„Ich möchte nicht aus meinen Beruf“Kölner Pflegerin über die katastrophalen Zustände

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Für bessere Arbeitsbedingungen demonstrierten auch in Köln Beschäftigte aus den NRW-Unikliniken.

Köln – Mechthild Gerhardt (52) schießen die Tränen in die Augen. „Ich möchte nicht aus meinen Beruf. Aber es muss sich etwas ändern“, sagt die Krankenschwester aus der Hautambulanz der Uniklinik. Sie ist seit 33 Jahren im Beruf. So wie bei ihr liegen bei vielen Beschäftigten der NRW-Unikliniken die Nerven blank. Seit dem 4. Mai streiken sie. Gestern gingen sie auf die Straße. Hunderte Demonstrierende zogen am Nachmittag von der Kölner Uniklinik zum Heumarkt.

Die Forderung, die durch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi vertreten wird: eine deutliche Entlastung der Beschäftigten in allen Bereichen − in der Pflege, in der Küche, im Service, in den Laboren. Diese Entlastung geht nur über mehr Personal, denn genau daran hapert es.

Mechthild Gerhardt, Pflege.

„Wir weinen bei der Arbeit, wir schnauzen die Patienten an. So fertig sind wir“, erzählt Gerhardt über ihren Arbeitsalltag. „50 Patienten müssen wir in einer Stunde zu viert durchschleusen“, ergänzt eine Kollegin. Anmeldung, Labor, Telefondienst, Wundversorgung, Dokumentation, Assistenz bei kleineren Operationen − all das sei „am besten alles gleichzeitig“ zu leisten.

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Uniklinik Köln: Pflegerin berichtet von Erschöpfung

„Das ist wie bei Aldi an der Kasse zur Weihnachtszeit“, sagt Gerhardt. Permanenter Stress, Erschöpfung und Schlafstörungen seien die Folge. „Wir brauchen bessere Bedingungen auch für unsere Patienten“, sagt auch Intensiv-Krankenschwester Kira Hülsmann. Im Nachtdienst seien nur zwei Fachkräfte für sechs Patienten zuständig. „Als ich mich um einen Notfall bei einem Patienten im künstlichen Koma kümmern musste, war ein Kollege alleine für fünf Patienten zuständig.“ Vorschriftsmäßige Medikamentengabe und ähnliches sei in so einem Fall nicht mehr möglich.

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Mit verbindlichen Personalschlüsseln in unterschiedlichen Bereichen, sollen die Beschäftigten entlastet werden. „Wir fordern beispielsweise eine Eins-zu-Eins-Betreuung im Kreißsaal“, konkretisiert Katharina Wesenick von Verdi. Für alle Bereiche vom Kinderaufwachraum über die Psychiatrie bis hin zu Küche und Service reichen die Forderungen, die die Gewerkschaft an verbindliche Personalschlüssel stellt. Noch sind die vier Verhandlungstermine, die bisher an der Uniklinik Köln stattgefunden haben, ergebnislos geblieben. „Die Arbeitgeber äußern sich nicht, sie hören nur zu“, kritisiert Verdi-Landesbezirksleiterin Gabriele Schmidt.

Tarifstreit mit Verdi

Die Uniklinik widerspricht dem. Verdi habe seine Forderungen noch nicht umfassend dargelegt. Sei dies geschehen, werde man sich äußern. Zudem ist die Gemengelage nicht ganz einfach. Die Landesregierung müsste eine Zusage machen, dass die Kosten für einen Entlastungstarifvertrag für die Unikliniken übernommen werden. Allerdings sind noch nicht einmal die Koalitionsverhandlungen abgeschlossen. Und: Damit die Unikliniken einen „Tarifvertrag Entlastung“ unterzeichnen können, muss das Hochschulgesetz geändert werden. Das ist für den 22. Juni terminiert. Bis zu diesem Datum sind auch Verhandlungstermine angesetzt. „Wir sind bereit, den Streik schnell zu beenden, wenn wir Ergebnisse haben“, sagt Schmidt.

Desiré Hanraths, Patientin.

Solange er läuft, wird er noch massive Auswirkungen auf die Patienten haben. So wie auf die 44-jährige Desiré Hanraths. Drei Stunden bevor ihre zwei Hirntumore entfernt werden sollten, wurde die OP abgeblasen. Ein Schock. Und dennoch sagt sie: „Ich habe großes Verständnis für die Forderungen der Gewerkschaft und halte sie für sehr wichtig.“ Ihr OP-Termin ist nun auf den 13. Juni verschoben. Ob dann noch gestreikt wird, ist unklar.