Warum dauert das so lange? Worauf stoßen wir an? Was hat richtig weh getan? Die Wahl im Kreis Euskirchen bot wieder einige Besonderheiten.
Kommunalwahl 2025Im Kreis Euskirchen kam es auch dieses Mal zu einigen Kuriositäten

Bei den Wahlpartys war mancherorts gar nichts los, andernorts – wie hier in Mechernich – war's voll.
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Mehr als 160.000 Menschen im Kreis Euskirchen waren am Sonntag zur Wahlurne gerufen: Landratswahl, Kreistagswahl, Bürgermeisterwahlen, Stadt- und Gemeinderatswahlen. Und das in allen elf Kommunen. Dass es da zu manchen Kuriositäten und Besonderheiten kommt, verwundert nicht. Die Redaktion hat einige zusammengetragen.
Rudelgucken ist nicht wirklich ein Anachronismus
Bei früheren Kommunalwahlen, also wenn nicht gerade Corona ist, trafen sich Wähler- und Parteivolk in den Ratssälen, starrten gebannt auf die Projektion an der Wand und kommentierten die Auszählungsergebnisse wie ein gutes WM-Match. Der Bad Münstereifeler Ratssaal war zwar üppig bestuhlt, die meisten Plätze blieben jedoch frei. Die Mehrheit im Saal bildete die Mehrheit im neuen Rat ab: Überwiegend Mitglieder der CDU waren da, fast alle schauten auf ihre Smartphones. Werden Rudelgucken und Beamerschau zum Anachronismus? Das ist noch nicht ausgemacht.
Gegenbeispiel: das Kreishaus. Weil das Interesse an einer Wahlparty immer geringer geworden war, hatte man die für beendet erklärt – bis jetzt. Wie das häufig so ist: Man vermisst erst etwas, wenn es nicht mehr da ist. Und so waren am Sonntag doch neben Politikern einige interessierte Bürger da. Es wurde gefachsimpelt und sich ausgetauscht.
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Tür zu: In Eicherscheid gab es eine kleine Wahlpause
Wähler in Eicherscheid waren für rund fünf Minuten ausgesperrt. Ein Wähler hatte beim Verlassen des Wahllokals, das im Feuerwehrgerätehaus untergebracht war, die Tür zugezogen, die sich von außen jedoch nicht öffnen lässt. Es dauerte ein paar Minuten, bis die Wahl problemlos fortgesetzt werden konnte.
Die Ursache fürs große Warten lag dieses Mal in Zülpich
Wenn schon nicht die Welt, so schaute doch der gesamte Kreis auf Zülpich. Denn da fehlten spät am Abend die Ergebnisse aus zwei Bezirken. In der Kernstadt hakte es. Immerhin hat kein Wahlvorstand die Urne mit nach Hause genommen, die Sache war banaler. „Das sind die beiden größten Bezirke, die hatten viel zu zählen“, so Stadtsprecher Thorsten Beulen, warum erst um 22.47 Uhr das letzte Ergebnis vorlag.

Sortieren und zählen: Die ehrenamtlichen Wahlvorstände hatten alle Hände voll zu tun – und manchmal dauert's eben etwas länger.
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748 Wähler hatten im Bezirk 0020 abgestimmt. „Wenn dann eine Differenz auftaucht und nachgezählt werden muss, eventuell sogar zweimal, kommt schon Nervosität auf“, so Beulen. Da muss dann eben auch der Landrat etwas länger auf sein Wahlergebnis warten.
Für Kalls scheidenden Bürgermeister war der Wahlabend schmerzhaft
Gemütlicher als im Rathaus ist's in der Kneipe allemal. Also haben die Kaller aus der Not eine Tugend gemacht. Weil der Ratssaal zu Büros umgebaut wurde und im Ausweichraum im Haus der Begegnung ein Wahllokal eingerichtet war, traf man sich eben im Gasthaus Gier, um die Ergebnisse zu sehen und diskutieren.
Der scheidende Bürgermeister Hermann-Josef Esser übernahm den Job, vom Laptop aus die Besucher mit den neuesten Zahlen zu versorgen. Unter Schmerzen! Er hielt sich ein Stück Alufolie und ein kühles Handtuch ans linke Knie. Der Grund: Esser hatte kürzlich bei einem Fahrradunfall einige Blessuren davongetragen.
18-Jähriger holt in Schleiden ein Direktmandat und sitzt im Stadtrat
Jordan Blum (CDU) zieht mit 18 Jahren über das Direktmandat in Bronsfeld-Oberhausen in den Schleidener Stadtrat ein. Am Sturmius-Gymnasium will er 2026 Abitur machen, seit einem halben Jahr ist er Parteimitglied.

