Ford in KölnStellenabbau weniger hart als erwartet – 2300 Stellen fallen weg

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Am Dienstag gab es bei Ford in Köln mehrere Betriebsversammlungen.

Am Dienstag gab es bei Ford in Köln mehrere Betriebsversammlungen.

In Produktentwicklung und Verwaltung fallen 2300 Stellen in Köln weg, wie Geschäftsführung und Betriebsrat jetzt vereinbart haben. Außerdem gibt es einen Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen bis Ende 2032.

Auf der ersten außerordentlichen Betriebsversammlung von Ford in Köln gab es stehenden Beifall von den Mitarbeitenden für die erzielte Übereinkunft von Geschäftsleitung und Betriebsrat, berichten Teilnehmer. Denn der Jobverlust bei Ford in Köln fällt nicht ganz so hart aus wie befürchtet. Bis Ende 2025 werden nach einer Vereinbarung von Betriebsrat und Geschäftsführung 2300 Stellen von gut 14.000 im Kölner Werk sozialverträglich abgebaut, wie auf einer außerordentlichen Betriebsversammlung des Unternehmens am Dienstagmorgen in der W-Halle des Kölner Werks mitgeteilt wurde. 1700 davon fallen in der Produktentwicklung weg, außerdem 600 von 3400 Stellen in der Verwaltung. Der Abbau erfolgt etwa über Abfindungsprogramme und Vorruhestand.

Ford streicht 3800 Stellen in Europa

Insgesamt werden 900 Stellen weniger gestrichen als vor drei Wochen befürchtet und auf einer ersten außerordentlichen Betriebsversammlung mitgeteilt. Der Betriebsrat hatte auf Basis eines Zahlenwerks für Ford Europa den Abbau von bis zu 3200 Stellen errechnet. Davon hätten 2500 in der Produktentwicklung in Köln und Aachen sowie 700 in der Verwaltung inklusive Ersatzteilzentrum in Köln-Merkenich entfallen können.

Ford-Deutschland-Chef Martin Sander und  Benjamin Gruschka,  Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Ford-Werke

Ford-Deutschland-Chef Martin Sander und Benjamin Gruschka, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Ford-Werke (v.l.)

„Vor drei Wochen sah das noch anders aus“, so Betriebsratschef Benjamin Gruschka. Der Betriebsrat hatte mit stärkster Gegenwehr und Nutzung aller verfügbaren Mittel zum Erhalt von Arbeitsplätzen gedroht, aber auch die Bereitschaft zu Gesprächen signalisiert. Sei Anfang des Monats war verhandelt worden, über 70 Stunden, wie Gruschka sagte – von morgens bis abends, auch an den Wochenenden. Das Ziel: Erhalt des Standortes mit möglichst vielen Mitarbeitenden.

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Wir hätten gerne noch mehr Arbeitsplätze in unserer Produktentwicklung gesichert.
Benjamin Gruschka, Betriebsratschef

Gerade wegen möglichen massiven Kürzungen in der Produktentwicklung war der Standort Köln in den Augen des Betriebsrates gefährdet. Die Entwicklung erfolgreicher Fahrzeuge in den USA für den europäischen Markt konnte er sich nicht vorstellen. Jetzt bleiben gut 1900 Stellen in der Produktentwicklung in Köln-Merkenich und Aachen erhalten, von aktuell noch 3600. Zuletzt haben Mitarbeitende das Unternehmen bereits verlassen. Deshalb wurde die ursprünglich angesetzte Zahl von 3800 Mitarbeitende dort unterschritten. Noch sei nicht klar, wie viele Stellen genau in Aachen entfallen und ob Aachen separater Entwicklungsstandort bleibe oder ins Kölner Werk integriert werde, sagte Martin Sander, verantwortlich für die E-Fahrzeuge von Ford in Europa und Deutschland-Chef.

„Wir hätten gerne noch mehr Arbeitsplätze in unserer Produktentwicklung gesichert, denn sie steht am Anfang der Wertschöpfungskette“, sagte Gruschka. Es habe aber weitergehende Zusagen des Managements gegeben. Die Produktentwicklung soll laut Gruschka zukunftsfähig gehalten werden und weiter in der Lage sein, komplette Fahrzeuge zu entwickeln, und auch Aufgaben im Bereich globaler Hard- und Software übernehmen. Der Schwerpunkt werde dabei auf dem europäischen Absatzmarkt liegen, dessen Besonderheiten den amerikanischen Entwicklern häufig fremd seien. Und die Verwaltungsbereiche sollen mit dem Abbau von etwa 600 Arbeitsplätzen an zukünftige schlankere Strukturen des Konzerns angepasst werden.

Das sagt Deutschland-Chef Martin Sander zum Stellenabbau

„Der Weg zu einer nachhaltig profitablen Zukunft für Ford in Europa erfordert breit angelegte Maßnahmen und Veränderungen in der Art und Weise, wie wir Ford-Fahrzeuge entwickeln, bauen und verkaufen“, sagte Martin Sander, verantwortlich für die E-Fahrzeuge von Ford in Europa und Deutschland-Chef.

In der europäischen Produktentwicklung plant Ford nach eigenen Angaben einen Abbau von insgesamt 2.800 Positionen. Diese Verschlankung sei durch die Umstellung auf vollelektrische Antriebe und eine geringere Fahrzeugkomplexität getrieben. Ford werde sich in Europa aber mit weiterhin rund 3.400 Stellen auf Fahrzeugdesign und -entwicklung sowie auf die Entwicklung von vernetzten Dienstleistungen konzentrieren.

Analog dazu werde der gesamte europäische Verwaltungsbereich verschlankt. Zusätzlich zu einem Abbau von rund 1.000 Stellen sollen darüber hinaus vor allem Kosten in den Bereichen Marketing und Vertrieb eingespart werden.

Der Betriebsrat sei einen „schmerzhaften Weg“ gegangen. „Und die Schmerzen sind nicht unerheblich“, so Gruschka. Teil der am Montag unterschriebenen Vereinbarung, die ab Dienstag gelte, sei aber auch ein Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen für rund zehn Jahre bis Ende 2032. „Das bedeutet Planungssicherheit für Tausende von Beschäftigten mit ihren Familien“, so Gruschka. Auch für den Standort Köln sei das ein wichtiges Signal.

Keine betriebsbedingten Kündigungen bis Ende 2032

Der Stellenabbau soll bis Ende 2025 abgeschlossen sein und die Kostenstruktur des Unternehmens nachhaltig verbessern. Gruschka zeigte sich zuversichtlich, dass der Abbau noch einmal sozialverträglich gelingt, obwohl Ford seit 2019 in Deutschland bereits etwa 6000 Stellen sozialverträglich über Vorruhestand und Abfindungen abgebaut hat, darunter zwei Drittel in Köln. „Das ist aus Betriebsratssicht machbar“, so Gruschka. Man habe sich die Zahlen und die Altersstruktur noch einmal angesehen. Das lässt darauf schließen, dass es verbesserte Angebote von Ford gibt. „Wir schauen jetzt zuversichtlich in die Zukunft“, sagte Gruschka.

„Wir sind zutiefst erleichtert und gratulieren dem Betriebsrat zu dieser gelungenen Vereinbarung“, teilte die IG Metall mit. Alle zukunftsnotwendigen Bereiche blieben erhalten. Insbesondere in der Produktentwicklung sei die eine unverhandelbare Grundbedingung für die Seite der Beschäftigten gewesen.

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