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Kölner MotorenbauerWie Deutz sich neu erfindet und auf Rüstung setzt

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Sebastian C. Schulte (links) will weiter auch auf den Verbrenner setzen und sendet klare Signale in Richtung von Politikern wie NRW Ministerpraesident Hendrik Wüst (rechts).

Sebastian C. Schulte (links) will weiter auch auf den Verbrenner setzen und sendet klare Signale in Richtung von Politikern wie NRW Ministerpraesident Hendrik Wüst (rechts). 

Deutschlands ältester Motorenhersteller sucht neue Märkte: Deutz-Chef Sebastian C. Schulte setzt auf Rüstung statt Landwirtschaft und hält am Verbrenner fest. Die grüne Wasserstoff-Zukunft muss dagegen warten - die Nachfrage ist „enttäuschend“.

Als er gefragt worden sei, ob er zu Deutz wechseln wolle, habe er spontan geantwortet: „Gibt's die eigentlich noch?“ Deutschlands ältester Motorenhersteller befand sich zu diesem Zeitpunkt – gelinde gesagt – nicht gerade im Fokus des langjährigen Thyssenkrupp-Managers Sebastian C. Schulte. Doch seit seinem Start als Deutz-Chef im Februar 2022 arbeitet Schulte daran, einen der traditionsreichsten Industriekonzerne des Landes grundlegend umzubauen.

Um darzulegen, wofür Deutz im Jahr 2025 steht, spricht der Firmenchef zunächst darüber, was das Kölner Unternehmen nicht mehr herstellt: kleine grüne Traktoren. „Das machen wir schon lange nicht mehr“, sagt Schulte, auch wenn viele Menschen nach wie vor im Zusammenhang mit der Marke Deutz vor allem an Trecker und die Landwirtschaft denken würden. Zwar liefere sein Unternehmen nach wie vor Traktor-Motoren, aber es sind andere Produkte, mit denen Schulte die Umsätze der Firma Deutz in die Höhe treiben will.

Deutz' Fokus auf Militärfahrzeuge

Vor allem die boomende deutsche Rüstungsindustrie hat der 46-jährige Deutz-Chef im Blick. Seinen Vortrag im Düsseldorfer Industrie-Club vor der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung (WPV) illustriert er gleich zu Beginn mit dem Bild von einem gepanzerten Fahrzeug. Er fange bewusst mit dem Thema Rüstung an, erzählt Schulte. „Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie wir uns als Deutz neu aufstellen können.“ Systematisch lässt der Deutz-Chef innerhalb des 5000-Mitarbeiter-Konzerns prüfen, ob bislang zivil genutzte Motoren auch für die Rüstung nutzbar gemacht werden können. Es gebe Antriebe von Deutz, die „exzellent in Militärfahrzeuge“ passen. Schulte räumt aber ein, dass es nicht leicht sei, den bisherigen Platzhirschen Konkurrenz zu machen. So hat beispielsweise auch der Branchenriese Daimler Truck zu Jahresbeginn angekündigt, die erhöhte Nachfrage im „Defence-Bereich“ mit einem größeren Angebot bedienen zu wollen. Die VW-Tochter MAN Truck & Bus wiederum kooperiert beim Lkw-Bau für militärische Zwecke mit dem Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall.

Deutsche Lieferketten als Vorteil

„Die Verteidigungsindustrie rückt wieder in die Mitte der Gesellschaft“, sagt der ehemalige Thyssenkrupp-Manager Schulte. Deutz sei aber „kein Waffenhersteller“, der Kern des Geschäfts bleibe das Entwickeln von Antrieben – und der damit verbundene Service. In der Ukraine statte Deutz beispielsweise bestehende Fahrzeuge für das Militär wieder mit neuen Motoren aus. Die Produkte von Deutz seien auf „Widerstandsfähigkeit getrimmt“ und könnten in 2000 Metern Höhe, unter Tage, bei 40 Grad oder Minusgraden funktionieren, so Schulte. „Das sind alles Anforderungen, die im Bereich Rüstung genauso gut sind.“ Auch das Geschäft mit Strom-Generatoren will Deutz-Chef Schulte ausbauen. Motoren von Deutz kämen unter anderem bei der Energieversorgung von Patriot-Flugabwehr-Systemen zum Einsatz.

