Bei Ford in Köln läuft die erste Urabstimmung überhaupt. Die Mitglieder der IG Metall entscheiden über Streiks in der Auseinandersetzung um einen Sozialtarifvertrag im Zuge von geplanten Stellenstreichungen des Autobauers. Seit Herbst gewinn die IG Metall viele neue Mitglieder.
Urabstimmung bei Ford in KölnSeit der Nacht entscheiden die Mitarbeitenden über Streiks

Bislang haben die Ford-Mitarbeitenden in Warnstreiks gegen geplanten Stellenabbau bei dem Autobauer in Köln protestiert.
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Die ersten, die ihre Stimme abgegeben haben, waren die Mitarbeitenden der Nacht- und der Frühschicht bei den Kölner Ford-Werken. Seit 4.00 Uhr am Morgen stehen Gewerkschaftsmitglieder mit Wahlurnen vor den Werkstoren. Die Unterlagen dazu haben Mitglieder der IG Metall per Post zuvor erhalten, sodass sie darüber befinden können, ob es auch befristete oder unbefristete Streiks bei dem Autobauer geben soll bei der Auseinandersetzung um einen Sozialtarifvertrag. „Wir gehen davon aus, dass der Arbeitgeber Druck braucht, damit wir zu einem Ergebnis kommen“, sagte Benjamin Gruschka, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Ford-Werke.
In 10 Verhandlungsterminen seit Ende März sei zwar ein grober Rahmen für die Restrukturierung abgesteckt worden. In den wichtigsten Eckpunkten lägen Arbeitnehmervertreter und Arbeitgeber noch weit auseinander, hatte Gruschka Ende April gesagt. Begleitet wurden die Gespräche von Warnstreiks von bis zu zwei Stunden. Dafür erhalten die Mitarbeitenden kein Streikgeld zum Ausgleich von Lohnabzügen durch Ford.
IG Metall verlangt hohe Abfindungen
Die IG Metall fordert einen Insolvenzschutz, nachdem die US-Muttergesellschaft Ford Motor Company die Patronatserklärung aufgekündigt hat, die bislang diesen Schutz gewährt hat. Weiterhin fordert die Gewerkschaft in den Verhandlungen gute Konditionen für die Mitarbeitenden im Falle eines Ausscheidens aus dem Unternehmen gegen Abfindungen sowie Regelungen für einen Betriebsübergang für die Mitarbeitenden, deren Tätigkeiten aus den Ford-Werken ausgegliedert werden.
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Die IG Metall verlangt einen Sockelbetrag von 200.000 Euro. Durch weitere Komponenten kann sich die Summe vervielfachen. Eine Vereinbarung soll nach dem Willen der IG Metall eine Laufzeit bis Ende 2033 haben. Betriebsbedingte Kündigungen sind bislang nach einer Vereinbarung von Arbeitnehmervertretern und Management aus dem Jahre 2023 bis Ende 2032 ausgeschlossen.
Stimmen werden am Donnerstag ausgezählt
In vier Betriebsversammlungen in Niehl und Merkenich informieren Betriebsrat und IG Metall Früh-, Spät- und Nachschicht über die Urabstimmung. Streiks werden möglich, wenn 75 Prozent der IG Metall-Mitglieder sich dafür aussprechen. Gruschka zeigt sich davon überzeugt, dass dieses Quorum erreicht wird. „Die Belegschaft kennt den Ernst der Lage und hält zusammen“, so Gruschka.
Die Abstimmung ist bis Mittwoch angesetzt. Stimmen können aber noch am Donnerstag bis zum Beginn der Auszählung abgegeben werden. Das geschieht mit Blick auf mögliche längere Brieflaufzeiten. Ob es danach zu Streiks kommt, ist noch nicht ausgemacht. Welche Arbeitskampfmaßnahmen ergriffen werden, entscheidet dann die betriebliche Streikleitung. In dieser Wochen kommen Vertreter von Arbeitnehmer und Arbeitgeber auch noch zu einer Gesprächsrunde zusammen.
Mitgliederzuwachs
Die IG Metall hat seit dem Herbst die Zahl der Mitglieder bei den Kölner Ford-Werken um zehn Prozent gesteigert. Das sagte der Vertrauenskörperleiter David Lüdtke am Montag in Köln. Dabei hatte die IG Metall bei hier bereits einen sehr hohen Organisationsgrad, der sich jetzt in Richtung von 100 Prozent Gewerkschaftsmitglieder bei dem Autobauer bewegen dürfte. Für den Zuwachs hätte die Unsicherheit bei den Mitarbeitenden angesichts der seit Sommer des abgelaufenen Jahres kursierenden Sparpläne des Autobauers gesorgt, hieß es. Am 20. November hatte Ford dann mitgeteilt, dass in Köln 2900 Stellen bis Ende 2027 wegfallen sollen.