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Karneval in KölnSo verlief der Elfte Elfte rund um die Zülpicher Straße

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Tausende Jugendliche und junge Erwachsene feierten auf der Zülpicher Straße.

Tausende Jugendliche und junge Erwachsene feierten auf der Zülpicher Straße.

Schon lange vor 11.11 Uhr schloss die Stadt die Eingänge zur Zülpicher Straße. Die Feiernden zogen dann in Massen auf die Uniwiese oder an den Aachener Weiher.

Dass noch mehr junge Leute in das Univiertel drängen würden als in den vergangenen Jahren, war eigentlich jedem klar. Dass es so schnell so voll würde, überraschte dann aber doch viele. „Um 7 Uhr war es noch fast leer“, sagt ein Anwohner, der für einen Kontrollgang im Viertel unterwegs ist. „Um 8 Uhr begann dann der extreme Andrang“. Um 9 Uhr ist auf der Kreuzung Zülpicher Straße/Roonstraße kaum noch ein Durchkommen. „Eine unangenehme Stimmung“, findet ein Ordner in der Heinsbergstraße. „Viel aufgeheizter als im vergangenen Jahr zur gleichen Zeit.“ Der Alkoholpegel ist schon am Morgen auf einem ordentlichen Niveau, immer wieder zünden Besucher Böller und Feuerwerkskörper. Kurze Zeit später reagiert die Stadt und schließt alle Zugänge zur Zülpicher Straße.

Früh genug, wie sich herausstellt. Die Straße ist voll, Platzangst muss hier aber niemand haben. Wenige hundert Meter weiter vor der Unimensa ist die Enttäuschung groß bei allen, die erst einmal keinen Zugang bekommen. Und obwohl das deutlich mehr Menschen als am Elften Elften des vergangenen Jahres sind, ist die Situation entspannter. Mehrmals in der Minute ertönt die automatische Ansage aus den Boxen. „Dieser Eingang ist und bleibt gesperrt.“ 2022 drängten zur gleichen Zeit Hunderte Jugendliche in Richtung enger Einlassstelle auf Höhe des Zülpicher Walls. Die Polizei hatte Mühe, die Menge zu kontrollieren, es fehlte nicht viel zu einer Massenpanik. An gleicher Stelle ist es dieses Mal ruhig, weil das Schleusensystem zwischen Unimensa und Unterführung an der Dasselstraße gut funktioniert.

Der Countdown um 11.11 Uhr geht auf der Zülpicher Straße etwas unter. Ein junger Mann klettert vor dem Lokal „Bei Oma Kleinmann“ an einem Laternenmast hinauf. Auf Höhe des zweiten Stockwerks entblößt er seinen Oberkörper und wirft seine Kleidung in die tobende Menge. Großer Jubel ertönt. Bei vielen stockt der Atem, doch der Kletterer erreicht kurze Zeit später unversehrt den Boden.

Alles zum Thema Henriette Reker

Am Nachmittag besucht Oberbürgermeisterin Henriette Reker das Kwartier Latäng für einen Rundgang. „Die Zülpicher Straße macht mir den Eindruck, entspannter zu sein als im vorigen Jahr“, sagt Reker. Und tatsächlich bleiben größere Vorfälle bis zum Nachmittag aus. Überall ist es unglaublich voll, der Großteil der Menschen feiert aber friedlich. Auf der Uniwiese sehe es genauso aus wie an Weiberfastnacht dieses Jahres. „Das sind mehrere Zehntausend Jugendliche, die auf ihre Art Karneval feiern“, sagt Reker.

Schon am Vormittag hat sich die 33.000 Quadratmeter große Entlastungsfläche gut gefüllt, 28.000 Bodenplatten hat die Stadt dort zum Schutz des Rasens verlegen lassen. 50.000 Menschen sollen hier Platz haben. Die Kapazität werde reichen, um den Ansturm der jungen Jecken zu bewältigen, sagte Einsatzleiter Frank Wißbaum noch bei der Vorstellung des Konzepts. Schnell ist klar: Die Kapazität reicht nicht. Während der Tag für viele Feiernde zu dieser Zeit promillebedingt bereits beendet ist, geht es im Gänsemarsch weiter. Die meisten zieht es über den Alphons-Silbermann-Weg Richtung Hiroshima-Nagasaki-Park und Aachener Weiher. Zehntausende finden im weitläufigen Park Platz zum Feiern – oder für ein Nickerchen. Unter einem Baum tönen Techno-Beats aus einer Box, dort hat ein Super Mario eine kleine DJ-Station aufgebaut.

„Die Menschen feiern auf einem Berg von Müll“, beobachtet Bezirksbürgermeister Andreas Hupke auf der Zülpicher Straße und hat damit nicht Unrecht. Auf der Straße ist gibt es kaum noch Flächen, die nicht durch zertrampelte Dosen, Essensreste, Erbrochenem oder Überresten von Kostümen gepflastert sind. Doch auch die dafür Verantwortlichen haben Kritikpunkte. „Die Zülpicher Straße wurde in diesem Jahr leider klein gehalten“, meckert ein Jugendlicher, verkleidet als Rennfahrer. „Letztes Jahr war es besser, da waren hier noch mehr Menschen.“ So unterscheiden sich die Sichtweisen. Mit fortschreitender Stunde verzeichnet die Polizei vermehrt die üblichen Pöbeleien und Schlägereien. Gegen 20 Uhr, als es schon längst dunkel ist, verstummen die Boxen auf der Uniwiese. Bis tief in die Nacht feiern die jungen Menschen auf der Zülpicher weiter.

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