Mit 18 Jahren einer der ganz Jungen in den Kommunalparlamenten: Jordan Blum feiert sein Direktmandat in Schleiden.
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Am Wahlabend war er echt stolz: „Ich bin überwältig, muss aber auch sagen, dass ich viel dafür getan habe. Ich habe Klinken geputzt und mir die Sorgen der Menschen angehört.“ Und mit Patrick Schöneborn (SPD) hatte er wahrlich einen starken Gegner. „Mein Motto ,Jetzt erst recht' hat mich beflügelt, als Zugezogener dafür zu kämpfen“, sagt Blum.
In Weilerswist ist das mit dem Wählen zuweilen echt kompliziert
Gar nicht so einfach war das mit Hans-Peter Nußbaum (parteilos) und der Wahl. Erstens: Bürgermeister. Der 70-Jährige kündigte etwa drei Wochen vor der Kommunalwahl an, aus gesundheitlichen Gründen eine Wahl zum Bürgermeister in Weilerswist ausschlagen zu müssen. Trotzdem erhielt er 303 Stimmen. „Ich gehe davon aus, dass meine Stimmen überwiegend aus der Briefwahl kommen“, so Nußbaum.
Bei der Ratswahl indes hätte er sich über jedes Kreuzchen gefreut. Doch davon gab's zu wenige, Nußbaum ist raus aus dem Rat. Er tippt auf eine Verwirrung der Wähler: „Meinen Wahlbezirk habe ich immer gewonnen.“ Viele Leute haben wohl nicht verstanden, ob man ihn noch wählen könnte.
Das Ende seines politischen Wirkens habe auch etwas Erlösendes: „Ich bin seit 1986 in der Kommunalpolitik – irgendwann muss auch mal Schluss sein.“ Die Angriffslust besteht allerdings fort: „Ich bin auch etwas erleichtert, dass ich nicht mehr dabei sein werde, denn ich habe gesehen, welche Personen in den erweiterten Rat kommen.“
Der Stadtrat in Euskirchen ist weiterhin eine Männerdominanz
Die fünfköpfige AfD-Fraktion in Euskirchen ist gegenwärtig eine reine Männerriege. Künftig hat sie elf Sitze. Sprecher Josef Burkart kündigte an, dass die Fraktion „fraulicher und jünger“ werde. In der Tat: Vier Stadtverordnete werden weiblich sein. CDU (22 Sitze) und SPD (elf) haben künftig ebenfalls vier Frauen in ihren Reihen, bei den Grünen sind es drei von sechs.

Von der gleichen Zahl Frauen und Männer ist der Stadtrat in Euskirchen weit entfernt. Stattdessen ist er weiterhin eine Männerdomäne.
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In der Linksfraktion (zwei von drei) wird das weibliche Geschlecht sogar überwiegen. Die FDP, zuletzt eine Männertruppe wie die AfD, wird einen ihrer vier Sitze mit einer Frau besetzen. Unter dem Strich bedeutet dies: 18 der 59 Ratsmitglieder (Bürgermeister Sacha Reichelt inklusive) sind weiblich. Von einem ausgewogenen Verhältnis kann noch lange keine Rede sein.
Die AfD ist das Dauerthema nach den Wahlen im Kreis Euskirchen
Das Abschneiden der AfD ist wohl das meist diskutierte Thema dieser Wahl. Außer in Blankenheim, Dahlem, Hellenthal und Zülpich: Dort ist sie gar nicht angetreten. In den anderen Kommunen ist die AfD gemäß dem bundesweiten Trend nach oben geschossen, bis auf 18,1 Prozent in Euskirchen.
Einstellig mit 9,1 Prozent blieb sie nur in der Gemeinde Nettersheim. Interessanterweise hat die AfD in Marmagen, wo in der einstigen Eifelhöhen-Klinik bis zum Frühjahr hunderte Geflüchtete lebten, nur sehr wenige Stimmen erhalten. Gemeindeweit kam sie auf 9,1 Prozent, im Bezirk Marmagen 1 jedoch lediglich auf 6,3 Prozent und in Marmagen 2 auf 5,9. In Marmagen 3 trat sie nicht an.
Prost! In Zülpich ist das erste Wahlversprechen eingelöst
Wahlversprechen sind bekanntlich nicht immer nicht so leicht einzuhalten. Auch wenn sie auf den ersten Blick wenig herausfordernd scheinen. Eine Erfahrung, die Zülpichs alter und neuer Bürgermeister Ulf Hürtgen machte. Er hatte seiner Herausforderin Isabella Meurer versprochen, mit einem Kölsch auf die Wahl anzustoßen.

Stießen auf den fairen Wahlkampf an: der alte und neue Bürgermeister Ulf Hürtgen und seine Herausforderin Isabella Meurer.
Copyright: Ulla Jürgensonn
Nun gab es im Rathaus zwar allerhand Getränke, aber kein Bier. Gut, wenn man sich auf seine Parteifreunde verlassen kann. Im CDU-Fraktionsbüro wurde Hürtgen fündig, die dort feiernden Christdemokraten halfen ihm aus der Patsche. Dass die Kölschflaschen rote Etiketten hatten, war Zufall – aber ein netter.
Wie viele Leute sind wann eine Gruppe oder Fraktion?
In der Soziologie spricht man von einer Gruppe, wenn sie mindestens drei Personen beinhaltet. In der Politik spricht man bei drei Menschen von einer Fraktion – zumindest dann, wenn das Gremium mehr als 50 Mitglieder zählt. Das ist in der Stadt Euskirchen und beim Kreistag der Fall. In beiden Fällen ist die UWV daher eine Gruppe – bestehend aus zwei gewählten, politischen Vertretern. Auf Kreisebene hat die Linke ebenfalls zwei Sitze.
Für eine Fraktion reicht das laut Kreisverwaltung aber nicht, also ist die Linke eine Gruppe. „Was das finanziell für die Gruppen im politischen Alltag bedeutet, auch mit Blick auf mögliche Räume im Kreishaus, müssen wir noch genau berechnen“, sagt Fabian Köster-Schmücker, Persönlicher Referent des Landrats.
Ganz anders ist's wieder in den kleineren Stadt- und Gemeinderäten: Da sind zwei gewählte Vertreter nicht nur eine Gruppe, sondern eine Fraktion.
Eines fernen Tages
„Das sind nicht alles meine!“, betonte der frisch gewählte Mechernicher Bürgermeister Michael Fingel (CDU), als sich neben den beiden eigenen Sprösslingen Maleen (4) und Maximilian (10) plötzlich noch vier weitere Kinder aufs Gruppenbild mit der Familie drängten. Sollte der 40-Jährige aber ähnlich lange im Amt bleiben wie sein Vorgänger Dr. Hans-Peter Schick (Bürgermeister seit 1999) könnten das aber bereits die Wähler von morgen sein...