Verbrennungsmotor bleibt wichtig

Offensiv bringt Schulte das Argument „Made in Germany“ an. Deutz setze auf europäische und deutsche Lieferketten. „Hier wird ein vermeintlicher Standort-Nachteil auf einmal auch zum Standort-Vorteil“, sagt der Manager mit Blick auf die Rüstungsthematik.

Zugleich sei für ihn klar, dass der Verbrennungsmotor in der Strategie von Deutz weiterhin eine wichtige Rolle spiele. „Ohne Verbrenner geht's nicht“, betont Schulte. Daher sei es auch wichtig, „dass wir die Verbrenner-Technologie auch weiter in Deutschland halten“. Denn: „Da sind wir gut. Da haben wir die besten Ingenieure.“ Der Verbrennungsmotor sei „das Herzstück der deutschen Industrie“. Es gehe um bundesweit rund 600.000 Arbeitsplätze, die mit dieser Technologie verbunden seien.

Enttäuschende Nachfrage nach Wasserstoff-Motoren

„Vor fünf Jahren haben wir auch bei Deutz gedacht: Das wird alles ganz schnell batterie-elektrisch, da haben wir sehr viel Geld investiert“, erinnert sich Schulte. Aber: „Gar nichts ist passiert“, fügt er hinzu. „Dann ist es genau ins Gegenteil gegangen.“ Auch ein Teil der Deutz-Ingenieure glaube noch heute: „Da wird sich nie etwas ändern.“ Das sei allerdings „genauso falsch“. Deutz wolle sich daher grundsätzlich technologieoffen positionieren und schnell auf Marktveränderungen reagieren.

Vor fünf Jahren haben wir auch bei Deutz gedacht: Das wird alles ganz schnell batterie-elektrisch, da haben wir sehr viel Geld investiert. Dann ist es genau ins Gegenteil gegangen.
Sebastian C. Schulte, Deutz-Chef

Ernüchtert zeigt sich Schulte mit Blick auf die Verkäufe eines Wasserstoff-Verbrennungsmotors, den Deutz mit der Erwartung entwickelt hat, dass umweltfreundliche Antriebe zunehmend gefragt sein dürften. Die Nachfrage nach dem Wasserstoff-Antrieb sei bisher „enttäuschend“ – mit „niedrig zweistelligen“ Verkaufszahlen im Jahr, berichtet Schulte. Der grüne Wasserstoff sei bisher zu teuer, das wirke sich negativ bei Deutz aus, auch wenn das Produkt sehr gut sei. Mit Blick auf die Entwicklung weiterer Wasserstoff-Motoren sagt Schulte daher: „Wir werden nicht den nächsten entwickeln.“ Deutz werde zunächst beobachten, wie sich die Nachfrage entwickle.

Klare Position gegen die AfD

Klartext spricht der Deutz-Chef auch, wenn es um die NRW-Kommunalwahl am 14. September geht. Schulte, der viele Jahre lang als Leistungssportler im „Deutschland-Achter“ gerudert ist, betont: „Wir leben von der Vielfalt.“ Daher sage er auch: „Für mich ist die AfD keine Alternative.“ Er habe selbst viele Jahre im Ausland gelebt – in Großbritannien und in Brasilien – und sei dort immer sehr offen aufgenommen worden. Auch Deutz könne sich als Unternehmen nur weiterentwickeln, wenn es sich offen zeige, so Schulte. „Ich positioniere mich da sehr klar – und wünsche mir das auch von meinen Mitarbeitern.“