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AuskunftspflichtParteien in Rhein-Sieg dürfen Meldedaten von Bürgern für den Wahlkampf nutzen

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Eine Person wirft einen Brief in einen Briefkasten der Deutschen Post.

Parteien dürfen von Kommunen Adressdaten von Bürgerinnen und Bürgern für Wahlwerbung beantragen. (Symbolbild)

Wir haben in Kommunen im Rhein-Sieg-Kreis nachgefragt, ob Meldedaten im Vorlauf der Kommunalwahl von Parteien beantragt wurden.

Dass Kommunalverwaltungen Daten von Bürgerinnen und Bürgern gegen einen gewissen Geldbetrag an Parteien herausgeben, ist nicht ungewöhnlich und sogar legal. Für Aufmerksamkeit sorgte das Thema jüngst, als bekannt wurde, dass Erst- und Jungwählerinnen- und -wähler in Dortmund persönliche Wahlwerbungen an ihre Adressen von der AfD erhielten.

Das ist tatsächlich keine Seltenheit. Denn laut Bundesmeldegesetz heißt es in Paragraf 50: „Die Meldebehörde darf Parteien, Wählergruppen und anderen Trägern von Wahlvorschlägen im Zusammenhang mit Wahlen und Abstimmungen auf staatlicher und kommunaler Ebene in den sechs der Wahl oder Abstimmung vorangehenden Monaten Auskunft aus dem Melderegister (...) erteilen.“

Unsere Redaktion hat stichprobenartig in Kommunen des Rhein-Sieg-Kreises gefragt, ob es im Vorfeld der aktuellen Kommunalwahl Anfragen nach Datensätzen gab und von wem.

Auskunft über Meldedaten ist Spezielle Form der Gruppenauskunft

Es sei eine spezielle Form der Gruppenauskunft, erklärt Benedikt Bungarten, Sprecher der Stadt Sankt Augustin. Die Meldebehörde sei rechtlich verpflichtet, diese Auskünfte auf Antrag zu erteilen. Weitergegeben würden Daten wie Vornamen und Nachnamen sowie die Anschrift. Eine Weitergabe der Geburtsdaten sei jedoch ausdrücklich nicht zugelassen.

Genaue Angaben über Anträge machte Bungarten nicht, denn grundsätzlich erfolgte bei allen konkreten Anträgen jeweils eine entsprechende Datenübermittlung. Die konkreten Anträge, beziehungsweise deren Anzahl könne über einen längeren Zeitraum nicht mehr in allen Einzelfällen nachvollzogen werden.

CDU, SPD und FDP beantragen in Hennef regelmäßig Daten

Für Windeck teilte Pressesprecher Marco Holländer mit, dass die SPD Rhein-Sieg und die FDP Windeck für die Kommunalwahl entsprechende Daten angefragt hätten. Dafür wurden pauschal 340,69 berechnet. Bei der vergangenen Bundestagswahl im Februar seien keine Daten angefragt worden.

In der Stadt Hennef sind CDU, SPD und FDP Stammkunden. Die drei Parteien beantragten „in der Regel immer Daten“, war im Rathaus zu erfahren. Vor der jüngsten Europawahl hätten zusätzlich die Grünen das entsprechende Formular beim Bürgermeister eingereicht.

Nach Angaben der Stadtverwaltung werden vor der Kommunalwahl und Europawahl schätzungsweise rund 2400 Datensätze an die Parteien weitergegeben; bei Bundestags- und Landtagswahlen seien es zirka 2100. Der Zuname, die Vornamen mit Kennzeichnung des gebräuchlichen Vornamens, gegebenenfalls der Doktorgrad und die Anschrift gebe man weiter, „diese Daten entsprechen einer einfachen Melderegisterauskunft“. Wie in Troisdorf kassiert die Stadt pro Partei eine Gebühr von 405,42 Euro für das Datenpaket.

Neben der SPD und der CDU hat im Troisdorfer Bürgeramt – dort wird das Melderegister geführt – in diesem Jahr auch die AfD Daten angefragt. Unterlagen darüber, ob das auch bei früheren Wahlen der Fall war, lägen nicht vor, teilte die Stadtverwaltung mit. Auch die Zahl der übermittelten Datensätze könne „im Nachhinein nicht ermittelt werden“. 

Die Datenübermittlung erfolge „ausschließlich auf Grundlage der gesetzlichen Vorschriften des Bundesmeldegesetzes“, so die Stellungnahme aus dem Rathaus. „Widersprüche gegen die Übermittlung von Daten an Parteien oder Wählergruppen im Zusammenhang mit Wahlen sind möglich und werden geprüft.“


Bürgerinnen und Bürger können der Weitergabe ihrer Adressen auch widersprechen. Informationen darüber, wie das geht, gibt es bei den Städten und Gemeinden. Oft ist der Widerspruch über ein Online-Formular möglich.