den Unterschied zwischen Kölnern und Oberbergern

In Wiehl stehen Sie derzeit als Schauspieler im Rampenlicht. Sie haben eine Rolle in „Terror“ übernommen, der aktuellen Inszenierung des Schauspielstudios Oberberg. Sie spielen am kommenden Wochenende zum letzten Mal den Stabsoffizier Christian Lauterbach. Wie kam es dazu?

Vor mehr als 30 Jahren gehörte ich zu einer Laientheatergruppe, die regelmäßig in Lutz Görners Rezitheater aufgetreten ist. Das habe ich drangegeben, als ich zum Fernsehen kam und abends arbeiten musste. Jetzt, da ich hier ein neues Leben anfange, wollte ich das wieder machen. Die Tochter eines Nachbarn gab mir den Tipp, ich habe mir in Wiehl eine Vorstellung angesehen und dann am Theatertraining teilgenommen. Es ist eine tolle Truppe. Als ein Darsteller ausfiel, rief mich unsere Regisseurin Anna Pflitsch an und ich sagte sofort zu. Tatsächlich habe ich die Arbeit unterschätzt, das Textlernen geht mit über 60 doch etwas langsamer. Ich nutze die Gelegenheit beim Waldspaziergang und deklamiere laut vor mich hin. „Wenn ich jetzt nicht schieße ...“ Wenn mich einer hört, denkt er sicherlich: Der hat sie nicht alle. (lacht)

Lampenfieber vor dem Auftritt mit dem Wiehler Laientheater

Helfen Ihnen auf der Bühne Ihre Erfahrungen vor der Kamera?

Ich hätte nicht gedacht, dass ich noch einmal so viel Lampenfieber haben würde. Das Live-Publikum ist etwas anderes als die Kamera-Linse. Aber natürlich spiele ich im Fernsehen auch eine Rolle, nur dass ich sie in mehr als 25 Jahren gut eingeübt habe. Ich bin es gewohnt, deutlich zu sprechen. Am Anfang habe ich nach jedem Satz freundlich ins Publikum geschaut. Da hat meine Regisseurin gesagt: „Das Kameralächeln müssen wir Dir noch abtrainieren.“

Szene aus der Generalprobe eines Theaterstücks, hier die Vernehmung eines Stabsoffiziers als Zeugen.

Schwierige Rolle: Mit dem Ensemble des Schauspielstudios Oberberg bringt Martin von Mauschwitz das Stück „Terror“ von Ferdinand von Schirach auf die Bühne.

Im Stück geht es um die Frage, ob ein Luftwaffenpilot dafür bestraft werden soll, dass er ein Passagierflugzeug abgeschossen hat, das Terroristen in einem Stadion abstürzen lassen wollten. Würden Sie persönlich für Freispruch stimmen?

Unterm Strich würde ich hier ausnahmsweise mit der Mehrheit stimmen. Und die ist fast immer für den Freispruch. Das mag daran liegen, dass die Verurteilung die verkopftere Entscheidung ist. In solchen moralischen Dilemmata bin ich immer dafür, pragmatisch zu entscheiden. Das ist ja beim Paragrafen 218b nicht anders – auch bei der Abtreibung gibt es kein glattes Richtig oder Falsch und man muss den Einzelfall sehen. Die halbe Gummersbacher Dorfgemeinschaft war in dem Stück, und wir haben hinterher viel darüber diskutiert.

Suchen Sie noch andere Hobbys?

Für den Sport habe ich kein Talent. Meine zweite Leidenschaft ist die Fotografie. Ich gehöre zu einer Gruppe in Köln, arbeite analog und entwickele die Bilder am liebsten selbst. Vielleicht richte ich mir hier ein eigenes Labor ein. Beim Spaziergang ist die Kamera immer dabei, die Natur in Oberberg gibt viel her.

Zurück zu ihrem Beruf: Sie waren in den 1980ern Lokalreporter bei der Rheinischen Post, kamen dann zum WDR-Hörfunk und sind seit 1997 Moderator im Fernsehen. Die Digitalisierung hat diese klassische Medienlandschaft durchgepflügt und das Nachrichtenwesen völlig verändert. Nun ist auch noch Künstliche Intelligenz dazugekommen. Macht Ihnen das Sorge?

Aus dem Bauch heraus antworte ich erst einmal: Ja. Natürlich, in meinem Alter besteht die Gefahr, dass man sagt, früher war alles besser. Ich sehe durchaus, dass die völlig neue Welt der Digitalisierung auch Vorteile hat, allein die Recherchemöglichkeiten im Internet! Schwierig ist die unfassbare Beschleunigung der Nachrichten. Die Ereignisse verbreiten sich in Echtzeit über die Sozialen Medien. Alles ist schon auf dem Markt, bevor wir etwas senden können. Umso wichtiger wird es aber bleiben und werden, den Menschen vernünftig recherchierte Informationen anzubieten und diese seriös einzuordnen. Die KI sehe ich eher als Herausforderung für die nächste Journalistengeneration. Ich spiele dann in Wiehl Theater.